Sterbensschön: Thriller -
Gretchen sie mit Drogen betäubt hat. Wir haben bei zwei von ihnen Spuren eines Paralytikums gefunden. Die anderen wurden alle zu spät entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt wäre das Mittel nicht mehr im Körper nachweisbar gewesen. Man findet ein Paralytikum ohnehin nur, wenn man gezielt danach sucht. Bei einem normalen toxikologischen Raster taucht es nicht auf. Die sechs Kinder, bei denen eine Lilie zurückgelassen wurde, passen in dasselbe Muster. Keine Abwehrwunden, keine Fesselung. Sie wurden vermutlich ebenfalls betäubt.«
»Wer sie getötet hat, hat also auch die anderen getötet«, sagte Archie.
Robbins ließ den Blick um den Tisch schweifen. »Es sieht so aus.«
Archie sah von einer Wand zur anderen. Es gab noch ein Element, das alle Kindermorde gemeinsam hatten. »Sie wurden alle an einem höheren Punkt zurückgelassen, als sie entführt wurden«, sagte Archie. »Es ist uns damals nicht aufgefallen.«
»Vielleicht hat Gretchen sie alle getötet«, sagte Henry.
»Ihn hat sie nicht getötet«, sagte Archie und zeigte auf das Foto von Calvin Long. »Da war sie bei mir.«
»Nichts für ungut«, sagte Robbins, »aber zu diesem Zeitpunkt waren Sie halb tot und – wenn ich das nebenbei bemerken darf – voll mit genau demselben Lähmungsmittel, das mutmaßlich bei diesen Kindern benutzt wurde. Wir dürfen uns nicht auf Ihr Zeitgefühl verlassen.«
Aber Archie konnte sich auf das verlassen, was er über Gretchen wusste. Und er wusste, sie hätte ihn nicht so lange allein gelassen. Dafür machte es ihr viel zu viel Spaß, ihm wehzutun. Sein Blick wanderte über die Tatortfotos an der Wand. »Er hat sie unter Drogen gesetzt, langsam getötet und die Leichen dann an einen höher gelegenen Ort geschafft, immer an einen höher gelegenen Ort.« Er dachte an die Kirche des Lebendigen Christus und die Kruzifixe überall in dem Haus, in dem Colin Beaton aufgewachsen war. Und dann dämmerte es ihm. »Er wollte sie näher bei Gott hinterlassen.«
»Na, das ist mal richtig krank«, sagte Claire.
»Jetzt ist er zu Erwachsenen übergegangen«, sagte Archie. »Gab es bei denen Spuren des Paralytikums?«
»Im Fall von Jake Kelly war das Zeitfenster knapp zu, wo wir es hätten entdecken können«, sagte Robbins. »Gabby Meester war positiv.«
»Und wie sieht es bei Mrs. Beaton aus?«
»Volltreffer«, sagte Robbins. »Ich habe dem Gerichtsmediziner von Columbia County ein erweitertes toxikologisches Raster vorgeschlagen. Der Befund war positiv.«
»Diese ganze Theorie basiert auf der Aussage einer Frau, die in einem staatlichen Nervenkrankenhaus einsitzt«, sagte Levy. »Es gibt keinen Beweis, dass James Beaton überhaupt tot ist. Er könnte in Cancun an einem Margarita nuckeln und zuschauen, wie seine halb mexikanischen Kinder in der Brandung spielen.«
In diesem Moment kam Ngyun mit einem Aktenordner unter dem Arm in den Pausenraum. »Er ist nicht in Cancun«, sagte Ngyun. »Er ist in New Jersey.«
Alle wandten sich ihm zu.
»Sie konnten ihn damals nicht identifizieren«, sagte Ngyun. »Der Körper war zu stark verwest. Es gibt nichts Besseres als eine Fahrt in einem Güterzug durch das ganze Land, um diesen Prozess zu beschleunigen. Ein Hobo hat ihn gefunden. Man nennt sie jetzt nicht mehr Hobos, aber das heutige Äquivalent dazu. Ein paar einheimische Polizisten haben sich um den Fall gekümmert, aber sich nicht allzu sehr angestrengt. Der Gerichtsmediziner hat die Knochen in einer Kiste aufbewahrt.« Ngyun zog ein Foto aus dem Ordner und befestigte es an der Tafel. »Das ist der Schädel«, sagte er. »Vor ein paar Jahren hat ein Anthropologiestudent in Princeton für einen Kurs eine Rekonstruktion davon gemacht.« Er zog ein zweites Foto hervor und hängte es neben den Schädel. »Kommt er euch bekannt vor?«
Ein Gipsabdruck des Schädels war mit Modelliermasse ausgefüllt und mit Augenprothesen versehen worden. Er sah genau wie James Beaton aus.
»Warum hat das niemand mit der Vermisstenkartei abgeglichen?«, fragte Archie.
»Es war wie gesagt für einen Kurs«, sagte Ngyun und zuckte mit den Achseln. »Vermutlich dachte man, das Ergebnis sei nicht zuverlässig, jedenfalls hat niemand nach einem Exemplar des fertigen Projekts gefragt. Ich musste den Studenten ausfindig machen, um eins zu bekommen. Er arbeitet mit seinem Princeton-Abschluss in Anthropologie nebenbei bemerkt als Barista in New York.« Ngyun blickte zum Eingang. »Brauchen Sie etwas?«, fragte er.
Archie wandte den Kopf und sah einen Mann mit
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