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Sterbensschön: Thriller -

Sterbensschön: Thriller -

Titel: Sterbensschön: Thriller - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain , Fred Kinzel
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sich umzubringen, er hatte sie genommen, weil er nur mit ihnen am Leben bleiben konnte.
    Seine Halsschlagader pochte.
    Er spürte die Narbe unter den Fingerspitzen.
    Sie hatte die Ader um einen Zentimeter verfehlt. Etwa der Durchmesser eines normalen Hemdknopfs.
    Glück gehabt, hatten sie gesagt.
    Aber aus einer offenen Arterie zu verbluten war keine üble Art abzutreten. Er hatte es gesehen. Der Tod kam schnell. Er hatte einen jungen Mann verbluten sehen, nachdem Gretchen ihr Skalpell an seiner Oberschenkelader angesetzt hatte. Kein Zentimeter Gnadenfrist diesmal. Sie hatte sauber mittendurch geschnitten. Das Leben des Mannes war binnen Minuten versickert.
    Noch ein Mensch, den Archie nicht gerettet hatte.
    Das Kreischen von Metall auf Beton hallte durch die offenen Fenster, und Archie streckte den Kopf in Richtung Schulter, bis er ein befreiendes Knacken hörte. Dann ließ er die Hand vom Hals sinken und untersuchte sie. Die Handfläche war schweißnass, wo Susan den Verband darumgewickelt hatte. Er löste ihn ab, stand auf und ging ins Bad. Dort warf er die Gaze in den Mülleimer und hielt seine Hand ein paar Minuten lang unter das kalte Wasser, bis das Pochen aufhörte. Schließlich spritzte er sich noch Wasser ins Gesicht.
    Als er aufblickte, starrte ihm sein Spiegelbild von den Türen des Arzneischranks entgegen. Sein gelocktes braunes Haar, die grauen Stellen an den Schläfen. Die krumme Nase. Die von geplatzten Blutgefäßen gesprenkelte Haut. Er hatte wieder an Gewicht zugenommen, was er in den zwei Jahren Krankenurlaub nach Gretchens Folter verloren hatte, aber er würde nie mehr so aussehen wie vorher. Die tiefen Falten auf seiner Stirn und in den Augenwinkeln ließen ihn zehn Jahre älter aussehen als die einundvierzig, die er war. Selbst sein Schamhaar wurde grau.
    Pearl hatte recht. Er sah wirklich alt aus.
    Archie lächelte.
    Er fragte sich, wie Gretchen aussah, jetzt, in diesem Augenblick. In ihrer Zelle im State Hospital.
    Er hoffte, sie hatte ebenfalls einen Spiegel.
    Archie verweilte bei diesem Gedanken. Das Wasser aus dem Waschbecken lief ihm in kleinen Bächen über das Gesicht und am Hals hinab. Sein Haar war feucht vor Wasser und Schweiß.
    Patricks Kidnapper hatte er ertränkt, sein Haar war von Blut verfilzt gewesen in jenen letzten Augenblicken, in denen sie im Wasser der Flut miteinander gerungen hatten.
    Archie wandte sich vom Spiegel ab, nahm ein Handtuch aus dem Regal und trocknete sich Gesicht und Haare. Er konnte den Widerstand immer noch fühlen, als er die Hand in das Haar des Sterbenden gekrallt und den Kopf des Mannes unter Wasser gedrückt hatte.
    Archie schlang sich das Handtuch um den Nacken und fühlte an seiner Kehle nach dem Puls. Als er ihn gefunden hatte, grub er seine Finger in den Hals und ließ sie dort. Er zählte bis zehn.
    Dieses Pochen hatte etwas Tröstliches an sich. Sein Herz pumpte noch. Sein Körper gab ihn noch nicht auf.
    Nach einer Weile war er in der Lage, in den Spiegel zu schauen und nur sich selbst zu sehen mit seinem zerzausten Haar, das Gesicht leicht gerötet vom Abschrubben, aber immer noch Archie. Er war noch da, oder? Sie hatte ihn mit ihren Fingerabdrücken gekennzeichnet, mit den Narben im wörtlichen und übertragenen Sinn, aber er war immer noch er selbst, er hatte sich noch in der Gewalt.
    Er öffnete den Arzneischrank und entnahm ihm vier große Flaschen mit verschreibungspflichtigen Pillen.
    Auf den Etiketten stand Prilosec und Prozac. Er öffnete eine der Flaschen und schüttelte einige längliche weiße Pillen in seine Handfläche. Bei dem Geräusch, mit dem sie aus der Plastikflasche kullerten, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. In jede Tablette war der Buchstabe V geprägt.
    Vicodin.
    Als Archie einer Entwöhnungstherapie zugestimmt hatte, war Henry seine Wohnung durchgegangen, hatte jede kleinste Schmerztablette eingesammelt, die er finden konnte, und sie in die Toilette gespült.
    Henry kannte Archie, er hatte alle seine Hosen, Taschen und Jacken durchsucht. Aber Henry war nie auf die Idee gekommen, in Archies anderen Tablettenfläschchen nach Vicodin zu suchen. Konnte es ein besseres Versteck geben?
    Jetzt betrachtete Archie das Vicodin in seiner Hand. Es verlangte ihn immer noch schmerzlich danach, nach dem bitteren Kreidegeschmack, nach dem Wohlgefühl, das zehn Minuten später einsetzte.
    Er mochte es, sie herauszunehmen und zu betrachten. Manchmal reihte er sie auf dem Wasserkasten der Toilette auf und zählte sie. Es gefiel ihm

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