Sten 8 Tod eines Unsterblichen
Sonnenlicht, an Deck des Trimaran, auf dem alles begonnen hatte. Kea hatte den ganzen Morgen damit verbracht, sich auf diesen Moment vorzubereiten, sich die richtigen Worte zurechtzulegen. Dann war es soweit. Er hoffte inständig, daß er sich auf diese Herzensangelegenheit so vorbereitet hatte, als wäre es die wichtigste Prüfung, die er jemals ablegen würde. Und als genau das stellte sie sich heraus.
Tamara hörte seinem Gestammel, das recht bald flüssiger wurde, schweigend zu. Dann war er fertig.
Kea wartete auf eine Antwort. Er erhielt sie in Form eines Kicherns, das schnell zu lautem Gelächter wurde. "Kea", sagte sie, nachdem sie sich vor Lachen ausgeschüttet hatte. "Sage mir bitte, ob ich völlig danebenliege. Du findest, wir sollten ...
Zusammensein? Wenn dieser Sommer vorüber ist?
Sogar dort, auf der Erde?" Kea spürte, wie sein Innerstes Purzelbäume schlug, als hätte er gerade einen A-Grav-Schacht betreten, in dem die McLean-Generatoren ausgefallen waren. Er nickte.
"Zusammenleben? Oder... oder meinst du mit einem Vertrag? Kea, mein Schatz, du hörst dich an wie ein Oldie, der etwas von heiraten faselt! Ach, mein Lieber, das ist wirklich köstlich. Du? Mich?
Oje, oje!" Sie wollte sich schon wieder ausschütten vor Lachen. Kea stand auf, ging wie betäubt über das Deck und stieg in den Fahrstuhl, der ihn hinauf zum Rand der Klippe brachte.
Kurz darauf fand er sich im großen Haus wieder.
Es war dunkel. Kea hatte weder gegessen noch sein Zimmer aufgesucht. Er hatte versucht, für alle diese Bargetas unsichtbar zu sein. Ein Dienerpaar fragte, ob er etwas brauche. Kea schüttelte den Kopf. Er sah, wie die Augen der Frau sanft wurden. Sie wollte etwas sagen, legte jedoch nur die Hand auf seinen Arm. Dann machte sie ein erschrockenes Gesicht und lief eilig davon.
Er wußte nicht, was er jetzt tun sollte. Wie konnte er Tamara für den Rest des Sommers aus dem Weg gehen, eines Sommers, der sich direkt vom Paradies in ein Fegefeuer verwandelt hatte ? Er konnte nicht einfach abreisen. Austin war sein Freund. Alles, wonach ihn verlangte, war ein Versteck, wo er sich verkriechen konnte, um die tiefe Wunde zu lecken, die Tamara ihm gerissen hatte.
Er hörte ein Lachen. Austin. "Ach du Schreck", sagte er mit seiner markanten Stimme. "Hat er das ernst gemeint?"
"Wenn nicht, dann ist er der größte Spaßvogel auf dem ganzen Mars." Tamara.
"Ich vermute, es kam nicht ganz unerwartet", sagte jemand mit nachdenklicher Stimme. Bargeta Senior.
"Tut mir leid, Vater", sagte Tamara. "Aber ich dachte -"
"Du mußt dich dafür nicht entschuldigen", unterbrach sie ihr Vater. "Es geht mich nichts an, ob dir dieser einfache Bursche gefallen hat oder nicht.
Oder wie du dich kratzt, wenn es dich juckt.
Es wäre wohl höchst heuchlerisch, wenn ich von meiner Tochter verlangte, in Abgeschiedenheit von der Welt zu leben, wo doch jeder weiß, daß die Familie seit jeher eine gewisse Vorliebe für die ...
rauhere Seite des Lebens gehabt hat, was?"
Jetzt lachten alle drei. Gelöstes Familiengelächter nach der nebensächlichen Erwähnung eines kleinen offenen Geheimnisses.
"Dann ist es also mein Fehler." Austin.
"Eigentlich nicht", erläuterte sein Vater. "Du bist lediglich an eine Lektion erinnert worden, die deinem Bewußtsein vielleicht schon entfallen war, als du den jungen Mann für seine Unterstützung damit belohnt hast, daß du ihm Zugang zu deinem Leben gewährt hast. Aber es ist keine neue Lektion.
Erinnere dich daran, wie schlimm es für dich war, als du erfahren hast, daß deine Kindermädchen keine Bargetas waren und auf eine ganz bestimmte Art behandelt werden mußten. Denk an die Kinder, die wir unseren Dienern erlaubten, damit ihr Spielkameraden hattet, und wie du geweint hast, als die Zeit gekommen war, sie wegzuschicken. Mach dir keine Vorwürfe, Austin. Wir müssen diese Lektion immer wieder von neuem lernen."
"Und was tun wir jetzt?" Tamara. "Ich meine, ich kann mir gut vorstellen, wie öde es wird, wenn wir Kea bis zum Ende des Sommers wie einen
mondsüchtigen Bauernburschen hier
herumschmollen lassen."
"Keine Sorge", sagte Bargeta Senior. "Vielleicht verschwindet er einfach. Oder er springt in eine Schlucht. Oder er segelt in den Sonnenuntergang davon. Mondsüchtige Einfaltspinsel tun oft derlei Dinge."
Das Klingen von Gläsern. Jemand goß ein Getränk ein. Dann Austins Stimme: "Eigentlich ist diese ganze Geschichte, wenn man nicht näher darüber nachdenkt, ziemlich lustig, Vater.
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