Sterben in Rom
etwas Ähnliches schwangen in seinem Tonfall mit; nur Enttäuschung lag darin.
»Was haben Sie hier zu suchen?«
Die Frage ging mit dem Geräusch der sich öffnenden Zimmertür einher. Die Schritte zweier Männer wurden laut und stoppten direkt hinter dem Namenlosen.
»Nur ein Besuch«, erklärte der Mann mit schiefem Lächeln. »Aber sehen Sie sich diese Bescherung an .«
Die beiden anderen - er hatte sie am Tatort gesehen und wußte, daß er es mit Vertretern der Policia Criminale zu tun hatte - starrten links und rechts an ihm vorbei auf den Toten hinab. Ihre Augen weiteten sich erst, verengten sich dann fast synchron.
Ohne Vorwarnung stieß der schmächtigere von beiden den Mann ohne Namen schließlich zurück! Mit einer Kraft, die man in seiner Statur nicht vermutet hätte, drängte er ihn bis zur Wand, und schon hielt er ihm die Mündung seiner Dienstwaffe vors Gesicht.
»Was soll das?« begehrte der Mann auf. Dann lächelte er. »Sie glauben doch nicht etwa, ich hätte ...«
»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Cesare Rosati.
»Na, sehen Sie .«
»Ich bin davon überzeugt!«
Unterstützung erhielt der Mann ohne Identität von unerwarteter Seite - scheinbare Unterstützung zumindest.
Nero Twistelli trat zu ihnen. Stumm nahm er seinen Assistenten an der Schulter beiseite und dann dessen Platz dem Namenlosen gegenüber ein. Weiterhin schweigend musterte er dessen markantes Gesicht.
»Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?« fragte er dann endlich, nach einer langen Weile. Es klang nicht so, als wäre Twistelli davon überzeugt. Seine Zweifel und Unsicherheit waren nicht zu überhören. Und seine Züge zeigten eine Verkniffenheit, als dächte er sehr angestrengt über etwas nach.
Der Mann ohne Namen lächelte bitter.
»Tut mir leid, ich erinnere mich nicht.«
Der Commissario nickte, schürzte die Lippen.
»Sehen Sie, ich eben auch nicht. Wie heißen Sie?«
Der Mann zuckte die Schultern.
»Ich leide unter ... Amnesie«, entgegnete er. »Ich hatte schon gehofft, Sie könnten mir meinen Namen verraten.«
»Nein, leider nicht«, erwiderte Twistelli bedauernd. »Ich kann Ihnen nur eines verraten .«
»Und das wä- uuhhmpff!«
Der Mann ohne Erinnerung hatten den Hieb nicht kommen sehen. Mit keiner Regung hatte Twistelli ihn angekündigt. Seine Faust bohrte sich in die Magengrube des anderen und nagelte ihn regelrecht gegen die Wand.
». ich hasse Rate-Shows, im Fernsehen und im Leben«, vollende-te Twistelli seinen Satz, als wäre nichts geschehen.
Als er sich abwandte, schien er tief in Gedanken versunken und so abwesend, daß Inspettore Rosati ihn erst mit krauser Stirn musterte und schließlich fragte: »Twistelli?«
»Hm?«
»Alles in Ordnung?«
»Ja, ja«, erwiderte der Commissario. Beiläufig wies er auf den Tatverdächtigen. »Verhaften. Abführen.«
»Äh ...«, machte Cesare Rosati und deutete mit dem Finger auf den Toten.
Twistelli winkte ab, als wollte er nicht mehr gestört werden. »Verständigen Sie unsere Leute, und dann bringen Sie diesen Kerl ins Präsidium.«
»Und Sie?« fragte Rosati konsterniert.
»Ich?« Twistelli trat an das Bett des Toten. »Ich habe noch etwas zu erledigen - vielleicht .«
Sichtlich unsicher, ob er seinen Vorgesetzten in diesem merkwürdigen Zustand allein lassen konnte, tat Rosati, wie Twistelli es ihm aufgetragen hatte. Er legte dem mutmaßlichen Mörder Handschellen an und schob ihn zur Tür.
»Ich gehe jetzt«, sagte er dort.
Twistelli nickte nur und wartete, bis die Tür hinter den beiden zufiel. Dann sah er wieder auf den Leichnam des jungen Mannes hinunter. Lange und nachdenklich. Ohne jedoch zu irgendeinem Ergebnis zu gelangen. Er wußte nicht, was seit kurzem mit ihm los war -seit er die Tote draußen in der Gasse gesehen hatte. Irgend etwas rumorte und arbeitete in ihm, doch Twistelli bekam es nicht zu packen. Es blieb ihm fremd, als handelte es sich um etwas, das nicht wirklich zu ihm gehörte und mit ihm geschah.
Eher schien es Teil - eines anderen Nero Twistellis zu sein ...
Unsinn .
»Sie sind wieder da ...«, murmelte er dann. Und hatte nicht mehr als eine ganz vage Ahnung, wovon er da sprach. Aber mit einemmal hatte er - ein Ziel vor Augen.
* »Ich bitte Sie, lassen Sie mich. Mir geht es gut, okay?«
Lilith lächelte verkrampft, aber die schwergewichtige Krankenschwester, für deren Tracht vermutlich ein Sanitätszelt draufgegan-gen war, ließ sich nicht beeindrucken.
»Ich sage Ihnen, wenn's Ihnen gut geht,
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