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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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politischen Handelns, ohne an bestehende Institutionen anzuknüpfen.
    Wie sehr Stéphane Hessel an einer Brücke zwischen erlebter Vergangenheit, Gegenwartsproblemen und zukünftigen Herausforderungen gelegen war, zeigte sich auch im Jahr 2004. Zum 60. Jahrestag der Verkündung des politischen Programms der vereinigten Résistance-Bewegungen aus dem Jahr 1944 gab es in Paris ein Treffen von namhaften Veteranen, das mit einem Appell zum Anknüpfen andas Programm des CNR (Conseil National de la Résistance) für die Neugestaltung des befreiten Frankreichs endete. Als Mythos und als Thema von Filmen und Romanen blieb die Résistance weiter sehr lebendig, stellte sie doch einen Gründungsmythos des Nachkriegsfrankreichs dar, wenn auch zuweilen mit einem gewissen Maß an Geschichtsklitterung verbunden.
     
    Das Jahr 2008 brachte ein anderes wichtiges Jubiläum: Am 10. Dezember jährte sich die Verkündigung der Allgemeinen Menschenrechte in Paris durch die UNO zum 60. Mal. Das gab Stéphane Hessel Gelegenheit zu vielen öffentlichen Auftritten. Es fand eine kleine Feier auf der Esplanade du Trocadéro statt, der Terrasse mit dem Blick auf den Eiffelturm, unterstützt vom Präsidenten der Republik. Eine Gedenktafel wurde eingeweiht, und Stéphane Hessel las die Präambel der Erklärung von 1948 vor.
    Hessels Rolle beruhte darauf, dass er einer der letzten lebenden Mitwirkenden von 1948, wenn nicht gar der letzte, war. In der Folge gab es allerdings eine Debatte darüber, ob er seine damalige Rolle nicht übertreibe, schließlich sei er noch ein junger Diplomat am Beginn seiner Laufbahn gewesen. Den Hauptteil der Arbeit hatte seinerzeit René Cassin geleistet. Zuständig war eine kleine Kommission von Völkerrechtlern gewesen, erst neun, dann zwölf, unter Vorsitz von Eleanor Roosevelt, der Witwe des amerikanischen Präsidenten. Cassin setzte die entscheidenden Begriffe durch, er sorgte dafür, dass es ein klarer, eindeutiger, fordernder Text wurde, der sich einschrieb in die Menschenrechtserklärung sowohl der ersten amerikanischen Verfassung sowie jener vom Beginn der Französischen Revolution von 1789.
    Nach drei Jahren Vorarbeit mit Sitzungen in New York wie in Genf konnte die Schlussrunde 1948 in Paris erfolgen, da in New York noch am neuen Sitz der UNO gebaut wurde.Am Trocadéro in Paris tagte man in dem Gebäude, das als Sitz für die erst noch zu gründende NATO gedacht war und vorerst leer stand.
    »Die letzte Abstimmung erfolgte am 10. Dezember 1948 gegen 21 Uhr«, erinnerte sich Stéphane Hessel in einem Gespräch mit der Zeitung
La Croix
aus Anlass des Jahrestages. Etwa 300 Personen waren anwesend. Man hatte gehofft, dass die Russen zustimmen würden, aber sie enthielten sich. Auch Südafrika enthielt sich (wegen der Apartheid), ebenfalls Saudi-Arabien (wegen der geforderten Gleichstellung von Mann und Frau). Schließlich gab es 48 Jastimmen und 8 Enthaltungen, keine Neinstimme. Um Mitternacht wurde die Sitzung aufgehoben.
    Dies ist eine wertvolle Erinnerung von Stéphane Hessel, und an den Elan und die Aufbruchsstimmung jener Zeit hat er immer wieder angeknüpft. Er bestritt auch, dass die Menschenrechte nur eine Sache des »Westens« seien; das Entscheidende liege gerade in ihrem universellen Charakter. Das zu betonen ist wichtig, weil Hessels heutige Thesen sich zuweilen einer undifferenzierten Polemik gegen »den Westen« anzupassen scheinen. Ihm ist auch klar, dass der Rechtekatalog ein Ideal war, eine Utopie, und dass die Verkündung von 1948 nur eine Etappe in einem langen Kampf bedeutete. Auch weiß er um die vielen Rückschläge für die Vereinten Nationen in bestimmten Konflikten. Ganz besonders wichtig ist dem erfahrenen Entwicklungspolitiker die Erweiterung des Rechtekatalogs auf Fragen des Umgangs mit den Ressourcen des Planeten. So habe jeder Mensch ein Recht auf Ernährung und gesundes Wasser, aber auch auf soziale Absicherung.
    Hessels Einsatz für die Menschenrechte ist untrennbar verbunden mit seinem Widerstand. Deshalb war ihm immer ein Satz aus der Präambel wichtig, in dem gesagt wird, dass die Missachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei führe, welche das Gewissen der Menschheit erschütterthaben – was auf die NS-Verbrechen gemünzt war, aber andere Untaten anderer Regime durchaus mitmeinen sollte. Aus Anlass des Jubiläums erschien auch ein Band, in dem der Journalist Jean-Michel Helvig mit Hessel über aktuelle Menschenrechtsprobleme sprach,
Citoyens sans frontières
: Für die

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