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Sternchenhimmel

Sternchenhimmel

Titel: Sternchenhimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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– einschließlich Tausender verurteilter Krimineller – mit offenen Armen in der Verbrecherbande der Hypothekenhändler willkommen. Unverbesserliche Betrüger ließen die bunt zusammengewürfelten Reihen anschwellen, Bankräuber, Drogenschmuggler, Einbrecher, Zuhälter, Fälscher, Autodiebe und sogar ein paar Mörder wie Blondell Wayne Tatum alias Chemo.
    Zu seinen Mordopfern hatten der tattrige Dermatologe gehört, der ihm bei einer vermasselten Elektrolysebehandlung das Gesicht gebraten hatte, sowie der betrügerische plastische Chirurg, der ihm das falsche Versprechen gegeben hatte, den Schaden zu reparieren. Durch einen Deal waren die Verbrechen zu Mord mit bedingtem Vorsatz heruntergestuft worden, weswegen Chemo mit einer relativ milden Freiheitsstrafe in Raiford landete. Wie viele Gefängnisinsassen änderte auch er sich während der Haft, doch in seinem Fall spielte die Bibel bei seiner Wandlung keine Rolle. Es war vielmehr ein dünnes Bändchen mit dem Titel Wie man im Hypothekenhandel abzockt , das eine strikt gewaltfreie Philosophie des Betrugs und der Täuschung predigte.
    Einmal draußen, lernte Chemo schnell, trotz seiner ungeschliffenen Art. Er wurde versiert darin, die Qualifikationen wackeliger Darlehensantragsteller auszuschmücken, etwa für den Hilfskoch im Steakhaus seines Viertels, für den er einen 525 000-Dollar-Kredit an Land zog, zweitklassig, mit fünfzehn Jahren Laufzeit und ohne Anzahlung. Chemo freute sich, dass er den amerikanischen Traum (wenn auch nur vorübergehend) für einen neunzehnjährigen Mindestlohnempfänger wahr werden lassen konnte, der gerade erst von einem Frachter aus Honduras geklettert war. Chemo freute sich sogar noch mehr über seinen schwarz ausgezahlten Anteil an dem Deal, den er für einen gebrauchten Acadia Denali mit Chromfelgen ausgab.
    Ein zum Scheitern verurteilter Kredit führte zum nächsten, doch Makler wie Chemo wurden für Quantität belohnt, nicht für Qualität. Das war das Schöne an diesem Geschäft. Schließlich veröffentlichte eine Lokalzeitung einen wenig schmeichelhaften Artikel über das Unternehmen, bei dem Chemo angestellt war, und über seinen Boss, der einmal fünf Jahre in Avon Park gesessen hatte, weil er einen Geldtransporter überfallen hatte. An dem Tag, als die Story erschien, fuhr Chemo zur Arbeit und fand das Gebäude verrammelt vor. Ein Fernsehteam trieb sich dort herum, also machte er sich auf den Weg in sein altes Jagdrevier, Miami Beach.
    »Darf ich fragen, was aus Ihrem Immobiliengeschäft geworden ist?«, fragte Janet Bunterman.
    Chemo sah leicht verstört aus. »Die Blase ist geplatzt – sehen Sie denn nie Nachrichten? Ist wie ein gottverdammtes Kartenhaus zusammengekracht.«
    Wieder mischte Maury Lykes sich ein. »Bevor er ins Finanzgeschäft eingestiegen ist, war er Spezialist für Sicherheitsfragen. Deswegen habe ich ihm den Job angeboten, Janet. Cherry passiert nichts, solange Chemo in der Nähe ist.«
    Verstohlen warf Janet Bunterman einen weiteren Blick auf das Gesicht des Bodyguards. Die Schäden waren offenkundig nicht genetischer Natur; dem Mann musste etwas Furchtbares zugestoßen sein. »Dann ist es wohl abgemacht«, meinte sie verkniffen, als ihre zweite Bloody Mary kam.
    Maury Lykes erinnerte Cherry Pyes Mutter an seinen massiven finanziellen Anteil an dem neuen Album und der bevorstehenden Konzerttournee. »Ich kann kein Risiko eingehen, Janet.«
    »Aber wie sollen wir sie finden?«
    »Oh, bitte. Sie fliegt ja nun nicht gerade unter dem Radar«, erwiderte der Promoter.
    Mit seiner unverpackten Hand ließ Chemo ein Stück Zucker in seinen Kaffee fallen. »Keine Sorge, ich finde ihren dürren Arsch schon.«
    Und was dann?, fragte sich Janet Bunterman.
    Chemo bemerkte, dass sie seinen verhüllten Arm musterte. »Soll ich’s ihr zeigen?«, fragte er Maury Lykes und ließ sein Halloween-Lächeln aufblitzen.
    Der Promoter nickte. »Bringen wir’s hinter uns.«
    »Was soll er mir zeigen?«, fragte Cherrys Mutter.
    Maury Lykes erklärte, dass Chemo vor vielen Jahren beim Schwimmen in der Biscayne Bay schwer verletzt worden war. »Ein Barrakuda hätte ihn beinahe umgebracht.«
    »Das ist ja grauenhaft«, stieß Janet Bunterman hervor und krümmte sich.
    »Ein riesiges Scheißvieh«, fügte Chemo hinzu.
    »Und der hat Ihnen das Gesicht abgebissen?«
    Maury Lykes warf ihr einen wütenden Blick zu. »Nein, Janet, die Hand . Er hat ihm die Hand abgebissen.«
    Ohne weitere Kommentare zog Chemo den Reißverschluss der

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