Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Dinge, die mit dem Filmprojekt zu tun haben. Nichts, was auch nur den geringsten Bezug zu diesem tragischen Ereignis haben könnte.«
Zen schlenderte zum Fenster, sah eine Weile hinaus, dann zündete er sich eine Zigarette an. Das offizielle Rauchverbot in allen staatlichen Gebäuden gab dieser Geste eine besondere Pikanterie und machte sie praktisch zu einem Teil des Verhörs.
»Welche Sprache haben Sie gesprochen?«, fragte er und drehte sich wieder zu Nicola Mantega um.
»Italienisch natürlich.«
»Nicht kalabrischen Dialekt?«
Der Zeuge zögerte kurz. »Dialekt? Signor Newman ist ein amerikanischer Anwalt. Woher soll so ein Mann diesen Dialekt können?«
»Beantworten Sie die Frage.«
»Wir haben Italienisch gesprochen.«
»Newman sprach es fließend?«
Mantega zuckte die Schultern. »Für einen Ausländer.«
»Wo hat er denn Italienisch gelernt?«
»Keine Ahnung.«
»Sie haben nicht darüber gesprochen?«
»Natürlich nicht.«
»Fanden Sie es nicht ungewöhnlich? Und haben es vielleicht erwähnt? Irgendeine schmeichelhafte Bemerkung …«
»Ich habe mir wirklich keine Gedanken darüber gemacht. Schließlich hatte ich keine persönliche Beziehung zu ihm! Wie ich bereits mehrfach sagte, es war eine rein geschäftliche Angelegenheit. Vielleicht hat er einen Sprachkurs gemacht, bevor er herkam. Was weiß ich denn schon?«
Zen starrte ihn einen Moment schweigend an. »Genau das versuche ich herauszufinden.«
Nicola Mantegas Äußeres entsprach dem klassischen kalabrischen Typus. Er hatte dichte, glänzende schwarze Haare, ein zerknittertes ovales Gesicht, dem all die schrecklichen Dinge abzulesen waren, die es mit angesehen hatte, und einen ausufernden Schnurrbart; und er strahlte etwas abgrundtief Depressives aus.
»Lassen Sie uns noch einmal zu diesem letzten Telefongespräch zurückkehren«, sagte Zen. »Sie haben Signor Newman am Dienstagmorgen um zehn Uhr zweiunddreißig angerufen …«
»Irgendwann an diesem Morgen, ja.«
»Es war zu der Uhrzeit, die ich genannt habe. Newman hatte ein Handy gemietet, und wir haben eine Kopie der Rechnungsunterlagen. Wir haben zwar keine Mitschrift von dem, was gesagt wurde, doch Sie haben erklärt, Sie hätten ihm gesagt, dass sich einige neue Faktoren im Zusammenhang mit der Genehmigung des Filmprojekts ergeben hätten und Sie sich deshalb noch einmal mit ihm treffen müssten. Sie haben vorgeschlagen, dass er um sieben Uhr zu Ihnen zum Abendessen kommen sollte, doch er ist nie erschienen.«
»Genau.«
»Noch ist er an jenem Abend in sein Hotel zurückgekehrt. Kurz gesagt, er wurde mit größter Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zu dem Treffen in Ihrer Villa entführt, Signor Mantega. Einer Verabredung, von der nur er und Sie etwas wussten.«
»Man muss ihn verfolgt haben. Wenn die Kidnapper Profis sind, dann hatten sie ihn sicher schon seit Tagen beobachtet.«
»Vielleicht. Aber woher wussten sie, dass er ein lohnenswertes Objekt war? Woher wussten sie, wer er war und wie viel er wert sein könnte? Und wieso wussten sie eigentlich, dass er überhaupt hier war?«
An einer Wand in Zens Büro hing ein elegant gestaltetes Plakat, das das visionäre Credo der modernen italienischen Polizei verkündete. Darauf wimmelte es von Schlagworten wie la nostra missione, i nostri valori, competenza professionale, integrità, creatività e innovazione . Wie schon so oft in der Vergangenheit beschloss Zen auch diesmal, sich an die beiden Letzteren zu halten.
»Auf meine Anweisung hin hat einer meiner Beamten heute Morgen, während Sie in der Arbeit waren, mit Ihrer Frau gesprochen«, sagte er. »Sie wusste angeblich nichts von einem Gast, der am fraglichen Abend zum Essen kommen sollte.«
Mantega starrte Zen mit einer Mischung aus Verblüffung und Empörung an. »Ich habe ihr nichts davon erzählt«, sagte er schließlich.
Zen nickte, als ob dieses kleine Missverständnis damit geklärt wäre. »Natürlich! Sie hatten vor, selbst zu kochen. Sicher irgendeine regionale Spezialität, die Ihren Gast an seine Ursprünge erinnern sollte. Gedünstete Kutteln in Tomatensauce vielleicht.«
»Was sollen diese Anspielungen?«, fragte Mantega wütend. »Signor Newman ist Amerikaner. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, ihm eins unserer traditionellen kalabrischen Gerichte vorzusetzen. Uns ist nur allzu bewusst, dass sie von Fremden häufig nicht geschätzt werden.« Er starrte Zen demonstrativ an. »Ich habe meiner Frau deshalb nichts von der Einladung gesagt, weil ich
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