Steirerkind
Rücklichter in Ihrem Spiegel«, ließ Sandra nicht locker.
Tobias Autischer schwieg eine Weile. Im Verhörzimmer hätte man eine Stecknadel fallen hören können, bis der junge Mann endlich antwortete.
»Haben Sie was zum Zeichnen?«, fragte er schließlich und öffnete die Augen.
Sandra reichte ihm ihren Kugelschreiber und ein leeres Blatt aus der Akte.
»Besonders gut zeichnen kann ich nicht«, meinte der Skirennläufer und begann aufs Papier zu kritzeln. »Aber ich probier’s mal …«
Den Strichen nach zu urteilen handelte es sich eher nicht um die Rücklichter eines Range Rover Evoque. Jedenfalls hatte Sandra diese anders in Erinnerung, als die geschwungene Linie, die Tobias Autischer skizziert hatte.
»Darf ich mal?«, fragte sie und nahm Tobias Autischer den Stift ab, um ihrerseits die Rücklichter eines Evoque aus dem Gedächtnis aufzuzeichnen. Dann schob sie dem Rennläufer das Papier wieder hinüber.
»Könnten die Lichter auch so ausgesehen haben?«
Autischer prüfte ihre Skizze.
»Hm … Die Form war doch eher so wie auf meiner Zeichnung. Ihre Rücklichter sind hier unterbrochen. Das waren sie sicher nicht«, befand er.
»Ausgezeichnet. Vielen Dank!« Sandra war keine KFZ-Expertin. Solche befanden sich jedoch unter den Kriminaltechnikern des LKA, an die sie Autischers Skizze gleich weitergeben würde. Damit sollten sie demnächst zumindest wissen, welche Automarken und Modelle in Frage kamen, war Sandra zuversichtlich.
Kapitel 8
Dienstag, 12. Februar 2013
»Tobias Autischer wird aus der U-Haft entlassen?« Sandra starrte Bergmann an. Eben war er von der Haftprüfungsverhandlung, die kurzfristig vorgezogen worden war, ins Büro zurückgekehrt. Offenbar hatte Streiters Klagsandrohung gegen die Republik Österreich doch noch Wirkung gezeigt.
»Die Pressemeldung geht in diesen Augenblicken raus«, bestätigte Bergmann.
»Echt? Der Toby kommt frei?«, quiekte Miriam vergnügt. »Hab ich’s doch gewusst, dass er unschuldig ist!«
»Woher willst du das denn wissen? Sind uns etwa irgendwelche Beweise entgangen?« Sandra rief der jungen Kollegin die belastenden Indizien ins Gedächtnis.
»Tobias Autischer ist keineswegs aus dem Schneider«, mahnte auch Bergmann. »Streiter hat ihn lediglich aus der U-Haft freigeboxt. Und Stickler ist fürs Erste aus dem Schussfeld. Wir müssen jetzt umso mehr Gas geben, wenn wir diesen Fall aufklären wollen.« Dass Tobias Autischer in der fraglichen Nacht von den Überwachungskameras des Hotels nicht aufgezeichnet worden war, habe für ihn gesprochen, erläuterte der Chefinspektor. Ebenso, dass der Reserveschlüssel zu seiner Wohnung im Prinzip frei zugänglich aufbewahrt worden war. Auch wenn das laut Auskunft der Zeugen beim Fischerwirt angeblich kein Außenstehender hatte wissen können. Bergmann ließ sich auf seinen Sessel plumpsen und griff nach einem Bleistift und dem Spitzer.
Glaubte Sandra ihrem Gefühl, so teilte sie Miriams Ansicht, dass der Skirennläufer unschuldig war. Wären da nur nicht die Beweismittel gewesen, die ihn so schwer belasteten. Und die offene Frage, wer ihm diese wann und warum unbemerkt untergeschoben haben könnte.
»Der Toby wird jetzt doch die WM-Rennen fahren können.« Miriam hatte ihr Lächeln wiedergefunden. Wenn auch nur vorübergehend.
»Der Toby?«, äffte Bergmann sie mit verstellt hoher Stimme nach.
Miriam zuckte beleidigt mit den Schultern.
»Alle Welt nennt ihn doch Toby«, rechtfertigte sie sich für die flapsige Benennung des Mordverdächtigen. »Die Superkombi ist für ihn zwar gelaufen, aber am Riesentorlauf und am Slalom kann er noch teilnehmen«, spekulierte sie munter weiter.
»Du solltest dich vorsehen«, warnte Bergmann, »man könnte dir sonst Befangenheit vorwerfen.« Sein Grinsen bestätigte Sandra, dass er die Warnung nicht ganz ernst meinte.
Miriam stieg hingegen auf seine Frotzelei ein.
»Aber ich kenne ihn doch gar nicht persönlich«, protestierte sie entsetzt.
»Lass dich doch nicht von Sascha auf die Schaufel nehmen«, meinte Sandra. Normalerweise ging die junge Kollegin dem Chefinspektor nicht so rasch auf den Leim. Erleichtert schnitt sie eine Grimasse in Richtung Bergmann.
Sandras Blick wanderte zu ihrem Monitor. Der Posteingang zeigte eine neue E-Mail vom Zentrallabor an. Neugierig öffnete sie die Nachricht und speicherte das beigefügte pdf-Dokument herunter, ehe sie zu lesen begann.
»Das glaube ich jetzt nicht«, verkündete sie nach einer Weile. Schlagartig richtete
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