Sterbendes Land Utopia
später Zeit, du verflixter Weiber…«
»Sprich es ruhig aus, aber hau ab!«
Arlais quietschte und versuchte mit zwei Händen drei Kleidungsstücke auf einmal anzuziehen. Denn die Tür bog sich nach innen. Um die Angeln splitterte das Holz. Der Riegel schnappte zurück. Die Tür löste sich auf.
Krotch in seinem Pelz, mit Stiefeln, Schwert und Armbrust, sah ihn drohend an.
»Du …«, fing Waley an.
»Hinaus, Mädchen«, knurrte Krotch und gab ihr einen Klaps auf das Hinterteil.
»Also, das ist doch …«, protestierte Arlais.
»Natürlich, Mädchen, du hast ganz recht.«
Krotch wandte sich an Waley. »Zieh dich an, du Stromer. In einer Viertelstunde bist du beim Schloß. Prinzessin Kerith begibt sich auf große Pilgerfahrt.«
»Sie hätte noch ein Stündchen warten können«, beschwerte sich Waley.
Als er in der großen Prozession ritt, dachte Jack Waley über sein Geschick nach. Er schaffte es nie. Armer, armer Jack Waley. Immer wurde er kurz vor dem Ziel betrogen.
Die untergehende Sonne goß Gold über die sieben Berge von Manicoro. Bald würde der Schnee von sechs der sieben Gipfel weichen. Es war spät für eine so lange Reise.
Die erste Nacht war ein Gewirr von Lagerfeuern, vergoldeten Zelten, Flaggen und Bannern, Fleisch an Spießen, Weinkrügen. Waley hatte bald Kopfschmerzen. Er verabschiedete sich mürrisch von Krotch und rollte sich in seinen Schlafsack.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die Priester in einer feierlichen Zeremonie und kehrten zur Stadt zurück.
Die abenteuerlustigen Damen und Herren kehrten am Spätnachmittag um. Ihre Kutschen wirbelten weithin den gelben Staub auf.
»Jetzt wird es einfacher«, sagte Krotch. »Wir bekommen besser Luft.«
Am nächsten Tag verließen noch mehr Leute mit guten Wünschen die Karawane. Sie wurden von einer Gruppe Soldaten zurückgeleitet.
Sie kamen ins Tal der Unerfüllten Liebe, wo Marmorstatuen von Liebenden mit leeren Blicken zum Himmel starrten. Sie waren schon halb von Unkraut überwuchert. Sie bogen in den Liebespfad ein, wo scharfe Steine die Füße aufschürften und mit hellen Geräuschen tausend Fuß in die Tiefe stürzten. Danach ging es ohne Rast durch das Perfidon-Moor, in dem sie kein Lager aufzuschlagen wagten, und in die zweifelhafte Sicherheit des Fernen Waldes.
Als man hier die Zelte aufgeschlagen und Holz für die Lagerfeuer gesammelt hatte, wurde Muzzerin zusammen mit den Offizieren zum Zelt Jarfon von Trewes gerufen.
Krotch sah Muzzerin an seinem Zelt vorbeigehen. Der Ausdruck in seinem Gesicht veranlaßte Waley zu der Bemerkung: »Er ist ein großer Alter, dieser Muzzerin.«
»Und ob. Er hätte nie auf diese Reise mitkommen sollen, wirklich nicht.« Krotch stocherte nachdenklich im Feuer herum. »Niemand weiß, wohin wir gehen, nicht einmal Jarfon, nicht einmal die Prinzessin – gesegnet seien ihre blauen Augen. Sie wollen Pe’Ichen suchen, das ist alles, was sie wissen. Ich glaube, es ist alles die Schuld der komischen Leute, die jetzt am Hof der Prinzessin sind. Die anderen sind der gleichen Meinung wie ich.«
Waley wußte, was sich die Männer im Lager erzählten. »Weshalb sind die Fremden dann nicht mitgekommen?« Während er das sagte, kamen ihm Kapitän Rattray und der Erste Ingenieur tatsächlich wie Fremde vor.
»Pah! Sieh dir doch die Feiglinge an!«
»Die Jammerlappen!« fügte Waley brüderlich hinzu.
»Aber ich sage dir eines.« Waley holte den Stock aus dem Feuer und kostete das Fleisch. »Ich hätte nicht geglaubt, daß sie das ganze Zeug mitschleppen würden. Ich meine – die Zelte und Betten und den Kram. Warum bitten wir nicht Pe’Ichen darum, wenn wir etwas brauchen?« Er unterbrach sich, als er den amüsierten, erstaunten und dann verärgerten Ausdruck bei Krotch bemerkte. Wie so oft fragte er sich, ob er etwas Falsches gesagt hatte. Das Leben auf einem fremden Planeten hatte viele Fallgruben bereit.
»Ich will es dir sagen, Jack, du Hinterwäldler. In deinem Dorf warst du vielleicht ganz schlau. Aber hier reicht es nicht. O nein!« Er holte tief Atem und blies auf das heiße Fleisch. »Es geht darum aufzufallen. Die feinen Damen und Herren, die feinen Offizierchen, die feinen weisen Männer – sie alle könnten bequem auf ihren Pferden dahinreiten und sich das, was sie brauchen, von Pe’Ichen schaffen lassen. Aber nein, das tun sie nicht, diese … Je reicher ein Mensch ist, desto weniger läßt er sich von Pe’Ichen geben. Sie haben es so bestimmt schwerer, aber sie lassen
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