Stern der Rebellen
Rucksäcke.
Stens Blick wanderte den Korridor hinunter. Seine Augen weiteten sich, als er einen Wachmann mit gezücktem Betäubungsknüppel heranschleichen sah.
Sten fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und drehte sich vorsichtig um. Als der Wachmann direkt unter ihm war, schwang sich Sten aus dem Ausgang des Schachts. Seine ausgestreckten Füße landeten direkt im Nacken des bulligen Mannes, der sofort zu Boden stürzte; der Betäubungsknüppel wirbelte davon.
Trotz seiner Leibesfülle kam der Wachmann rasch wieder auf die Beine und hakte ohne zu zögern eine Krawallgranate vom Gürtel. Sten hatte sich über die Schulter abgerollt, stand ebenfalls wieder auf den Füßen und griff sofort wieder an. Im Sprung kam zuerst ein Fuß hoch, dann der zweite, beide Beine waren zunächst angewinkelt und schnellten dann auf der richtigen Höhe los, gerade als der Wachmann sich an der Granate zu schaffen machte.
Stens Füße erwischten ihn voll am Kopf. Sein Hals brach mit einem dumpfen Knacken, und der Mann sank in sich zusammen. Sten drehte sich im Flug zur Seite, brachte die Beine wieder unter sich, landete und duckte sich sofort, die Messerhand bereits kampfbereit ausgestreckt.
Es gab jedoch nichts mehr zu tun.
Die Delinqs starrten auf den toten Wachmann, stopften dann hastig den Rest der Auslage in ihre Beutel und eilten zur Lüftungsklappe zurück.
Als Rabet sich in den Schacht schwang, reckte er den Daumen nach oben und grinste Sten an.
Sten wälzte sich unruhig auf seiner Pritsche. Er fand keinen Schlaf. Immer wieder musste er an den Wachmann denken, den er getötet hatte, und an die verwesten Leichen der Delinq-Bande. Er musste weg von Vulcan. Er musste Bet mitnehmen. Aber wie nur? Pläne wirbelten in seinem Kopf herum, Pläne, die er schon tausendmal durchgespielt hatte. Und alle waren sie zum Scheitern verurteilt. Es musste einfach einen Ausweg geben.
Ein Rascheln. Er drehte sich um und sah, wie Bet hinter dem Vorhang hervorkam und in sein Zimmer schlich.
»Was hast du …?«
Eine weiche Hand legte sich auf seine Lippen und brachte ihn zum Schweigen.
»Jede Nacht habe ich gewartet. Auf dich. Ich kann nicht länger warten.« Langsam, ganz langsam nahm sie die Hand von seinem Mund und führte dann Stens Hand an den Verschluss ihres Overalls. Einen Augenblick später streifte sie ihn von den Schultern und ließ ihn zu Boden gleiten. Darunter war sie völlig nackt.
Bet näherte sich Sten und fing an, ihm die Kleider auszuziehen.
Er schob ihre Hand zur Seite.
»Warte.« Er griff hinter sich und zog etwas unter seinem Kopfkissen hervor. Ein kleines Bündel. Er schüttelte es. Es war ein langes, fließendes Kleid aus Glasleinen, das im schwachen Licht funkelte und glänzte wie ein buntes Kaleidoskop. »Für dich. Ein Geschenk.«
»Wie lange hast du das schon?«
»Schon sehr lange.«
»Oh … Ich probiere es mal an. Später.« Dann lag sie in seinen Armen und sie sanken auf sein Bett zurück. Fest umschlungen. Doch immer noch schweigend.
Bet kroch hinter Sten durch den engen Schacht. Zweimal wurde er so schmal, dass sie sich regelrecht hindurchquetschen mussten. Sie hatte keine Vorstellung, wohin sie eigentlich gingen. Sten hatte gesagt, es sei eine Überraschung. Sie bogen um eine Ecke und der Schacht endete an einer glatten Metallwand.
»Das ist keine Überraschung«, sagte sie. »Das ist eine Sackgasse.«
»Wart’s ab.« Sein Mini-Schneidbrenner flammte auf und er begann, sich durch das Metall zu schneiden. In wenigen Sekunden hatte er eine »Tür« ausgeschnitten, die nur noch von einem kleinen Metallstück gehalten wurde. »Mach die Augen zu.«
Bet gehorchte und hörte, wie der Brenner noch einmal auffauchte, und dann ein dröhnendes Scheppern, als die »Tür« hinunterfiel.
»Jetzt darfst du sie wieder aufmachen.«
Zum ersten Mal in ihrem Leben sah Bet »draußen«. Ein sanft geschwungener Rasen fiel zu einem kleinen See ab. Dort standen hohe grüne Dinger, von denen Bet einmal als »Bäume« hatte erzählen hören; und ein kleines Haus – etwa aus Holz gebaut? – im Stil der Vorfahren, inklusive Schornstein und Rauchfahne. Sten zog sie am Ärmel, und sie folgte ihm staunend.
Als sie nach oben blickte, sah sie einen strahlend blauen, künstlichen Himmel.
Erschrocken wich sie zurück. Er war so weit. Sten legte den Arm um sie, und sie beruhigte sich wieder.
»Einen Augenblick dachte ich, ich würde … hinunterfallen … oder hinaus.«
»Du wirst dich daran gewöhnen«, lachte
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