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Sterben in Rom

Sterben in Rom

Titel: Sterben in Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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auch als Henker .
    Wir waren Narren gewesen, Titiana ebenso wie ich. Hatte ich geglaubt, ich könnte den Nachstellungen der Sippe entgehen, so hatte Titiana gemeint, niemand würde ihrer Machtgelüste gewahr werden oder ihnen zumindest nicht entgegenwirken.
    Wir hatten uns beide geirrt.
    Die Sippe wußte Bescheid, allen voran Tinto. In all den Jahrhunderten waren sein Desinteresse an den Belangen der Sippe und seine Selbstverliebtheit vielleicht nur Maskerade gewesen. Darunter beobachtete er scheint's sehr wohl jede Entwicklung und das Verhalten eines jeden einzelnen seiner Blutkinder. Nur mochte sein Einschreiten bislang wohl noch nicht vonnöten gewesen sein, oder er hatte es aus dem Geheimen heraus getan, ohne daß es die Aufmerksamkeit der gesamten Sippe erregt hätte.
    In dieser Nacht jedoch stellte er seine Einflußnahme, die Macht seiner Position offen zur Schau. Er hielt Gericht über uns - über Tre-mor und mich wie auch über Titiana.
    In den Tiefen der Kallistus-Katakomben standen wir einem Tribunal gegenüber, dem neben Tinto und Landru auch Tajan angehörte, der sich mithin als besonderer Vertrauter unseres Führers zu erkennen gab. Hinter uns hatte sich in der Weite des Gewölbes die Sippe versammelt. Tinto hatte darauf gepocht, daß alle zugegen waren. Kein Zweifel, es sollte ein Exempel statuiert werden an uns.
    In der Urteilsfindung ging es letztlich um nichts anderes als um die Frage, ob der Kodex gebrochen werden dürfe - ob man uns also zum Tode verurteilen konnte!
    Im Grunde war die Verhandlung eine Farce; eine Verballhornung dessen, was an den Gerichtshöfen der Menschen praktiziert wurde. Dennoch konnte ich nichts albern daran finden. Vielleicht hätte ich es gekonnt, wäre es nicht um mein Leben gegangen, an dem ich womöglich mehr, in jedem Fall aber in gleichem Maße hing wie ein Mensch. Und ebensolche Sorge bereitete mir, daß Tremors Schicksal zur Entscheidung anstand.
    Tinto trat mit Nachdruck dafür ein, den Kodex dieses eine Mal außer acht zu lassen und uns hinzurichten. Tajan, dieser elende Speichellecker, schloß sich dieser Meinung wortreich an.
    Ganz gleich, wie Landru sich nun dazu äußern würde, im günstigsten Falle stand uns nun schon die Verbannung bevor. Und das bedeutete: Ausschluß aus der Sippe und Vertreibung aus der Stadt. Die Kunde darüber würde sich in unserem Volk verbreiten, und nirgends würden wir Aufnahme, geschweige denn eine Heimstatt finden.
    Aller Augen hingen nun gebannt an Landru, der bislang wie teilnahmslos, fast gelangweilt hinter dem eilends errichteten Richtertisch gesessen hatte. Trotzdem hatte er keine Sekunde lang unauffällig gewirkt. Etwas an ihm, einer dunklen Aura gleich, ließ ihn zu jeder Zeit wie eine gestalthafte Bedrohung aussehen, selbst wenn er nichts tat oder sagte.
    Wie gedankenverloren zeichnete sein Finger die Narbe auf seiner Wange nach, und Sekunden verstrichen in eisigem Schweigen, ehe er die Stille endlich brach.
    »Wir werden sie nicht mit dem Tod bestrafen, denn der Kodex gewährt keine Ausnahmen.«
    Ein Stein fiel mir vom Herzen. Fast hätte ich sogar gelächelt. Doch es gefror mir schon im Ansatz, denn Landru sprach weiter: »Diese beiden sollen geächtet und verbannt werden.« Er wies auf Titiana und mich. »Er aber -«, sein Blick heftete sich auf Tremor, der kaum zu begreifen schien, wie ihm geschah, »- soll den Menschen ausgeliefert und von ihnen gerichtet werden. Weil zum einen sein Leben nicht mehr lebenswert ist und zum anderen seine Entartung eine Gefährdung dieser ganzen Sippe darstellt.«
    Mit einemmal war mir völlig gleich, was weiter mit mir geschehen würde. Sollten sie versuchen, mich zu töten - ich würde mein Leben teuer verkaufen! Aber nie, niemals und unter gar keinen Umständen würde ich tatenlos zusehen und zulassen, daß meinem Bruder ein Leid geschah - daß sie ihn ermordeten, nur weil er anders war!
    »Nein!« brüllte ich, und schon warf ich mich herum, packte Tre-mors narbigen Arm und zerrte daran.
    Dieses eine Mal schien mein Bruder den Ernst der Situation zu verstehen. Er folgte mir sofort, und aus den Augenwinkeln erkannte ich, daß auch Titiana sich uns anschloß.
    »Haltet sie auf!« schrie Tinto hinter uns.
    Es hätte seiner Worte nicht bedurft. Die Sippe machte Front gegen uns. Ohne zu zögern warfen wir uns den Gegnern, die eben noch unsere Brüder und Schwestern gewesen waren, entgegen.
    Tremor kannte am wenigsten Skrupel. Und damit überraschte er die anderen. Den ersten, der sich ihm

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