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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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Unterlagen zu dem Fall sichergestellt wurden, von denen dann wie durch ein Wunder Kopien an meine E-Mail-Adresse geschickt worden sind.« Fragend sah er Sven an. »Sie wissen nicht zufällig, wer columbus38 ist?«
    »Das ist Ihre Story, Koschny. Sie haben sie sich verdient. Das war ich Ihnen schuldig.«
    Koschny lächelte. »Finden Sie nicht, dass wir diese albernen Förmlichkeiten langsam bleiben lassen sollten? Ich denke, inzwischen müsste ich mir Ihr Vertrauen doch langsam verdient haben.« Er streckte Sven die Hand hin. »Freundschaft, Sven?«
    Einen Augenblick lang zögerte Sven überrascht. Dann schlug er ein. »Freundschaft.«
    »Tja«, fuhr Koschny fort, »schätze, in der Hölle werden sie jetzt ganz schön frieren, was?«
    Sven runzelte verwirrt die Stirn.
    »Weißt du nicht mehr? Unsere Rangelei vor dem Friedhof. Ich darf dich zitieren: Eher friert die Hölle zu, als dass wir beide so etwas wie Freunde werden. «
    »Ja, richtig«, grinste Sven. »Aber ich muss dich jetzt nicht Walter nennen, oder?«
    »Nein. O Göttlicher reicht völlig«, erwiderte Koschny, und beide prusteten los.
    Sven legte die Zeitung zurück und trat an eines der beiden großen Fenster. Nachdenklich schaute er auf den Strom der Autos hinunter, der zäh durch die Straßen floss. Auf die Menschen, die auf beiden Seiten der Straße umherirrten, jeder Einzelne von ihnen mit einem eigenen Schicksal. Er sah eine junge Mutter, die ihre kleine Tochter ausschimpfte. Einen Mann mit Trainingshose und Stirnband, der schwitzend seine Runden drehte. Ein älteres Ehepaar auf einer Parkbank, das Tauben fütterte … Der Druck in seiner Brust war weg. Genau wie die Träume. Sie waren einfach verschwunden, als hätten die Ereignisse seine Schuldgefühle ausradiert. Wahrscheinlich musste man tatsächlich erst durch die Hölle gehen und dem Tode nahe sein, um zu begreifen, was Leben bedeutete und dass es zu kostbar war, um es zu verschwenden, indem man es ständig hinterfragte.
    »Müde?«, fragte Koschny, als Sven sich erschöpft die Augen rieb.
    »Nein, nur Kopfschmerzen.«
    »Was hat die Untersuchung ergeben?«, sprach der Reporter die Frage aus, die wie eine Giftwolke in der Luft hing. »Ich meine … Du weißt schon, wegen der Injektion.«
    Sven wandte sich ihm zu. »Sie konnten nichts feststellen. In der zweiten Spritze waren nur Rückstände von Kochsalzlösung. Anscheinend habe ich noch mal Glück gehabt. Hees hat geblufft.«
    »Das freut mich für dich«, sagte Koschny. »Aber warum?«
    »Vermutlich war ich ihm als Versuchsperson zu schade, er musste mich doch sowieso aus dem Weg schaffen. Er wollte wohl seine wertvollen Proben nicht verschwenden. Vielleicht war er auch einfach nur vorsichtig und hatte Angst, dass man eventuell Rückstände von dem Zeug finden könnte, wenn eines Tages meine Leiche auftaucht, und dass die auf seine Spur führen könnten. Den wahren Grund werden wir wohl nie erfahren.«
    »Aber was hat es denn nun mit diesem angeblichen Impfstoff auf sich?«
    »Na ja, die Auswertungen von Hofers Unterlagen laufen natürlich noch. Aber Staude hat ein Geständnis abgelegt. Demzufolge beruht dieser vermeintliche Impfstoff auf den Ergebnissen seiner Forschungsarbeit. Soweit ich es verstanden habe, scheint es ihm teilweise gelungen zu sein, den Aids-Erreger genetisch so zu blockieren, dass er seine Form nicht mehr verändern kann. Gleichzeitig hat er wohl eine Art Indikator eingeführt, einen körpereigenen Botenstoff, durch den die CD 8-Killerzellen des Immunsystems dazu angeregt werden, das Virus unschädlich zu machen. Allerdings reagierten diese Zellen so stark, dass sie auch Antikörper gegen eigenes Gewebe erzeugen.«
    »Also war das die wahre Todesursache der alten Frau in dem Heim.«
    »Ja, vermutlich. Außerdem gab es andere Nebenwirkungen, deren Symptome denen einer starken Grippe ähneln, wie Schüttelfrost, Muskelschmerzen und hohes Fieber. Alles natürliche Reaktionen eines überaktiven Immunsystems.«
    »Also gibt es im Grunde genommen gar keinen richtigen Impfstoff.«
    »Nein. Es sei denn, die Gesundheitsbehörde stuft Begleiterscheinungen wie Leber-, Nieren- und Kreislaufversagen als unbedenklich ein. Aber bestimmt findet sich bald jemand, der Staudes Forschungen fortführt. Zum Wohle der Menschheit, versteht sich.«
    »Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie den örtlichen Leichenbestatter«, bemerkte Koschny trocken. »Nun verstehe ich auch Staudes Zweifel, was die Entwicklung eines solchen Stoffes angeht.

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