Sterben War Gestern
Erdloch eingesperrt war. Außerdem hat man sie mit Psychopharmaka zugepumpt, im Übrigen mit Substanzen, die wir hier gar nicht kennen. Wir werden sie von hier direkt in eine Fachklinik mit entsprechenden Rehabilitationsmöglichkeiten überweisen, in der sie sich erholen kann.“
„Aber nicht in die Seerose “, bat Inge Nowak.
„Natürlich nicht. Wir haben hier an der Ostsee noch einige andere ausgezeichnete Häuser zu bieten“, lächelte er und fügte ernst hinzu: „Es wird schwierig werden, Vertrauen zu ihr aufzubauen, und lange dauern, bis sie sich auf eine Behandlung wirklich einlassen kann. Immerhin hat eine Therapeutin sie entführt, unter Drogen gesetzt und versucht, sie zu töten.“
„Kannten Sie Dr. Meyfarth?“
Der Arzt schüttelte den Kopf. „Ich bin noch nicht so lange hier. Aber ein Teil des älteren Personals kann sich wohl an sie erinnern. Sie soll während ihrer Facharztausbildung eine absolute Überfliegerin gewesen sein. Und der Liebling des damaligen Chefs hier.“
„Wo ist der heute?“
„Keine Ahnung, den habe ich nur noch am Rande mitbekommen. Ich glaube, der arbeitet inzwischen in der Forschung. Irgendwo in der Schweiz.“
Die beiden Kommissare sahen sich kurz an und Inge überließ es ihrem Kollegen, kurz zu verschwinden, um zu telefonieren. Er ist ein alter Fuchs, dachte sie. Kauzig, starrköpfig, vielleicht durch die Provinz ein wenig faul geworden. Und in Momenten der Liebe blind wie alle. Aber er versteht sein Handwerk.
Ellen Weyer wusste noch nichts von den Plänen, sie zu verlegen. Sie war noch viel zu sehr damit beschäftigt, sich in den vier Wänden zu orientieren, in denen sie am Morgen erwacht war. Die junge Frau hatte einen Moment gebraucht, bis sie glauben konnte, dass sie in Sicherheit war. Der Anblick der Schwester und der Ärzte in Weiß hatte sie vollkommen panisch gemacht und sie hatte geschrien, man solle sie in Ruhe lassen, nicht anfassen und aus dem Zimmer verschwinden. Zwei Pfleger mussten sie festhalten, damit der Arzt ihr ein Beruhigungsmittel verabreichen konnte. Danach war mit ihr zu reden, und allmählich wich die Angst einer immensen Erleichterung und Traurigkeit. Der Schock würde noch eine Weile anhalten und das Erlebte nur Stück für Stück an die Oberfläche drängen, gerade in dem Maße, wie ihre Psyche die schreckliche Wahrheit aushielt. Und noch hatte Ellen Weyer nicht erfahren, dass sie nicht nur ihren Freund, sondern auch ihre Schwester verloren hatte.
„Sagen Sie ihr das noch nicht. Überlassen Sie das bitte einem Psychologen.“
Als Inge Nowak mit Erich Werle das Krankenzimmer betrat, schaute Ellen Weyer sie überrascht an.
„Was machst du denn hier?“
„Dich besuchen. Du wolltest mich doch sprechen, oder?“ Sie lächelte aufmunternd.
„Wo ist die Meyfarth?“ Sie sah Inge nervös an. „Die will mich umbringen.“
„Keine Angst, die haben wir längst überführt. Das ist übrigens Kriminalhauptkommissar Werle aus Rostock. Wir brauchen deine Aussage.“ Inge holte sich den Stuhl heran, der vor dem Bett stand. „Erzähl uns alles, wenn du kannst, möglichst von Anfang an.“
Ellen Weyer holte tief Luft und atmete geräuschvoll aus. „Ich war gar nicht krank, ich habe nur simuliert. Von einem Informanten wusste ich, dass in der Klinik geheime Testreihen durchgeführt werden.“
„Von wem?“
„Das darf ich nicht sagen. Ich habe ihm versprochen, seinen Namen nicht zu nennen.“
Inge Nowak ließ es für den Augenblick darauf beruhen. Zu einem späteren Zeitpunkt würde man Ellen unmissverständlich zu verstehen geben, dass ihr journalistisches Ethos hier fehl am Platz war.
„Okay. Erzähl weiter.“
„Ein großer Pharmakonzern angeblich in der Schweiz stellt neue Wirkstoffe für Psychopharmaka her. Damit man daraus patentierte Medikamente machen darf, müssen die Mittel, bevor sie in den Handel kommen, an Tieren und später in Studien an Menschen erprobt werden. Legal natürlich mit der Einwilligung der Probanden.“ Ellen sprach mit schleppender Stimme und manche ihrer Worte artikulierte sie undeutlich. Das Sprechen fiel ihr noch schwer. „Das ist aber sehr teuer, und man führt gerne Vorstudien durch. Und die laufen unter der Hand, entweder an Kliniken in Entwicklungsländern oder eben hier, indem man Ärzte in Praxen und Kliniken besticht.“ Sie schob den Tisch, auf dem das Essen stand, von sich weg und sank ein wenig in den Kissen zusammen.
„Soll ich dir das Kopfteil höher oder niedriger
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