Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
mörderischen Treiben ein Ende bereiten sollte. Als erstes wurde mir von Colonel Ellman mitgeteilt, ich solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ich ereiferte mich und bekam den direkten Befehl, L'merdings mordende Ungeheuer nicht weiter zu beachten. Colonel Ellman informierte mich darüber, daß diese und andere Abteilungen der Einheit für Spezialaufgaben nach allerhöchsten Anweisungen vorgingen - Befehle, die vielleicht nicht gerne gehört wurden, die aber dennoch ausgeführt werden mußten, wollte man die gestellte Aufgabe lösen. Ich weigerte mich, dies zu akzeptieren und wandte mich, hinter Colonel Ellmans Rücken, zuerst an meinen Brigadekommandanten und dann, als nichts geschah, an den Divisionskommandeur.
Ich wurde der Befehlsverweigerung angeklagt, und man beschuldigte mich, dem Planeten Jochi Schande zu machen.
Als ich nicht nachgab, wurde ich rechtswidrig hundert Plätze auf der Aufstiegsliste nach unten gedrückt, ohne Anhörung und ohne Verfahren. In meiner Verzweiflung wende ich mich jetzt an Sie, Direktor-Führer.
Gibt es keine Ehre mehr im Altai-Cluster? Hat unsere ehrwürdige Rasse jegliches Gefühl für Würde verloren? Ist unsere Armee, eine Armee, der ich mein ganzes Leben lang gedient habe, nichts mehr als eine Bande von hinterhältigen Straßenmördern?
Der Brief wurde niemals beantwortet. Sechs Wochen später wurde Sappeurmajor Shase Mari in einem abgelegenen Gebiet erschossen. Im Tagesbericht seiner Einheit stand, daß sich unbeabsichtigt ein Schuß gelöst haben mußte und daß es nicht gelungen sei, den Schuldigen zu finden.
Posthum wurde Sappeurmajor Marl einen Rang befördert, mit einem Ehrenband und einem Stern ausgezeichnet und mit allen Ehren im Boden der Umstrittenen Welt Ochio IX
begraben.
Die Hauptstraße, die zum Raumhafen von Rurik führte, war ein wahrer Ozean des Elends. Tausende und Abertausende Gestalten wurden im strömenden Regen von jochianischen Truppen unter Stößen und Schlägen vorangetrieben.
In diesem Zwangsmarsch gab es keine Unterscheidung nach Rassen. Man hatte Suzdal, Bogazi und Menschen wahllos zusammengetrieben.
Die Masse der Flüchtlinge war so dicht gedrängt, daß die Körper der Entkräfteten von der Menge mitgeschleift wurden.
Menschen schrien klagend nach Familienmitgliedern oder flehten einfach nur um Mitleid.
Am Raumhafen standen mehrere Kontingente
ausgemusterter Frachter bereit, die auf Iskras Befehl wieder zum Einsatz kamen. Weitere Soldaten säumten die Gangways dieser Frachter und stopften die armseligen Wesen in die Frachträume, bis diese regelrecht überquollen.
Auf ein bestimmtes Signal hin wurden die Frachtluken donnernd geschlossen, und die Frachter hoben mit ohrenbetäubendem Lärm ab. Kaum hatten sie die Atmosphäre verlassen, nahmen schon die nächsten Schiffe ihren Platz ein.
Professor Iskra beobachtete das Geschehen mit gespanntem Interesse. Er schaltete zwischen verschiedenen Einstellungen auf seinen Bildschirmen hin und her: lange Einstellungen von den vollgestopften Straßen; Nahaufnahmen verzweifelter Gesichter; wieder eine Totale, die die dramatischen Vorgänge am Raumhafen wiedergab. Während einer der Frachter abhob, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und gönnte sich einen langen, genußvollen Schluck Kräutertee.
Iskra sah hinüber zu Venloe, und sein Mund verzog sich zu einem bei ihm selten zu beobachtenden verachtungsvollen Strich. Venloe nahm an, daß es sich hierbei um ein Lächeln handelte.
»Ich hoffe, Sie sind sich darüber im klaren, daß wir hier Zeuge bedeutender geschichtlicher Vorgänge werden«, sagte Iskra. »Wer hätte sich jemals einen solchen Exodus vorstellen können? Eine derart zügige Säuberung unseres Planeten?«
Venloe grunzte nur kurz.
»Kommen Sie schon«, drängte Iskra. »Ein kleines Lob für mein geschicktes Vorgehen in dieser Krise habe ich mir doch sicher verdient, oder?«
»So würde ich Ihren Job nicht beschreiben«, sagte Venloe.
»Außerdem ist Ihre Fangemeinde auch so schon groß genug.«
Iskra empfand allzu großes Vergnügen an allem, was da vor sich ging, um ärgerlich zu werden. »Schon in Ordnung. Von Ignoranten erwarte ich gar keine Komplimente.«
Venloe deutete mit dem Daumen auf den Bildschirm.
»Halten Sie das für das Werk eines Genies?«
»Wie würden Sie es denn nennen, mein unwissender Freund?«
»Verrückt«, knurrte Venloe. »Oder einfach nur völlig dumm.«
»O weh. Dieses kalte Herz blutet für die Humanität.«
»Verwechseln Sie
Weitere Kostenlose Bücher