Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
den rechten Arm auf den Rücken und führte ihn durch das dunkle Haus in die Küche. Dank der Sicherheitsbeleuchtung auf der Terrasse konnte man hier etwas besser sehen. Giorgio setzte seinen Gefangenen auf einen Stuhl an dem langen Tisch, auf dem diverser, nicht zusammenpassender Zierrat lag, der von Gina in dem endlosen Bemühen gekauft worden war, ein schönes Heim zu schaffen, und stellte sich vor ihn, den Rücken zum Fenster, das Gesicht im Dunkeln. Er trug Jeans, eine schwarze Lederjacke und eine dunkle Wollmütze. Seine riesigen Hände schimmerten in dem diffusen Licht wie zwei aufgehängte Krebse.
»Sprich leise«, sagte Giorgio. »Das Haus wird überwacht.«
»Von wem?«
»Von den Bullen natürlich. Ich hab fast zwei Stunden gebraucht, um reinzukommen. Die sind gut, aber ich bin besser.«
Mantega dachte über das Gesagte nach, dann runzelte er die Stirn.
»Die Alarmanlage?«, half Giorgio ihm auf die Sprünge. »Die hat ein Freund von mir bei einem früheren Besuch außer Betrieb gesetzt, bevor sich die Dinge zuspitzten. Er ist ein Zauberkünstler, was elektrische Leitungen angeht. Die Anlage sieht so aus, als ob sie funktioniert, aber sie spricht nur mit sich selbst. Oder vielleicht hast du gerade an deinen Hund gedacht? Dem hat ein anderer Freund von mir ein Stück vergiftetes Fleisch über den Zaun geworfen, nachdem die Bullen draußen dich an das Team übergeben hatten, das dich tagsüber beschattet.«
Mantegas Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und sein Gehirn war wacher. Der Grund für das seltsame Schimmern von Giorgios Händen war nun offenkundig. Er trug ein Paar dieser hautengen Latexhandschuhe, wie sie von Ärzten benutzt wurden.
»Das scheint ja alles neu für dich zu sein«, fuhr Giorgio fort, »was nur mein Gefühl bestätigt, dass du eher zu einer Belastung geworden bist, als dass du mir nützt. Diese ganzen Anrufe, die du gemacht hast, wo du jammerst und meckerst wie eine Frau! So verhält sich kein Mann. Und ich brauche Männer um mich, Nicola, jetzt mehr denn je. Deshalb bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es an der Zeit ist, unsere Verbindung zu kappen.«
Eine der schimmernden Hände verschwand für einen Augenblick. Als sie wieder zu sehen war, hielt sie ein Messer, dessen Klinge noch stärker und sehr viel kälter schimmerte.
»Niemand hat mich kommen sehen, und niemand wird mich gehen sehen. Ich nehme an, dass man dich irgendwann vermisst, aber die nächsten Tage erst mal nicht. Diese Tage sind sehr wichtig für uns, damit wir unsere Pläne machen können, ohne zu befürchten, von einem Schleimscheißer wie dir verraten zu werden. Deine Arbeit für uns ist erledigt, Nicola. Du kannst uns nur noch schaden.«
Zu seiner Verwunderung stellte Mantega fest, dass er absolut ruhig war. »In einer Sache hast du Recht, Giorgio«, sagte er. »Ich kann noch eine Menge Schaden anrichten, selbst aus dem Grab heraus. Meinst du, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass du so etwas versuchen könntest? So wie du Newman ermordet und diesen armen Jungen verstümmelt hast, zeigt doch ganz klar, dass du den Verstand verloren hast. Und ich bin lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass man Verrückten nicht trauen kann, deshalb befindet sich eine komplette Aussage über unsere gesamten Transaktionen - nicht nur über Newman, sondern über alles von Anfang an - in den Händen einer dritten Partei und wird umgehend den Behörden ausgehändigt, sollte mir irgendwas passieren. Namen, Orte, Daten, Lösegeldsummen und alle Details nicht nur von dir, sondern auch von deinen Freunden. Angesichts der Tatsache, dass deine letzte Heldentat gerade das Thema in den Schlagzeilen ist, würde das natürlich die größte Fahndung auslösen, die man in diesem Land seit Jahren erlebt hat. Und du wärst der Star der Show.«
Er hob eine Hand.
»Nun könntest du vielleicht denken, dass die ganzen Leute hier einen Kreis bilden und dich treu beschützen werden, koste es, was es wolle. Doch das wäre ein Fehler. Die Menschen in dieser Gegend haben einen gesunden Respekt vor Macht und Patronage, aber für sadistische Junkies haben sie genauso wenig übrig wie ich. Du wirst ganz auf dich gestellt sein, und du wirst auf der Flucht sein, Giorgio. Selbst deine Freunde könnten sich irgendwann fragen, wie viel ihnen deine Freundschaft wert ist. Früher oder später wird es einen Schusswechsel in irgendeinem verfallenen Bauernhof geben, wo du monatelang ein elendes Dasein gefristet hast, als wärst
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