Sterbensschön: Thriller -
verstauen? Im Garten begraben?
Susan drehte sich zu Archie um und wies mit einem Nicken auf seine Hand. »Haben Sie die Wunden ausgewaschen?«
Er blickte auf seine mit Klopapier verschnürte Hand. »Nein.«
»Halten Sie sie ins Waschbecken«, sagte Susan.
Er musterte sie einen Moment lang, dann löste er das blutige, durchgeweichte Papier von seiner Hand und hielt sie über das Waschbecken.
Sie konnte jetzt das Ausmaß seiner Verletzungen erkennen. Die Haut über den ersten beiden Knöcheln war aufgeschürft und ließ münzgroße offene Wunden sehen. Sie hielt die Hand unter den Wasserhahn, aber jedes Mal, wenn sie sie wegzog, füllte dunkelrotes Blut die Wunden, schlängelte sich um sein Handgelenk und tropfte ins Becken. Falls es wehtat, ließ er es sich nicht anmerken. Es musste ein höllisch aufregender Anruf gewesen sein.
»Hat es was genützt?«, fragte sie. »Das Telefon zu zertrümmern und sich die Hand aufzuschlagen?«
»Ja, es hat tatsächlich geholfen«, sagte Archie.
»Setzen Sie sich«, sagte sie und dirigierte ihn zur Toilettenschüssel. »Das könnte eine Weile dauern.« Sie lächelte ihn schief an. »Ich habe mal einen Artikel über Erste Hilfe geschrieben und bin also praktisch Sanitäterin.«
Sie stellte den Wasserhahn ab und drückte Toilettenpapier auf Archies verletzte Hand, um die Blutung zu stoppen, während sie eine Tube antibiotische Salbe aus dem Erste-Hilfe-Beutel zog. Dann nahm sie das Klopapier weg und quetschte etwas von dem Gel auf die offenen Stellen.
Natürlich hätte er es auch selbst tun können.
Sie wunderte sich, dass er sie machen ließ. Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er nicht zurückgerufen hatte. Vielleicht wollte er ihr über die Peinlichkeit hinweghelfen, dass er sie beim Schnüffeln erwischt hatte. Vielleicht ging es ihm generell nicht gut. Sie wusste es nicht. Er wirkte zerstreut, aber das war nicht unbedingt neu. Er war immer zu fünfzehn Prozent irgendwo anders. Außerdem war es dreißig Grad warm in seiner Wohnung. Schweiß trat ihr auf die Stirn. Wie er in dieser Sauna schlafen konnte, war ihr ein Rätsel.
Die Salbe verlangsamte die Blutung ein wenig. Susan suchte eine Rolle Verband, drückte das Ende in Archies Handfläche und begann, die Gaze um seine Hand zu wickeln.
»Mir ist etwas aufgefallen, das wichtig sein könnte«, sagte sie.
»Ja, richtig«, sagte Archie. »In den Lokalnachrichten.«
Er hatte ihre Nachricht also doch angehört. Das war gut. Zumindest löschte er sie nicht unbesehen.
»Die sind oft sehr aufschlussreich«, sagte Susan.
»Was ist Ihnen aufgefallen?«, fragte Archie.
Susan führte seine Hand von der Spüle zu seinem Schoß, kniete vor ihm und fuhr fort, die Hand zu verbinden.
»Die Bäume«, sagte Susan.
»Die Bäume auf dem Mount Tabor?«, fragte Archie.
Die Gazerolle war jetzt sehr viel kleiner, das meiste davon bildete einen unförmigen weißen Fäustling an Archies Hand. Susan beugte sich darüber und riss die Gaze mit den Zähnen auseinander. »Der Mann, Ihr Opfer – er war an den höchsten Baum gebunden.«
»An den höchsten Baum …«
»Ja. An den höchsten Baum im Bereich des Tatorts auf dem Mount Tabor.«
»Und woher wissen Sie das?«
Susan nahm das zerrissene Ende der Gaze und steckte es in den Verband. »Weil ich es in den Lokalnachrichten gesehen habe. Es gab Luftaufnahmen von dem Schauplatz. Sehen Sie sich das Band an. Der Baum ist höher als alle anderen ringsum.«
Archie sagte nichts.
»Das könnte doch ein Hinweis sein, oder?«
»Vielleicht«, sagte Archie. »Oder reiner Zufall.« Er saß vornübergebeugt auf dem Toilettensitz.
Susan kauerte auf dem Boden. Ihr wurde plötzlich bewusst, wie klein der Raum war und wie nahe sich ihre Körper kamen. Sein Hemd war falsch geknöpft, was sie auf eine merkwürdige Art bezaubernd fand. Es war wirklich heiß hier drin.
Archie streckte seine gesunde Hand aus und strich ihr mit der Fingerspitze leicht über die Wange. Susan war zu keiner Bewegung fähig. »Ihr Lidschatten ist ein bisschen verschmiert«, sagte er.
Sie berührte ihr Gesicht. »Oh«, sagte sie. Sie fühlte ihre Wangen heiß werden. »Danke.«
Archie stand auf.
»Warum rufen Sie mich nie zurück?«, fragte Susan.
»Ich habe eine Menge um die Ohren, Susan«, sagte Archie.
»Ist es wegen Leo?«
»Mir ist zu heiß hier drin«, sagte Archie und ging aus dem Badezimmer. Susan saß einen Moment brütend da, dann sprang sie auf und stapfte hinter ihm her. Er saß mit der
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