Sterbensschön: Thriller -
verbundenen Hand im Schoß auf der schwarzen Couch.
»Und?«, sagte sie.
»Danke, dass Sie vorbeigeschaut haben«, sagte Archie.
Inzwischen war es Abend, und die Wohnung wirkte merkwürdig hell im Vergleich zum dunklen Himmel draußen.
»Ich weiß, Sie mögen ihn nicht«, sagte Susan.
»Doch, ich mag ihn«, sagte Archie. »Unsere Geschichte reicht weit zurück.«
Susan wusste alles darüber. »Sie haben mitgeholfen, den Mörder seiner Schwester zu fangen«, sagte sie. Sie setzte sich neben ihn auf die Couch, wobei sie darauf achtete, einen respektvollen halben Meter Abstand zwischen ihnen zu lassen. »Das ist nicht die ideale Art, sich kennenzulernen«, sagte sie. »Aber niemand weiß so gut wie Sie, was er durchgemacht hat. Er hält große Stücke auf Sie.«
Es war in Wirklichkeit komplizierter, so viel war ihr klar. Archie und Leos Vater kannten sich schon sehr lange, und Archie wusste genau, womit Jack Reynolds sein Geld verdiente. »Sein Vater ist anrüchig«, sagte sie und seufzte. Und mit anrüchig meinte sie eine große Nummer im Drogengeschäft . »Okay, das gebe ich zu. Aber …«, sie hob zur Betonung den Zeigefinger, »er ist nicht wie sein Vater.« Sie überdachte ihre Aussage. »Ich meine, er ist nicht perfekt. Aber er ist kein Scarface.«
»Sie brauchen meine Erlaubnis nicht, um mit Leo Reynolds zusammen zu sein.«
Die brauchte sie bestimmt nicht. Das war lächerlich. Warum sollte sie seine Erlaubnis brauchen?
Und dennoch …
»Und wenn ich sie gern hätte?«, fragte Susan.
Archie sah sie einen Moment lang an, dann rieb er sich mit der gesunden Hand die Augen. »Es gibt Dinge, die darf ich Ihnen nicht erzählen.«
»Kein Scheiß«, sagte Susan. »Sie sind wie ein wandelndes Grab von Dingen, die Sie niemandem sagen dürfen. Leute mit Geheimnissen sollten Sie dafür bezahlen, sie für sie zu bewahren. Sie könnten eine Art Geheimnisbank sein.« Sie verdrehte die Augen. »Es gibt Dinge, die Sie mir nicht sagen können? Schlimmere Dinge als die, die ich bereits kenne? Wie ist das möglich?«
Archie antwortete nicht.
Sie wollte ihn daran erinnern, dass sie nicht mehr bei der Zeitung war, dass er ihr trauen konnte, dass sie Freunde waren. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn nicht verraten würde. Aber vor allem wollte sie, dass er es wusste, ohne es gesagt zu bekommen.
»Sie gehen also nicht mit uns essen?«, fragte Susan.
»Susan …« Er konnte ihren Namen manchmal sehr lange klingen lassen.
»Wir könnten einfach bei einem Stand vorbeischauen«, sagte sie rasch. »Keine große Sache. Belgische Fritten und ein, zwei koreanische Tacos.«
Archie verschränkte die Arme und blickte sie an. »Ich habe Pearl heute gesehen.«
Susan verlor auf der Stelle den Faden und schlug die Beine auf dem Sofa unter. Pearl? Hier? Falls Archie log, war es verbales Kung-Fu par excellence. »Im Ernst?«
»Sie lebt in der betreuten Wohneinrichtung, in der das Opfer als Freiwilliger gearbeitet hat. Sie könnte die letzte Person gewesen sein, die ihn lebend gesehen hat, außer dem Mörder.«
Es war ein Jahr her, seit sie Pearl begegnet waren. »Ich dachte, sie ist wieder bei ihrer Mutter in Salem«, sagte Susan.
»Pflegemutter. Ich habe es überprüft. Sie ist wieder weggelaufen. Die Behörden haben sie in dem Haus untergebracht, während sie nach einem neuen Platz für sie suchen.«
»Welchen Eindruck macht sie?«
»Den einer schuldbewussten Klugscheißerin mit einem Minderwertigkeitskomplex«, sagte Archie.
»Dieser Zustand nennt sich ›siebzehn sein‹«, sagte Susan. Sie hatte Pearl gemocht. Pearl hatte Archie nicht absichtlich mit der Elektroschockpistole außer Gefecht gesetzt. Gut, sie hatte es natürlich absichtlich getan, aber woher sollte sie wissen, dass ihr damaliger Freund Archie nackt an Fleischerhaken aufhängen und versuchen würde, ihn mit einer Axt zu zerstückeln?
Gerieten nicht alle irgendwann mal an einen unguten Typen?
Pearl hatte ein paar idiotische Entscheidungen getroffen, aber sie hatte ein gutes Herz.
»Sie hat mich heute angelogen«, sagte Archie.
»Ein Teenager?«, sagte Susan mit gespielter Überraschung. »Lügt eine Autoritätsperson an? Ausgeschlossen.«
»Sie hat mir erzählt, dass sie beim Rauchen draußen war und dass sie sich versteckt hat, als Jake Kelly vorbeikam, weil er es nicht mochte, wenn sie rauchte«, sagte Archie. »Claire war heute Nachmittag mit einem Spurensicherungsteam bei Kelly zu Hause. Sie sagte, dort roch es wie in einem Aschenbecher.«
Susan
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