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Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Sekunde lang Zweifel daran, daß mein Bruder letztlich nichts anderes war als ein Tier. Er handelte nicht nur wie ein solches, sondern schien auch über geradezu animalische Instinkte zu verfügen.
    Auf dem Weg in die dunklen Ecken Roms verhielt Tremor sich nicht minder vorsichtig. Niemand sah ihn, wenn er es nicht wollte. Und hatte er sich erst einmal ein Opfer ausgesucht, dann schlug er so rasch und zielgenau zu, daß es nicht einmal mehr Zeit für einen Schrei fand.
    Zweimal war ich zu langsam, um Tremor stoppen zu können. So blieb mir nur, die Leichen auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen. Der Tiber erwies sich in diesen Fällen einmal mehr als hilfreich und schluckte willig die Toten, die ich, mit Steinen beschwert, in seine dunklen Fluten warf.
    Dann begann ich mich auf Tremors Vorgehensweise einzustellen und konnte ihn zurückhalten, ehe er seine Opfer schlug. Womit ich jedoch nichts gewann. Denn gegen seinen unbändigen Durst und seinen puren Willen zum Töten kam ich weder mit Worten noch mit Taten an. So verlegte ich mich wieder darauf, lediglich die Spuren meines Bruders zu tilgen und ihm ansonsten weitgehend freien Lauf zu lassen.
    Einem Menschen würde es gewiß eigenartig anmuten - aber es dauerte mich, mitanzusehen, was aus meinem Bruder geworden war; wie er sich einem Tier gleich seine Beute suchen mußte, weil ihm alle Kunst und Eleganz, mit der ein Vampir für gewöhnlich ans Werk zu gehen pflegt, abhanden gekommen waren. Ja, mehr noch -ich trauerte um meinen Bruder, obwohl er doch noch am Leben war Von Anfang an ahnte ich, daß ich dieses »Spiel« nicht endlos würde fortsetzen können. Irgendwann würde ans Licht kommen, daß ich meinen Bruder vor den anderen verbarg und sein Treiben schützte. Zumal die Sippe ihn suchte und nach ihm fahnden ließ. Letztlich mußte ihre Jagd von Erfolg gekrönt sein.
    Doch ich hätte nicht geglaubt, daß man mir so auf die Schliche kommen würde, wie es schließlich geschah; und nie hätte ich daran gedacht, daß ausgerechnet sie es wäre, die mich entlarven würde ...
    Die Nacht verhüllte den Unrat an den Ufern des Dio Tevere und verwandelte seine trüben Wasser in einen schwarzen Spiegel, auf dem die Silhouetten der mächtigen Engelsburg und die Engel und Apostel des Ponte Sant' Angelo tanzten. Im Schatten der hohen Ufermauern zerrte ich den leblosen Körper eines Mädchens mit mir, während Tremor ein Stück abseits wartete, daß ich seine Hinterlassenschaft beseitigte.
    Tatsächlich klang es wie das Schlucken eines monströsen Molochs, als die Leiche im Tiber versank. Wie viele Tote mochten an seinem schlammigen Grund wohl ruhen? Und wie viele würde ich ihrer Zahl noch hinzufügen?
    Ich hatte meinen Gedanken nicht laut ausgesprochen, trotzdem war es, als hätte jemand sie gehört. Denn aus dem Dunkeln erhielt ich Antwort auf meine stummen Fragen.
    »Wenn du so weitermachst, werden die Wasser des Flusses nicht mehr genügen, um all die Toten aufzunehmen.«
    Erschrocken wirbelte ich herum und erstarrte.
    »Du ...?« entfuhr es mir dann, als sie sich aus den Schatten löste.
    »Mir scheint, wir teilen ein Geheimnis«, sagte Titiana lächelnd. Und es waren weniger ihre Worte als vielmehr ihr Lächeln, was mich beunruhigte.
    * Titiana verriet unser Geheimnis nicht weiter.
    Aber natürlich schwieg sie weder aus gutem Willen noch ohne Preis.
    Bei meinem Blute mußte ich schwören, ihr meine Hilfe anzudienen, wann immer und wofür immer Titiana sie verlangte. Und einen solchen Blutschwur würde nur mein Tod lösen können.
    Ich tat es also, versprach bindend alles, was sie verlangte, und im Gegenzug half sie mir, Tremor vor den Nachstellungen unserer Sippe zu schützen. In seiner Betreuung und Begleitung lösten wir einander ab, und gemeinsam legten wir Tremors Häschern falsche Fährten aus.
    Während dieser Zeit lernte ich Titiana besser kennen. Zuvor hatte mich mit ihr, obwohl wir vom gleichen Blute waren, nicht sehr viel verbunden. Wir verfolgten weder gemeinsame Interessen, noch waren wir zusammengekommen, wenn es um Belange der Sippe gegangen war. Jetzt aber erfuhr ich vieles über die schöne Vampirin -und das wenigste davon wollte mir gefallen.
    Schon bald stand für mich außer Zweifel, was Titianas Ziel war: Sie wollte einen Machtwechsel. Zumindest aber schien sie nicht länger willens, eine von vielen zu sein - sie wollte die eine sein. Und das hieß, daß sie an Tintos Thron sägte, heimlich freilich, und sie ließ sich Zeit. Aber irgendwann

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