Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterbendes Land Utopia

Sterbendes Land Utopia

Titel: Sterbendes Land Utopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Bulmer
Vom Netzwerk:
erwischte statt dessen eine Handvoll Rüschen und Spitzen und synthetische Seide. Etwas riß. Die dicke Witwe kreischte wie die flügellosen Vögel auf Pettigrew V.
    »Was ist denn mit Marjoram IV? Was soll mit dem Planeten nicht in Ordnung sein?«
    »Das fragen Sie? Sie!« Ihre Bäckchen zitterten. Von der Nase liefen Tränen. Ihre Hände bargen, so gut es ging, den ausladenden Busen, der ohnehin schon zum Überfluß in Rüschen und Spitzen steckte. »Ich kann die grauenhaften Dinge nicht wiederholen. Gehen Sie! Gehen Sie, Sie abscheulicher Mann!«
    »Aber auf Marjoram IV ist nichts Besonderes, Madam. Ich lebe dort. Es ist meine Heimat.«
    »Aaaach!« Und die Arme fiel endlich in Ohnmacht.
    Der Ingenieur stand in hilfloser Wut da. Sein Gesicht war blutrot. Dann drehte er sich um und erspähte Waley. Er wurde noch dunkler. »Was zum Teufel wollen Sie denn hier?«
    »Nichts.« Jack Waley drückte sich an die Wand. »Ich kam zufällig vorbei.«
    »Na, dann verschwinden Sie.«
    Jack Waley war nun einmal Jack Waley und konnte es sich nicht verkneifen zu fragen: »Ist etwas mit der Dame?«
    »Nein«, fauchte der Ingenieur. »Es ist ihr ein besonderes Vergnügen, im Korridor zu schlafen.« Doch dann erinnerte er sich, daß er Offizier war, denn er fügte gemäßigt hinzu: »Sie hat einen Nervenschock erlitten. Helfen Sie mir, sie auf ihr Bett zu legen.«
    »Gut.«
    Und so erwachte die arme, geplagte Seele in dem Augenblick, in dem der Erste Ingenieur sie an den Achseln und Waley sie an den Beinen hielten und ins Bett beförderten. Sie sah auf. Und dann riß sie die Augen weit auf. Ihre Zähne klapperten. Sie keuchte nach Luft. Es klang wie eine eingefrorene Wasserpumpe.
    »Sie …!« stieß sie hervor. Ihr Gesicht wurde käsig. »Verschwinden Sie! Diana hat mir erzählt, was Sie über Marjoram IV sagten. Es ist eine Verschwörung. Hilfe! Mord! Hilfe!«
    Der Kapitän erschien mit einem Steward am Eingang.
    Jack Waley kam es so vor, als würden seine Augen Blitze schießen.
    »Was geht hier denn vor, Erster?«
    »Äh – es ist so, Sir – äh …«
    Dann erst verstand der Ingenieur, was die Dame seines Herzens gesagt hatte. Er sah mit blutunterlaufenen Augen zu Waley, der sich bereits an den Eingang geschlichen hatte.
    »Sie haben die komischen Sachen über Marjoram IV gesagt? Bursche, darüber sprechen wir uns noch!«
    Aber Jack Waley war verschwunden.
    Und jetzt kauerte er im finstersten Laderaum, während ein wutschnaubender Ingenieur mit einem Schraubenschlüssel durch die Gegend sauste.
    »Ach Gott!« stöhnte Jack Waley.
    Er fand in einer Tasche seines Anzugs eine halbe Orange und begann sie zu lutschen.
    Wenn er nur wüßte, was diese hübsche, dämliche Diana Darkster zu der Dicken gesagt hatte! Wenn er nur wüßte, wie er dem Ingenieur beikommen könnte! Wenn er nur wüßte … O nein! Es war für seinen Seelenfrieden weit besser, wenn er nichts wußte. Er sog an der Orange und überlegte sich, ob der Tod im Raum wirklich so schnell und schmerzlos war, wie man immer erzählte. Wenn er einen Abfallschacht fand, konnte er sich still ins unendliche Dunkel gleiten lassen.
    Ihm war weinerlich zumute. Armer, armer Jack Waley. So gering schätzte ihn die ganze Galaxis. Nichts als ein Abfallhäufchen. Dieser Jack Waley ist zu nichts nütze, hatte jeder gesagt. Seht, daß ihr ihn los werdet.
    Ja, sogar seine Eltern hatten sich ihre Gedanken gemacht, als er laufen lernte.
    Und als er dann erst sprechen lernte, waren sie sicher.
    Armer, armer Jack Waley. Wenn er kein Draufgänger gewesen wäre, hätte er jetzt hemmungslos die Tränen rollen lassen.
    Armer, armer Jack Waley. Sein einziger Vorzug war, daß er von der Erde stammte, von diesem Planeten im Spiralarm der Galaxis, auf dem die Menschen immer vorwärts strebten. Das konnte sich vielleicht noch lohnen. Aber seine Ausbildung? Er mußte lachen. Er war im zarten Alter von sechzehn vom College geflogen. Von da an war alles, was er gelernt hatte, entweder aus eigenem Entschluß oder auf Staatskosten, reine Selbsthilfe gewesen. Nur jemand, der so am Ende wie er war, würde die Arbeiten annehmen, die er angenommen hatte – und die er dankbar angenommen hatte.
    Er hielt die Flagge terranischer Kultur auf fremden Welten hoch, indem er mit einem falschen Lächeln Komputer verkaufte, von deren Funktion er überhaupt nichts verstand. Damit verdiente er sich die Happen, die die Seele im Leib festhielten.
    Eine vierzehntägige, flüchtige Ausbildung bei der Komputerfirma – und

Weitere Kostenlose Bücher