Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde
Altenheim. Und nehmen wir weiter an, dass sich dahinter mehr verbirgt, als Sie sich jemals vorstellen könnten, würde das Ihre Neugier wecken?«
»Die ist bereits hellwach«, antwortete Sven. »Reden Sie schon! War es Mord?«
»In gewisser Weise schon.«
»Was heißt das?«
»Manche würden es vielleicht anders bezeichnen.«
»Ach ja? Und wie?«
»Als Opfer.«
»Raus mit der Sprache. Was geht da vor?«
»Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann – im Moment jedenfalls. Für mich steht noch zu viel auf dem Spiel.«
» Noch? Wovon reden Sie eigentlich?«
»Ich melde mich wieder bei Ihnen, wenn es sicherer ist.«
»Hey, Augenblick mal. Was soll das heißen? Sie werfen mir einen Krümel hin, obwohl Sie den ganzen Kuchen haben. Wenn Sie mir helfen wollen, müssen Sie mir schon etwas mehr erzählen. Hallo … Hallo! «
Doch diesmal reagierte der Anrufer nicht. Er hatte bereits aufgelegt.
13
E rst gegen halb zehn Uhr abends verließ Hofer das Altenheim. Die Ereignisse der letzten 24 Stunden hatten deutliche Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Mit beiden Händen umklammerte er eine Aktentasche, als fürchte er, jemand könnte sie ihm entreißen. Er schien es ziemlich eilig zu haben.
Es dämmerte bereits, und er spähte hastig über den beleuchteten Parkplatz. Ohne seine Schritte zu verlangsamen, ging er zielstrebig auf die Parknische rechts neben dem Haupteingang zu, die für seinen Wagen reserviert war. Er öffnete den Kofferraum und ließ die Tasche darin verschwinden.
»So spät noch bei der Arbeit?«
Hofer fuhr erschrocken herum und starrte die große Gestalt an, die etwa drei Meter von ihm entfernt in der Dämmerung stand.
»Kommissar Bergmann«, stellte er erleichtert fest. »Schleichen Sie sich immer so von hinten an die Leute ran?«
»Nur wenn sie etwas zu verbergen haben«, erwiderte Dennis und ging langsam auf den Heimleiter zu. »Warum denn so schreckhaft? Ich komme doch nicht etwa ungelegen?«
Erneut glitt Hofers Blick nervös über den Parkplatz. »Nein, ich wollte nur …« Seine Miene erstarrte. »Hören Sie«, wehrte er übertrieben geschäftig ab, »meine Frau erwartet mich, ich habe keine Zeit!«
»Ich werde Sie nicht lange aufhalten«, entgegnete Dennis.
»Sind Sie dienstlich hier?«
»Nein.«
»Dann entschuldigen Sie mich bitte.«
Rasch wandte sich Hofer ab und wollte die Tür seines Wagens öffnen.
Dennis riss ihn herum, packte ihn am Revers und drückte ihn gegen die Autotür. Er war überrascht, wie leicht ihm das fiel.
»Nein, Sie hören mir jetzt zu«, zischte er. »Ich habe über zwei Stunden hier unten auf Sie gewartet, also habe ich wohl ein Recht darauf.«
Hofer war so überrascht, dass er keinerlei Gegenwehr leistete. »Was wollen Sie von mir?«, stieß er ängstlich hervor.
»Ich will Sie nur warnen! Treiben Sie keine Spielchen mit mir. Ich habe seit Tagen nicht mehr geraucht, und auf Nikotinentzug reagiert mein Körper im Allgemeinen äußerst gereizt.«
»Sie … Sie sind ja wahnsinnig«, keuchte Hofer, der es bei Dennis’ Anblick mit der Angst bekam.
»Nein, ich habe nur einen ausgeprägten Riecher, wenn es um Scheiße geht, und immer, wenn ich in Ihrer Nähe bin, stinkt es zum Himmel! Ich kann diesen Geruch nicht ausstehen, und vor allem mag ich keine Leute wie Sie, die meinen, sie könnten mich verarschen.«
»Lassen Sie mich los«, keuchte Hofer. »Bitte, Sie wissen ja nicht, was Sie tun.« Ängstlich schielte er über Dennis’ rechte Schulter.
»Wovor haben Sie solche Angst, Hofer?«
»Bitte, ich …«
Dennis fasste fester zu: »Na los, Mann, reden Sie schon! Jensens Tod war kein Unfall, genauso wenig, wie der der alten Frau natürliche Ursachen hatte, habe ich recht?« Er schüttelte Hofer. »Ist es nicht so? Wer steckt noch dahinter? Spucken Sie’s aus, Mann, sagen Sie endlich die Wahrheit!«
»Ich … Ich kriege keine Luft mehr«, japste Hofer, und seine kleinen Augen quollen vor Panik aus den Höhlen.
»Also gut«, zischte Dennis. »Für heute hatten Sie Ihre Chance. Aber Sie sollten sich ab jetzt öfter umdrehen, denn ich werde Sie nicht aus den Augen lassen. Ich weiß nicht, was Sie hier treiben und warum Sie es tun, aber ich schwöre Ihnen, ich werde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um es herauszufinden.«
Mit einem Ruck ließ Dennis ihn los, und Hofer rang hustend nach Luft. Dennis warf ihm noch einen letzten warnenden Blick zu; dann ging er zu seinem Dienstwagen und fuhr davon.
Kurz darauf
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