Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
schon damals, dass nichts fantastischer war als die Wahrheit selbst. Diese Erlebnisse deckten sich mit den Aussagen der SS-Leute und meinen eigenen Erfahrungen zur Kriegszeit in Norwegen. Es mussten tatsächlich fremde Wesen sein, die hier in diesem Berg mit seinen vielen Mythen möglicherweise einen Stützpunkt hatten. Ich bin seit dem Krieg nie wieder mit ihnen in Berührung gekommen, aber ich hatte immer so ein Gefühl, als wenn ich in gewisser Weise von ihnen beobachtet würde. Vielleicht wollten sie sogar, dass ich über sie schreibe, um bei möglichst zahlreichen Lesern einen Bewusstseinswandel zu bewirken. Das sind alles nur Vermutungen, aber sie beschäftigen mich schon seit Langem. Möglicherweise werde ich eines Tages diese Dinge als Roman veröffentlichen. Jetzt aber will ich meine Erlebnisse zumindest als kurzes, unvollendetes Manuskript in dieser Höhle als Flaschenpost für die Zukunft deponieren.“
Wolf ließ die zweite Rolle sinken. „Jetzt bin ich sicher, dass der Verfasser der Rollen dieser Schriftsteller war. Soviel ich weiß, hat er ja letztendlich doch noch seinen Roman über den Untersberg herausgebracht. Darin wird auch der Weg zum Eingang einer geheimnisvollen Station im Berg sehr genau beschrieben. Der müsste sich demnach in der Nähe der Illuminatenhöhle befinden. Soweit ich mich erinnere, ist dieses Buch von ihm im Jahr 1983 erschienen. Fast zwanzig Jahre später hat dann Udo diesen Roman unter einem ganz anderen Titel herausgebracht. Und weißt du was? Er hat bei dieser Neuauflage die Wegbeschreibung zum Eingang etwas verändert. Ansonsten ist das Buch identisch mit der Erstauflage.
Es bleibt also ein Rätsel, weshalb Udo den Weg abgeändert hat. Möglicherweise wusste er selbst auch schon etwas über diesen Eingang und wollte nicht, dass aufgrund des neuen Buches unzählige Leute dorthin pilgern würden.“
„Falls wir ihn wieder einmal treffen, kannst du ihn ja fragen“, meinte Linda.
Sie machte sich nun an die Vorbereitung für den nächsten Schultag.
Wolf hatte für heute ebenfalls genug erlebt und machte sich auf den Heimweg.
Zu Hause angekommen nahm er das besagte Buch des Schriftstellers aus seinem Schrank. Er sah sich den Umschlag des alten Taschenbuchs genau an. Dann griff er zum Telefon und rief Linda an: „Du, ich glaube der Schriftsteller hat mehr gewusst, als er in seinem Buch beschrieben hat. Da ist nämlich ein blauvioletter Stein, der in der Luft schwebt, auf dem Cover zu sehen. Erinnert dich das an etwas? Du weißt doch noch, was der alte Mann, von dem wir den Amethystkristall bekommen haben, gesagt hat. Der Mann hat doch erzählt, dass es in der Höhle, in der er den Stein am Untersberg gefunden hatte, so aussah, als würde der violette Kristall in der Luft schweben. Vielleicht ist das alles nur ein Zufall? Und vielleicht ist es auch nur ein Zufall, dass auf der Insel San Borondon von den deutschen U-Booten neun blaue Kristalle gefunden und mitgebracht worden sind? Dann wäre da noch das Deckenfresko in der Wallfahrtskirche vom Ettenberg, dort, wo der Lichtstrahl auf einen blauen Edelstein gelenkt wird. Ich weiß nicht, ob jetzt langsam die Fantasie mit mir durchgeht, aber es kommen eben immer wieder diese blauen oder violetten Kristalle vor.“
Linda sagte: „Seltsam ist das schon, aber es bringt uns trotzdem nicht viel weiter.“
„Wer weiß? Ich bin schon neugierig, was auf den anderen Rollen geschrieben steht“, sagte Wolf. „Ich glaube, das wird eine abendfüllende Angelegenheit werden.“
Kapitel 25
Gasthof Hochlenzer
Die zwei Monate waren vorüber, und der Obersturmbannführer meldete sich wieder auf Wolfs Mobiltelefon. „Der General hat als Termin den Samstag in dieser Woche ausgewählt, zehn Uhr vormittags, beim Marmorbrunnen. Können Sie mir diesen Termin rückbestätigen?“
„Natürlich“, antwortete Wolf, der ja wusste, dass Linda an einem Samstag ohnehin freihatte. „Wir werden da sein.“
„Wir brauchen diesmal gar nichts mitzunehmen, außer vielleicht einer Taschenlampe“, sagte er später zu Linda.
„Ich bin schon neugierig, was ich dabei zu tun habe“, antwortete sie.
Als Wolf mit dem Wagen direkt zum Brunnen vor dem alten Gasthof fuhr, warteten die beiden SS-Leute bereits dort. Es war wieder einmal ein strahlend schöner Tag, und Wolf glaubte schon, dass die Fahrt auch diesmal direkt auf den Obersalzberg gehen würde. Stattdessen dirigierte ihn der General zu einer wenig bekannten kleinen Bergstraße hinter
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