Stern der Göttin
Einheimischen. Eine Frau eilte heran und schwang drohend einen Stock. »Wollt ihr von meinem Boot runter, ihr Gesindel! Macht, dass ihr verschwindet. Schert euch zu eurem Propheten zurück.«
Erst als sie nahe genug heran war, erkannte sie die zwei Katzenmenschen und einen der sagenhaften Bor’een. Noch mehr aber schluckte sie, als Naika mit einem Satz aus ihrer Lederwanne in den Fluss sprang, dort erst einmal in die Tiefe tauchte und dann lachend wieder zum Vorschein kam.
»Herrlich, sage ich euch! Das ist ein mächtiges Gewässer. Bestimmt entspringen einige der Zuflüsse in den Landen der Eirun. Ich spüre ihre Magie.«
Ohne die vor Staunen verstummte Frau zu beachten, beugte Laisa sich über die Bordwand und schöpfte etwas Wasser. Naika hatte recht. Es roch und schmeckte nach einem fernen, aber starken Weiß, wie Laisa es bisher nur an Naika entdeckt hatte. Selbst Borlon, der jeden anderen Menschen an magischer Kraft bei weitem übertraf, war nur von einem Abglanz dieser weißen Macht erfüllt.
Als Laisa sich wieder ihren Leuten zuwandte, glitzerten ihre Augen. »Ich hätte Lust, diese Eirun oder wie ihr sie nennt aufzusuchen.«
Borlon winkte erschrocken ab. »Das geht nicht! Die Eirun meiden uns Menschen, und man darf ihre Lande nicht ungerufen betreten. Sie sind sehr mächtig und werden leicht wütend, wenn man sie stört.«
»Mich würde es trotzdem interessieren, wer diese Leute sind. Eine Frage: Haben Eirun goldene Augen?« Der Verdacht, den sie für Augenblicke gehegt hatte, schwand jedoch bei Borlons Antwort.
»Nein, die haben sie gewiss nicht. Die Augen der Eirun von Marandhil sind silbergrau mit glitzernden Sternen darin und ihre Haare weiß wie der Schnee auf den Gipfeln der Berge. Die Eirun von Gilthonian haben gelbe Augen – so ähnlich wie du! –, und die Haare und die Augen der Eirun von Gimlhon sind grün.«
Die Fischerin stand neben den Booten und hörte dem Gespräch fassungslos zu. Dann aber dämmerte es ihr, wem sie gegenüberstand, und sie verbeugte sich tief.
»Die erhabene Dame mag verzeihen, dass ich sie so ungebührlich angesprochen habe. Ihr seid doch die Retterin unseres edlen Prinzen Punji! Wenn ich etwas tun kann, um Euch zu versöhnen, dann sagt es.«
Laisa warf einen Blick auf den träge fließenden Strom und weiter auf die Stadt an seinem südlichen Ufer. »Das könntest du. Bring uns dort hinüber!«
»Wenn die ehrenwerte Dame so freundlich wäre, mein Boot zu besteigen«, erklärte die Fischerin, obwohl Laisa bereits darin stand. Dann sah sie mit zweifelnder Miene die Pferde an.
»Eure Tiere kann ich leider nicht übersetzen. Sie sind zu groß für mein Boot.«
»Können Pferde schwimmen?«, fragte Laisa Ysobel.
Diese nickte lachend. »Besser als die meisten Menschen. Wenn wir sie am Zügel nehmen, schwimmen sie neben dem Boot her.«
»Ach was, gebt mir die Zügel! Ich bringe sie sicher hinüber.« Naika streckte die rechte Hand aus dem Wasser, übernahm die Zügel und lockte die Pferde ins kühle Nass. Sie wirkte dabei so fröhlich und munter, wie Laisa sie nur selten gesehen hatte. Es war, als würde der Fluss ihr neue Kräfte verleihen. Jetzt schwamm sie mit den Pferden im Schlepptau zum anderen Ufer hinüber und fand dabei noch Zeit, ihren Freunden zuzuwinken.
»Kommt ins Boot, sonst sind die Pferde eher drüben als wir«, forderte Laisa ihre Begleiter auf.
Diese wagten sich jetzt ins Boot, dennoch dauerte es eine Weile, bis die Fischerin umständlich die Leine gelöst hatte, mit der das Boot am Ufer befestigt war. Nun stieß die Frau es mit einem kräftigen Schub auf den Fluss hinaus und sprang mit einem akrobatischen Satz hinter. An Bord ergriff sie das lange Ruder am Heck, das ihr sowohl als Steuer wie auch als Antrieb diente, und richtete den Bug des Schiffchens auf das andere Ufer.
Da der Bärenfluss hier nur gemächlich dahinfloss, wurde das Boot nicht allzu weit abgetrieben. Die Fischerin landete trotzdem nicht an den Stegen des Hafens von Gamindhon, sondern wählte ein Stück Ufer weiter flussabwärts. Als sie Laisas fragenden Blick auf sich gerichtet sah, deutete sie auf einen Mann in einem langschößigen, grünen Rock, gleichfarbenen Hosen und einem mit drei Federn geschmückten grünen Barett, der wichtigtuerisch zwischen den angelegten Schiffen herumstolzierte.
»Das ist der Hafenmeister. Der würde drei Kupferfirin Anlegegebühr verlangen, wenn ich euch dort hinbrächte. Ich hoffe, ihr seht einer armen Frau wie mir nach, dass ich dies
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