Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
ein schmaler Eingang in eine Höhle.
„Jetzt bin ich aber gespannt, ob wir da drinnen etwas finden werden“, sagte Wolf und half Linda beim Hinuntersteigen.
Es war ein kleiner, halb eingestürzter Zugang, der aber bereits nach einigen Metern in eine geräumige Höhle mündete. Der Boden war feucht, und Exkremente von kleinen Tieren, die augenscheinlich hier Unterschlupf gefunden hatten, waren zu sehen. In einer Ecke der Höhle schien vor langer Zeit ein hölzernes Podest gewesen zu sein, was Reste von altem, verfaultem Holz bezeugten. Sie sahen sich, so gut es mit den kleinen Taschenlampen ging, in der Höhle um, und Linda entdeckte schlieβlich eine alte Flasche in einer Ecke. „Das ist eine Weinflasche, da sind sogar noch Reste eines Etiketts zu sehen.“
Wolf nahm die Flasche in die Hand und sagte: „Aber sehr alt ist die noch nicht, das war ein Jahrgang 1970!“
„Vielleicht hat hier jemand eine Party gefeiert?“, gab Linda zur Antwort und suchte weiter.
Währenddessen untersuchte Wolf im Schein der kleinen LED-Lampe die vergilbte Weinflasche. Sie war verschlossen, und der Korken war mit Siegellack überzogen. Als er durch die Flasche hindurchleuchtete, konnte er im Inneren ein eingerolltes Papier erkennen.
„Schau“, meinte er zu Linda, „das sieht aus, als wäre es eine Art Flaschenpost. Da hat sich jemand große Mühe gegeben, dieses Stück Papier wasserdicht in der Höhle zu deponieren.“
Linda nahm aus ihrem Rucksack wortlos ein kleines Taschenmesser mit einem Korkenzieher heraus und gab es Wolf in die Hand.
„Na, dann sehen wir uns einmal an, was da so Wichtiges in der Flasche ist“, sagte Wolf, während er den Korken langsam herausdrehte. Aber auch nachdem die Weinflasche geöffnet war, ließ sich das eingerollte Papier nicht herausschütteln. Kurzerhand zerschlug Wolf die Flasche auf einem Felsen in der Höhle. Rasch ergriff er die Rolle zwischen den am Boden liegenden Scherben. Linda hielt nun die Lampe, während Wolf den Knoten öffnete, mit dem die Rolle zusammengebunden war. „Ich komme mir vor, als wenn ich eine Schatzkarte in einer Seeräuberhöhle aufrollen würde“, lachte Wolf, wurde aber gleich wieder ernst und sagte: „Das ist tatsächlich ein Lageplan einer anderen Höhle. Wer immer dieses Papier hier versteckt hat, wollte damit einen Hinweis auf etwas für ihn Wichtiges geben. Als Unterschrift steht nur A. A., was immer das auch heißen mag.“
„Vielleicht handelt es sich bei dieser anderen Höhle um die zweite, die wir auf dem Plan im Gemeindearchiv gesehen haben?“, überlegte Linda.
Wolf studierte das Papier genauer. Da war ein Baum mit einem SS-Zeichen markiert. Und zehn Schritte bergwärts war dann der Eingang verzeichnet. „Na, dann sehen wir uns draußen ein wenig um.“ Die beiden gingen zurück und stiegen wieder nach oben. Den Baum mit dem eingravierten SS-Symbol hatte Wolf ja schon zuvor ganz in der Nähe gesehen. Jetzt brauchten sie nur noch die zehn Schritte zum Berg hin zu machen. Hier war aber nur dichtes Gestrüpp, und sie mussten vorsichtig sein, um sich nicht Hände und Gesicht zu zerkratzen. Tatsächlich fanden sie auch hier einen fast verschütteten Eingang in einen recht alt aussehenden Stollen. Das war eigentlich keine Höhle, sondern ein gegrabener Gang, der in den Berg hineinführte. „Unsere Kleidung wird fürchterlich aussehen, wenn wir da hineinkriechen“, meinte Linda.
„Wenn wir schon einmal da sind, dann gehen wir auch hinein“, erwiderte Wolf, dem die Neugier bereits ins Gesicht geschrieben stand. „Und außerdem haben wir ja eine Waschmaschine.“
Der Gang war etwa zwei Meter hoch und nicht sehr breit. Wie bei einem Bergwerksstollen konnten sie alle paar Schritte Abstützungen aus Holzpfählen an der Decke und an den Wänden sehen. Sie gingen keine zwanzig Meter, dann hörte der Stollen abrupt auf. Linda wollte sich gerade wieder umdrehen, da erblickte sie, so wie in der ersten Höhle, eine Flasche am Boden. Diesmal war es eine große Flasche ohne jedes Etikett. Auch diese Flasche war verkorkt und ebenfalls zusätzlich mit Siegellack verschlossen.
Linda wollte gerade wieder das Taschenmesser mit dem Korkenziehen aus ihrem Rucksack nehmen, als Wolf abwinkte: „Nein, lass nur, ich mach das auf die schnelle Tour.“ Er hob einen Stein vom Boden auf und zerschlug damit die Flasche. Auch hier war wieder etwas drin. Viele zusammengebundene Papierrollen lagen jetzt zwischen den Glasscherben. Wolf nahm alle vorsichtig an sich und
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