Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
Vom Netzwerk:
für den
New Yorker
und das
Time
-Magazine, strichelte das schwarzweiße Abbild von Hessel auf das Cover: ein Mann, mit den Fußspitzen an einen Baumstumpf geheftet, als verkörpertes Zweiglein der Hoffnung, aufrecht überm Abgrund schwebend. Im Heft, das aus vier großformatigen Blättern bestand, wurde die UN-Menschenrechts-Charta zitiert. Und natürlichganz viel Apollinaire, wie schon im Titel. Parallel wurde unter dem Label
agnès b
ein schwarzes T-Shirt lanciert mit dem Vers von Apollinaire über die stets noch zu erkundende Region der Güte.
    Noch eine letzte Vorstufe sei erwähnt. Am 16. März 2010 fand in einem Privathaus im 7. Pariser Arrondissement, ganz in der Nähe des Amtssitzes des Premierministers, des Hôtel Matignon, eine Veranstaltung statt, bei der sich vier Veteranen der Résistance zu einer Diskussionsrunde versammelten, die von Régis Debray moderiert wurde. Im Publikum saßen bekannte Intellektuelle, Publizisten und Politiker, auch Vertreter der Regierung. Auf dem Podium nahmen Platz: Stéphane Hessel, sein Kompagnon Daniel Cordier, Jean-Louis Crémieux-Brilhac und Yves Guéna (ehemaliger Leiter der Fondation Charles de Gaulle).
Le Monde
berichtete in der Ausgabe vom 19.   3.   2010 von der Veranstaltung, längere Ausschnitte aus der Diskussion wurden im Fernsehen ausgestrahlt. Auch dies war eine Gelegenheit für Stéphane Hessel, sich prominent in Szene zu setzen; der Rebell kann beizeiten auch als Repräsentant auftreten. Bemerkenswert an dieser Diskussion war die Feststellung von Crémieux-Brilhac, dass der Résistance das Ausmaß der Judenvernichtung zu spät klar geworden sei, dass sie es versäumt habe, ihre Aktionen mit diesem Hinweis zu begründen. Alle auf dem Podium stimmten zu, und im Saal waren einen Augenblick lang Schweigen und Erschütterung zu spüren.

Der Appell vom 20. Oktober 2010
    Die Entstehungsgeschichte erklärt die Form der Broschüre
Indignez-vous!
Der Inhalt allein kann aber nicht die Wirkung erklären, die Form allerdings auch nicht. Der Text von Stéphane Hessel ist kein abgerundeter und gestalteterEssay. Er ist eine wohlmeinende Montage aus früheren Redefragmenten und Gesprächen mit der Verlegerin Sylvie Crossman. Sie hat die Endfassung arrangiert und auch den Titel gefunden. Die Abfolge der Teile und ihre jeweilige Länge, auch das Nebeneinander der Abschnitte, wirken recht beliebig. Stéphane Hessel hat den Text jedoch durchgesehen und gebilligt, auch den Titel. Lediglich die Passage über die Revolte einiger Lehrer dürfte eine Einfügung des Verlags sein, der 2009 eine Broschüre zu dem Thema herausgebracht hatte; zudem hatte der empörte Lehrer, Bastien Cazals mit Namen, dem diese Broschüre (
Je suis prof et je désobéis
; Ich bin Lehrer, und ich gehorche nicht) zu verdanken war, 2009 die Verleger auf Hessel aufmerksam gemacht, nachdem er dessen Rede auf dem Plateau des Glières miterlebt hatte.
    Die deutsche Übersetzung von
Indignez-vous!
weicht vom französischen Urtext leicht ab: Es werden hier und da Aspekte ergänzt, es wird präzisiert, wo es im Französischen bei Anspielungen bleibt; es ist ohnehin eine verdeutlichende Übersetzung, gleichsam mit eingebauten Fußnoten im Hinblick auf die deutschen Leser, die dem Text und der Absicht aber gerecht werden.
    Der Text besteht aus einer Einleitung und sechs inhaltlichen Abschnitten. Stéphane Hessel beginnt mit seinem hohen Alter (damals 93 Jahre), mit dem Hinweis darauf, dass dies ja nun seine letzte Lebensetappe sei – dieses »Memento mori« war seit langem ein festes Element in seinen Texten und Reden. Und schon die erste Aussage benennt die Basis (»le socle«) seines gesamten politischen Engagements: die Jahre in der Résistance und das Programm des CNR vom 15. März 1944, also das Programm, auf das sich die vereinten Widerstandsbewegungen verständigt hatten für den Neuanfang nach dem Krieg.
    Es folgt die grundlegende Feststellung, dass wir in der gegenwärtigen Krise der Werte und Prinzipien des CNRmehr denn je bedürfen. Frankreich müsse eine Gesellschaft bleiben, auf die man weiterhin stolz sein könne. Das sei unvereinbar mit der aktuellen Politik gegenüber den Einwanderern, dem Abbau von Sozialleistungen, der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, der Beherrschung der Medien durch einige Moguln.
    Dann erinnert er in großen Zügen an das politische und vor allem das soziale Programm des CNR, dem zufolge Gemeinnutz vor Eigennutz geht, in dem eine wirtschaftliche und soziale Demokratie,

Weitere Kostenlose Bücher