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Sterblich

Sterblich

Titel: Sterblich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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wieder nach draußen auf die Straße gelangen können. Er ist hoch aufgeschossen, dünn und schlaksig. Die Haare hängen ihm in die Augen, bis er sie mit dem Finger zur Seite schiebt.
    Brogeland und Sandland nehmen auf der anderen Seite des Tischs Platz, an dem der Anwalt und sein Mandant bereits sitzen. Brogeland übernimmt die Leitung, spricht erst die Formalitäten an und richtet seinen Blick dann auf Marhoni.
    »Warum sind Sie weggelaufen, als wir gekommen sind, um mit Ihnen zu sprechen?«
    Marhoni zuckt ausdruckslos mit den Schultern. Spiel dein Spiel nur weiter, denkt Brogeland und fährt fort: »Warum haben Sie Ihren Laptop angezündet?«
    Die gleiche Reaktion.
    »Was war denn da drauf?«
    Marhoni antwortet noch immer nicht.
    »Sie wissen doch, dass wir das so oder so herausfinden? Sie könnten sich das Leben wirklich leichter machen, indem Sie uns diese Zeit ersparen.«
    Marhoni sieht Brogeland voller Verachtung an. Brogeland seufzt.
    »Was können Sie uns über Ihre Beziehung zu Henriette Hagerup sagen?«
    Marhoni zieht lediglich die Augenbrauen hoch. Indrehaug beugt sich zu ihm hinüber und flüstert ihm etwas ins Ohr, das weder Brogeland noch Sandland hören.
    »Sie war meine Geliebte«, antwortet Marhoni in gebrochenem Norwegisch.
    »Wie lange waren Sie schon zusammen?«
    »Etwa ein Jahr.«
    »Wie haben Sie sich kennengelernt?«
    »Bei einem Konzert.«
    »Das ist doch wohl kaum relevant für die Ermittlungen, nicht wahr?«
    Brogeland sieht Indrehaug an, der im Namen seines Mandanten einen beleidigten Gesichtsausdruck aufgesetzt hat.
    »Wir versuchen uns nur ein Bild von der Beziehung zu machen, die Ihr Mandant zum Opfer hatte«, wirft Sandland ein. Ein seltenes Mal sieht Brogeland nicht zu ihr hinüber. Er torpediert Indrehaug mit Blicken, ohne dass der Anwalt auch nur ansatzweise davon beeindruckt zu sein scheint.
    »Was für ein Konzert war das?«, wiederholt Brogeland.
    »Noori.«
    »Noori?«
    »Auf dem Mela-Festival.«
    »Noori ist eine ziemlich bekannte pakistanische Rockband«, wirft Sandland ein. Brogeland sieht sie an. Er will nicht zeigen, wie beeindruckt er ist, ärgert sich aber darüber, in seinem Verhör unterbrochen worden zu sein.
    »Das sind zwei Brüder aus …«
    »Okay, okay, ich verstehe.«
    Zum ersten Mal seit Beginn des Verhörs ist etwas anderes als Hass und Verachtung in Marhonis Blick auszumachen. Er sieht Sandland an, und sein Blick wirkt mit einem Mal etwas wacher. Brogeland registriert das und signalisiert ihr zu übernehmen. Sandland rutscht etwas näher an den Tisch heran.
    »Wann hatten Sie zum letzten Mal Kontakt mit dem Opfer?«
    Marhoni denkt nach.
    »Gestern Nachmittag.«
    »Könnten Sie versuchen, etwas genauer zu sein?«
    »Sie war zu Hause bei mir, bis Hotel Cæsar zu Ende war.«
    »Sie sehen sich Hotel Cæsar an?«
    »Also ehrlich …«
    Indrehaugs Wangen sind fleckig rot angelaufen.
    Sandland hebt die Hände, um sich zu entschuldigen.
    »Worüber haben Sie gesprochen?«
    »Über dies und das.«
    »Könnten Sie ein Beispiel nennen?«
    Indrehaug beugt sich wieder zu Marhoni hinüber.
    »Das geht Sie nichts an.«
    Sandland lächelt. Sie beugt sich zu Brogeland und kopiert das Schauspiel auf der anderen Seite, aber Brogeland hört nicht ein einziges Wort.
    »Wohin wollte sie, nachdem Hotel Cæsar zu Ende war?«
    »Keine Ahnung.«
    »Sie wissen es nicht? Haben Sie denn nicht nachgefragt?«
    »Nein.«
    »Hat sie denn sonst nicht bei Ihnen übernachtet?«
    »Doch, manchmal.«
    »Und Sie waren nicht neugierig? Wollten nicht wissen, warum sie ausgerechnet gestern nicht bleiben wollte?«
    »Nein.«
    Sandland seufzt. Marhonis harte Schale ist unverändert.
    »Kennen Sie sich am Ekeberg aus?«, fragt sie weiter.
    »Nein.«
    »Waren Sie nie da oben?«
    »Nicht, dass ich mich erinnern könnte.«
    »Auch nicht beim Norway Cup?«
    »Ich bin kein Fußball-Fan.«
    »Haben Sie denn keine Brüder oder Cousins, die spielen? Und die mitgemacht haben? Vielleicht sind Sie ja hingegangen, um sie zu unterstützen.«
    Er schüttelt den Kopf und blinzelt mit überlegener Miene.
    »Und Cricket haben Sie da oben auch nicht gespielt?«
    Er will schon Nein sagen, doch es vergeht eine halbe Sekunde zu viel, ehe er es tut. Brogeland macht sich eine Notiz auf dem Zettel, der vor ihm liegt: War am Ekeberg, sagt diesbezüglich aber nicht die Wahrheit.
    Sandland sieht es und fährt fort: »Besitzen Sie eine Stun Gun, Marhoni?«
    Er sieht sie an, als hätte sie die dümmste Frage der Welt

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