Stern der Göttin
wahr. Der Mann war für hiesige Verhältnisse groß und trug einen weiten Talar aus grünem Stoff sowie eine breite Schärpe, die mit grün leuchtenden Schriftzeichen bestickt war und ihn als den Propheten Tenelins bezeichnete.
Seltsamerweise empfand Laisa das Gesicht des Propheten nicht einmal als unsympathisch. Wäre sie ihm zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort begegnet, hätte es ihr gefallen, mit ihm zu reden. Doch hier war er ihr Feind, auch wenn er sie mit Worten des Friedens und der Freundschaft begrüßte.
»Ich fühle mich außerordentlich geehrt, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid, werte Dame aus Meandirs Reich. Erlaubt mir, Euch meine Verehrung zu versichern, und nehmt mein Bedauern für den unwürdigen Empfang entgegen, der Euch und Euren Begleitern bereitet worden ist. Doch jetzt setzt Euch und greift zu. Dieses Gebäck ist köstlich.« Salavar wies dabei auf das mit Betäubungsstaub versetzte Zuckerwerk.
Auf Laisas Lippen erschien ein Lächeln, das nur ein Narr als freundlich hätte bezeichnen können. »Gerne! Doch lasst uns einer Sitte meiner Heimat folgen, die besagt, dass der Gastgeber als Erster etwas zu sich nimmt, um den Gästen seine guten Absichten zu beweisen.«
Salavar verstand sofort, dass die Katzenfrau seinen sorgfältig geplanten Anschlag bereits im Ansatz aufgedeckt hatte. Um zu retten, was noch zu retten war, ließ er sein Schutzfeld entstehen und rief nach seinen Handlangern. »Kedrok, die Lähmer!«
Die drei Freistädter stürmten in den Raum und drückten die Knöpfe ihrer magischen Waffen.
Borlon wurde mitten in der Bewegung getroffen und schlug wie ein voller Kornsack auf dem Boden auf. Anders als ihm gelang es Ysobel, dem ersten magischen Schlag durch einen waghalsigen Sprung zu entkommen. Dabei geriet sie jedoch in Salavars Reichweite und wurde von diesem niedergeschlagen.
Unterdessen hechtete Laisa durch den Raum und entging dabei zweimal Kedroks Lähmstrahlen. Ein anderer Freistädter wollte Rongi treffen, doch der Katling reagierte ähnlich flink wie seine große Freundin und hüpfte wie ein Ball hin und her. Als er erkannte, dass er den Lähmartefakten auf Dauer nicht entgehen konnte, sprang er dem Freistädter, der eben auf ihn anlegte, fauchend ins Gesicht. Der Mann schrie wie am Spieß, als der Katling ihn mit seinen Zähnen und sämtlichen Krallen bearbeitete.
Kedrok blieb nichts anderes übrig, als den eigenen Mann samt dem Katzenjungen zu lähmen, und vergab dadurch die Gelegenheit, Laisa auszuschalten. Diese hatte inzwischen die Tür erreicht und riss sie auf. Der dritte Freistädter setzte seine Waffe zwar noch ein, erwischte aber nur noch Laisas Schwanz.
Als sie getroffen wurde, hatte Laisa das Gefühl, als würde man ihr das Fell abziehen, und kreischte auf. Dennoch rannte sie, so schnell sie konnte. Kedrok und sein Kumpan stürmten ihr nach und setzten ihre Artefakte ein, bis deren Magievorrat erloschen war. Doch sie erwischten nur mehrere ihrer eigenen Leute und einige unbeteiligte Pilger, die gekommen waren, um weitere Spenden zu überreichen. Ihr Opfer aber war längst außerhalb der Reichweite ihrer Waffen.
Draußen war es inzwischen Nacht geworden. Das behinderte Laisa kaum, doch ihre Verfolger starrten hilflos in die Dunkelheit hinaus.
Kedrok rief zornig nach Fackeln, doch bis diese herbeigeschafft worden waren, war von der Katzenfrau weit und breit nichts mehr zu sehen.
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Dreizehntes Kapitel
Die Jägerin
D as taube Gefühl in ihrer Schwanzspitze ärgerte Laisa mehr als die primitive Art, mit der der Prophet sie hatte überlisten wollen. Während sie sich Haken schlagend in Sicherheit brachte, kämpfte sie mit der Angst, die Lähmung könnte auf ihren ganzen Körper übergreifen und sie wehrlos machen. Nach einer Weile war jedoch offensichtlich, dass nur ihr Schwanz in Mitleidenschaft gezogen worden war. Doch gerade den benötigte sie als Steuer, wenn sie schnell laufen oder springen wollte. Nun aber hing er wie ein nasses Seil an ihr herab und schlug ihr immer wieder gegen die Beine.
Ihre Wut auf den Propheten wuchs mit jedem Schritt, und sie überlegte, wie sie ihm diesen gemeinen Anschlag heimzahlen konnte. Abrupt blieb sie stehen. Bisher war sie einfach nur losgerannt, um ihren Verfolgern zu entgehen, und hatte sich dabei von Gamindhon entfernt. Doch wirklich treffen konnte sie ihren Feind nur in der Stadt. Laisa dachte an die große Kristallsäule und die Quelle jener unheimlichen Macht, die alle Menschen grünen Glaubens
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