Stern der Rebellen
durcheinander. Sie meldeten weiterhin den geistigen und körperlichen Level einer Zehnjährigen weiter, woraufhin Bet als jäh zurückgeblieben eingestuft wurde und nur noch ein Minimum an Injektionen verabreicht bekam.
Innerhalb von zwei Jahren konnte Bet die Veränderung bei den anderen Kindern feststellen. Die Jungen blieben pausbäckig und kindlich. Die Mädchen kicherten noch immer miteinander und spielten läppische Kinderspiele.
Als sich ihre Brüste und ihre Scham zu entwickeln begannen, achtete Bet darauf, stets allein oder als letzte in der Nasszelle zu sein. Zum Glück entwickelte sie sich so verzögert, dass die Menstruation vorerst noch nicht einsetzte.
Doch Bet wusste, dass etwas ganz schrecklich falsch lief, einmal hinsichtlich der anderen Kinder, aber auch, was die Krippenmütter betraf. Sie spürte, dass sich alles zu etwas entsetzlich Ungutem entwickelte, war jedoch nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen.
Für Stens Auffassung waren Bet und Fadal etwas zu weit gegangen. Als Joygirls verkleidet, neckten sie einen stämmigen, dienstfreien Tech. Sten spähte aus seinem Versteck hinüber und schüttelte den Kopf. Weniger über ihr Gehabe – das gehörte zu ihrem Plan –, sondern eher darüber, wie sie sich als Joygirls zurechtgemacht hatten. Seit der Kristallbottich in der Exotiksektion explodiert war, hatte Sten nicht mehr soviel Glitzer auf einem Haufen gesehen. Er beugte sich weiter nach vorne und spitzte die Ohren.
»Seid ihr Mädels nicht ein bisschen zu jung?« sagte der Tech gerade und leckte sich beim Anblick der beiden über die Lippen.
»Keine Sorge, meine Schwester und ich haben jede Menge Erfahrung.«
»Deine Schwester, hm? Das ist ja’n Ding. Seid ihr sicher, dass euer Papa nicht … Mal angenommen, ich wäre interessiert.«
»Warum denn? Es war doch seine Idee. Bei den Credits, die wir ihm einbringen, ist er in zwei Jahren seinen Mig-Kontrakt los, sagt er.«
»Seine Idee, hm? Ich hab ja schon gehört, dass ihr Mig-Kinder schnell erwachsen werdet, aber ich dachte immer, das sind nur Geschichten.«
Bet und Fadal hakten ihn unter und führten ihn zu den Wohnquartieren. »Komm schon, wir machen einen drauf.«
Der Tech war gerade halb ausgezogen, als Sten die Tür eintrat. »Verdammt noch mal! Was hat das zu bedeuten?« Der Tech hätte fast einen Herzschlag erlitten. Wie er sich schamhaft mit einer Hand zu bedecken versuchte und mit der anderen an seinen Kleidern zerrte, sah er fast wie eine üppig behaarte Jungfrau aus. »Ähm, ähm … Was wollen … Wer sind Sie überhaupt?«
Sten zog einen riesigen Schraubenschlüssel hervor. »Das da sind meine Schwestern, alles klar?«
Er wandte sich an Bet und Fadal, die in gespielter Angst auf dem Bett kauerten. »Geht nach Hause!«
Sie rannten hinaus. Sten schloss die Tür hinter ihnen und machte einen Schritt auf den Tech zu. »Ich werd dich lehren, mit meinen Schwestern rumzumachen!«
»Ähm, hören Sie doch zu, sie sagten, sie seien –«
»Was? Willst du sie etwa als Joygirls bezeichnen? Du hast vielleicht Nerven!« Mit diesen Worten holte er mit dem Schraubenschlüssel weit aus, als wollte er ihn im nächsten Moment auf den schon kahl werdenden Schädel des Techs niedersausen lassen.
»Warte! Können wir nicht darüber reden.«
Sten ließ den Schlüssel einige Zentimeter sinken. »Worüber denn?«
Der Tech fummelte in seinen Taschen herum, zog seine Karte heraus und hielt sie Sten entgegen. »Ich habe jede Menge Credits, jede Menge. Nenn mir deinen Preis.«
Sten grinste. Oron hatte recht. Das war leicht verdientes Geld.
Stimmen. Bet wachte auf. Die Beruhigungsmittel, die ihr die Puppe verpasste, reichten für den Körper einer Zwölfjährigen nicht mehr aus. Sie beugte sich über den Rand ihres Bettgestells und schaute zum anderen Ende des Schlafsaals. Lichter. Gedämpftes Murmeln. Sie kletterte von der Pritsche, warf einen Blick auf die Puppe und zögerte. Die Puppe »wusste«, wann sie im Arm gehalten wurde. Aber konnte sie auch erkennen von wem?
Bet hob die Decke auf dem nächsten Bett an. Susi hatte sie noch nie leiden gemocht. Dann schob sie die Puppe unter Susis Arm. Bet schlüpfte in ihren Overall und schlich durch die Station.
Die halbverbotene Tür zum Korridor war offen. Sie blickte sich um. Alle Kinder lagen in tiefem, medikamentös verstärktem Schlaf. Bet atmete durch und ging nach draußen. Der Hauptkorridor war hell erleuchtet. An seinem Ende sah sie das Fenster zum so genannten Labor offen
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