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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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Pressefreiheit, gute Erziehung für alle gefordert wurde, was mit einem Einschub über die Kämpfe engagierter Lehrer gegen die Schulreform von 2008 verbunden wird. Das Fundament der sozialen Errungenschaften aus der Nachkriegszeit sei heute in Frage gestellt.
    Der sich anschließende erste Abschnitt, in dem die »indignation« als Hauptmotiv der Résistance dargestellt wird, ist in der deutschen Version mit »Widerstand kommt aus Empörung« überschrieben. Begonnen wird mit der Aussage, dass die Gesellschaft vom großen Geld beherrscht werde, das sich unverschämt breitgemacht habe. Aber gerade gegen die Herrschaft des Geldes habe sich auch die Résistance gewandt. Die privatisierten Banken kümmerten sich nur um ihre Dividenden und um die Prämien für die Vorstände.
    Das Grundmotiv der Résistance sei die Empörung gewesen. »Wir, die Veteranen der Kämpfe gegen die Besatzungsmacht«, fährt Hessel fort, den Appellcharakter der frühen Reden von de Gaulle nachahmend, »rufen die jungen Leute auf, das Erbe der Résistance und deren Ideale aufzugreifen und weiterzutragen und sich ihrerseits zu empören.« (Ähnlich lautete der Beschluss der Résistance-Veteranen von 2004.) Jeder möge sein eigenes Motiv zur Empörung finden. Das sei etwas Wertvolles. Und wenn man etwas finde, was einen so empöre, wie seine Generation über die Besatzung durch Nazideutschland empört war, dann müsse man auch kämpfen, sich engagieren. So solle man sich eingliedernin einen großen Strom der Geschichte hin zu mehr Gerechtigkeit, zu größerer Freiheit bei gleichzeitiger Verantwortlichkeit. Der Maßstab dafür seien die universellen Menschenrechte, wie sie 1948 verkündet wurden. Für deren Einhaltung müsse man sich vor allem und überall einsetzen.
    Auf diesen Appell folgt ein Abschnitt über zwei verschiedene Auffassungen von Geschichte. Aus Hessels Sicht konnte das Vichy-Regime entstehen, weil die Bourgeoisie zu große Angst vor dem Bolschewismus hatte. In der Gegenwart lägen die Anlässe zur Empörung nicht so klar zutage wie zur Zeit der deutschen Besatzung.
     
    Es schließt sich ein Abschnitt über den Einfluss von Jean-Paul Sartre auf Hessel an, einerseits damit begründet, dass dieser zehn Jahre vor Hessel Absolvent der ENS war (der angesehensten Eliteschule der Vorkriegszeit), zum anderen mit dessen Schriften von 1938 (
Der Ekel
), 1939 (
Die Mauer
) und 1943 (
Das Sein und das Nichts
). Auch verweist Hessel auf Vorlesungen, die er beim Philosophen Maurice Merleau-Ponty gehört hat. Immerhin ist ihm davon eine optimistische Geschichtsauffassung geblieben, die sich auf Hegel beruft: Die Geschichte schreite über Erschütterungen und Herausforderungen voran, die Freiheit nehme zu, am Ende stehe die völlige Freiheit in einem idealen demokratischen Staat.
    Gerade hier flicht Hessel eine Berufung auf Walter Benjamin ein, auf dessen Deutung von Paul Klees Bild
Angelus novus
. Benjamin hatte das Werk 1921 erworben und ihm 1939 eine eigenwillige Deutung gegeben: als Engel der Geschichte, als Figur des Zweifels am Fortschritt und als Emblem der Trümmer der Geschichte. Bei Hessel mutiert er zum Schutzengel gegen den Sturm des Fortschritts. Benjamins Deutung in seinen Thesen
Über den Begriff der Geschichte
, einem seiner letzten Texte, der nicht gerade einfach zu verstehen ist, hatte jedoch nichts mit Klees Intention zutun, eher mit Benjamins Pessimismus nach erniedrigenden Jahren im Pariser Exil, der Internierung durch die französische Republik als »feindlicher Ausländer« und der Enttäuschung über Stalins Pakt mit Nazideutschland im August 1939. Benjamins Selbstmord, den auch Hessel erwähnt, verständlich aus Erschöpfung und Furcht, war eben kein Akt des Widerstands, sondern der Resignation.
    Da sich Stéphane Hessel verschiedentlich auf Benjamins Verständnis des
Angelus novus
bezieht, es zu einem Denkbild in seiner eigenen Philosophie macht, sei hier die Ansicht eines Kunsthistorikers zitiert, der die Elemente von Benjamins Deutung aufnimmt: »Es gibt im
Angelus novus
keinen Trümmerhaufen, keinen Himmel, keinen Sturm, keine Zukunft, keine Vergangenheit, kein Paradies, keine Katastrophe, keine Geschichte, keine echten Flügel. Und der Engel sieht auch nicht so aus, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen. Benjamin überträgt schlicht emblematische Kenntnisse auf ein modernes Bild.« Klee habe seine Bilder stets in einem freien, ungesteuerten Produktionsprozess entworfen und erst am Ende einen Titel

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