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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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gefärbten Haaren verbeugte sich beinahe bis auf den Fußboden.
    Der Prophet versetzte ihm einen Stoß. »Lass den Unsinn! Die Lage ist zu ernst, um Spielchen zu treiben.«
    Kedrok hob erschrocken die Hände. »Was gibt es, Meister?«
    Der Prophet öffnete erneut den Fensterladen und wies hinaus. »Wir haben Besuch! Siehst du den Mann dort in dem weißen Heilerkittel?«
    »Nein! Oder doch. Meint Ihr den Kerl da drüben?« Kedrok zeigte auf Khaton.
    Sein Meister nickte. »Genau der ist es. Ich wünschte, er befände sich am anderen Ende der Welt.«
    »So gefährlich sieht der mir aber nicht aus!«, sagte Kedrok abschätzig.
    »Es geht hier nicht um das Aussehen, sondern um das, was dahinter steckt, und das ist verdammt viel. Reicht es dir, wenn ich sage, dass er allein – ganz ohne weitere Hilfe – in der Lage wäre, unser Vorhaben scheitern zu lassen?«
    »Dann müsste er aber ein sehr mächtiger Zauberer sein«, platzte Kedrok heraus.
    Der andere lächelte freudlos. »Du hast es erfasst. Der Mann ist einer der mächtigsten Magier hier in den Dämmerlanden, nämlich Khaton, der weiße Evari.«
    Kedroks gebräuntes Gesicht wurde grau. »Khaton selbst? Bei allen Dämonen des Ostens!«
    »Bedenke, was du da sagst«, warnte sein Meister ihn.
    »Ich sage nur das, was ich hier plappern muss, um die Narren da draußen zufriedenzustellen. Ihr wisst doch, wie ich es wirklich meine«, gab Kedrok zurück.
    Der Prophet musterte ihn durchdringend und nahm den verwaschenen grünen Schimmer wahr, der das Fleisch und das Blut des anderen durchzog. Gerade das machte Kedrok so wertvoll für ihn, denn sein Assistent konnte glaubhaft als Anhänger Tenelins auftreten. Niemand hier in Gamindhon wusste, dass Kedrok von der anderen Stromseite stammte und der Sohn einer dorthin verschleppten Sklavin war. Sein Vater gehörte zu den Freistädtern, Leuten, die meist selbst nicht wussten, zu welchem Gott sie eigentlich gehörten, und die für die Religiosität anderer Menschen nur Hohn und Verachtung übrig hatten.
    »Khaton muss ausgeschaltet werden! Das ist deine Aufgabe. Sorge dafür, dass er für kurze Zeit wehrlos ist. Den Rest übernehme ich!«
    Ein anderer Mann als Kedrok hätte vielleicht gezögert. Er aber grinste nur und machte die Geste des Geldzählens. »Lohnt es sich für mich?«
    »Wenn du es schaffst, bekommst du ein Viertel der Beute, die wir hier machen«, versprach der Prophet.
    »Ein ganzes Viertel?« Kedroks Augen leuchteten auf. Er wusste besser als alle anderen, wie viel die Leute bereits gespendet hatten, und mit jedem der Pilger, die täglich nach Gamindhon strömten, wuchs der Berg aus Münzen, Schmuck und anderen wertvollen Dingen. Allein mit dem Gold, das sein Meister ihm bisher versprochen hatte, war es ihm möglich, genügend Schiffe und Anhänger zu kaufen, um die Macht in einer der Freistädte zu übernehmen. Nun aber konnte er zu einem der mächtigsten Männer am Toisserech werden. Die Aussicht beflügelte ihn, und als er den Propheten verließ, verspürte er keine Angst vor dem, was er tun sollte, sondern nur den Triumph zukünftiger Siege.
    ☀ ☀ ☀
    Gerade als Khaton sich in die schier endlos lange Menschenschlange vor dem Flusstor von Gamindhon eingereiht hatte, um unauffällig an die Kristallsäule zu gelangen, zwängte sich ein junger Bursche durch die Menge und kam auf ihn zu.
    »Ein Heiler! Um Tenelins willen, welch ein Glück! Kommt bitte mit. Ein Mann ist schwer verletzt und wird sterben, wenn ihm nicht geholfen wird.«
    Khaton fluchte innerlich über die Verzögerung, aber ihm war bewusst, dass er sich in seiner Verkleidung nicht sträuben durfte, einem Verletzten zu helfen.
    »Wo ist der Mann?«, fragte er kurz angebunden.
    Der Bursche zeigte auf das halbfertige Gebäude. »Dort drüben. Es handelt sich um einen der Arbeiter, der vom Gerüst gestürzt ist.«
    »Dann wollen wir uns beeilen, damit ihm Hilfe zuteilwird.« Khaton eilte mit langen Schritten voraus und verscheuchte die Pilger, die ihm im Weg standen, mit leichter Beeinflussungsmagie. In seinem Bestreben, den Zwischenfall so kurz wie möglich zu halten, achtete er nicht auf seine Umgebung. Als er die Halle betrat, glaubte er für einen Augenblick zu spüren, wie er in ein magisches Feld eintauchte. Doch ehe er seine Sinne darauf richten konnte, kam ihm ein mittelgroßer, schlanker Mann mit grünen Haaren entgegen, der einen großen Becher in der Hand hielt.
    »Tenelin sei gedankt, ein Heiler! Der Verletzte wird gleich gebracht.

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