Sterbendes Land Utopia
haben.«
Und dann traute Waley seinen Augen nicht. Er sperrte sie weit auf und versuchte sie auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren. An seinem Gehirn zupften Finger. Die Farben verschwammen vor ihm. Sein Magen rebellierte. Seine Ohren schlackerten. Sein Mund stand offen. Und seine Finger krampften sich um einen Stein.
Teufel oder Engel, echt oder unecht, betrunken oder nüchtern?
Er hörte die Stimme eines Mädchens: »Was zum Teufel kümmerst du dich um die Eingeweide dieser Blechbüchse, wenn wir ein interstellares Funkgerät brauchen?«
Der Mann erwiderte: »Sie haben hier keine Elemente, aus denen man einen Sender bauen könnte, und das weißt du verdammt gut, Maisie. Also, misch dich nicht ein, sondern gib mir lieber den Schraubenschlüssel.«
Die Sprache der Kerim? O nein, nein, nein … Sie sprachen gute alte Interlingua mit einem Schuß englischen Einschlags. Sie sprachen wie Leute, die zwischen den Sternen hin und her reisen. Sie sprachen wie Leute von daheim.
Waley wollte losrufen und sie begrüßen. Er wollte sich von seinem Blumentopf erheben, die Blüten von seinem Gesicht wegschieben und die Landsleute umarmen. Aber aus irgendeinem Grund kam er nicht hoch. Er strengte sich vergeblich an.
»Da siehst du’s!« sagte das Mädchen.
»Ich weiß, was ich mit dem Ding anfangen möchte«, erwiderte der Mann. »Oh, ich weiß es genau. Wir sind hier zum Tode verurteilt, jawohl. Wie elende Würmer müssen wir auf diesem stinkenden Planeten umkommen. Nichts haben wir zum Zeitvertreib, keinen Whisky, keine Spiele, keine Wei…«
»Warum hältst du nicht endlich den Mund und machst dich an die Arbeit?« fragte eine andere Männerstimme ärgerlich. »Wir wissen auch, wer an der Sache schuld ist. Aber dein Jammern ändert nichts.« Er atmete schwer. »Wir sitzen nun mal auf diesem gottverdammten Planeten fest.«
Wieder versuchte sich Waley aus der Umklammerung des Blumentopfes zu befreien. Wieder blieb er sitzen.
Der erste Sprecher sagte wieder: »Wenn ich ihn hier hätte, würde ich ihm mit dem Schraubenschlüssel das Rückgrat brechen, so wahr mir Gott helfe.«
»Er war ein dämlicher Angeber, mehr nicht«, sagte das Mädchen. »Aber er hat uns alle zum Tode verurteilt.«
»Den Kopf müßte man ihm aus dem Gewinde drehen!«
Jack Waley versuchte nicht mehr, sich aus dem Blumentopf zu befreien. Er blieb, wo er war und hoffte nur, daß die Blüten vor seinem Gesicht nicht abfielen.
Sein Hosenboden war sehr feucht.
Armer Jack Waley! Er war vernichtet.
Der Mann sagte: »Was ich alles mit ihm anstellen würde…« Während er mit dem Schraubenschlüssel den Gärtner bearbeitete, erging er sich genießerisch in Einzelheiten. Waley schloß die Augen und versuchte nicht hinzuhören.
12
»So sterben alle tapferen Männer«, sagte Waley, als ihn Krotch endlich fand. »Mit dem Hintern in Blumentopferde.«
Krotch stemmte die Beine fest in den Boden und wollte Waley aus seinem feuchten Thron hochziehen.
»Sind sie fort?« fragte Waley mit rollenden Augen.
»Wer?«
»Die komischen Kerle, die mit dem Gärtner beschäftigt waren.«
»Der Gärtner ist noch hier. Sieht aus, als hätte ihn jemand mit einer Axt bearbeitet. Aber sonst ist niemand da.«
»In diesem Fall darfst du mich hochziehen«, sagte Jack Waley. Er fühlte sich wie neugeboren.
Mit einem Geräusch, als schlürfte ein Riese Suppe, trennte sich Jack Waley vom Blumentopf. Zusammen mit Krotch ging er durch die Parks und Gärten zurück zum Schlafsaal der Gilde. Er hielt sich einigermaßen gerade.
»Hast du sie wirklich gesehen?« fragte Krotch interessiert. Er hielt seine Hand eisern um Waleys Arm und steuerte ihn.
»Wen?«
»Na, die komischen Kerle, du Esel.«
»Ach, die.« Waley atmete schneller. Dann: »Natürlich habe ich sie gesehen. Weshalb?«
»Wie sahen sie aus?« Krotch warf ihm einen neugierigen Blick zu.
»Wie andere Leute auch. Aber ich – äh – hatte einen etwas verschleierten Blick.«
»Kann ich jetzt noch riechen. Leute also. Was man so in den Schenken hört, müssen sie verrückt sein – können nicht ordentlich sprechen und erzählen einen fürchterlichen Unsinn …«
»Zum Beispiel?«
Krotch senkte die Stimme und sah sich um, bevor er weitersprach: »Ein anderer Grenzer hat gehört, wie sie sagten, daß wir auf einer Kugel lebten. Sie sagten natürlich nicht, weshalb wir nicht ‘runterfallen. Typisch für solche Leute.«
»Typisch.«
»Behaupten, sie leben auf den Sternen. Ich habe nicht die Hälfte
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