Sternchenhimmel
auf Islamorada einen dreißig Pfund schweren Wahoo gefangen hatte und wie er schnurstracks nach St. Louis zurückgekehrt war, seine Sachen gepackt hatte und auf die Keys gezogen war. So sehr stand der Kerl aufs Angeln.
Jetzt begrüßte Reilly Valdez und sagte: »Sie glauben, er war’s wieder?«
Damit meinte er den Irren, der die Hummerwilderer aufgehängt hatte.
»Er hat unser Opfer an einen giftigen Baum gebunden«, sagte Valdez. »Dann hat er ihn in eine Windel gesteckt.«
»Also lautet die Antwort: Ja.«
»In der Windel war ein Seeigel.«
Der Detective zuckte unwillkürlich zusammen.
»Ich wette, in Missouri passiert so was nie«, meinte Valdez.
Der Trooper führte Reilly zu Jackie Sebago, der auf einer Trage lag und mittlerweile nicht mehr aus vollem Hals jammerte. Ein Sanitäter hatte die behelfsmäßige Windel aufgeknotet – ein viereckiges Stück glänzender karierter Stoff – und inspizierte mit grimmiger Miene die multiplen Stiche und den durch das Giftholz verursachten Hautausschlag des Opfers. Reilly nahm an, dass ein starkes Schmerzmittel verabreicht worden war.
»Sonst noch jemand verletzt?«, fragte er.
Der Sanitäter schüttelte den Kopf. »Nur der hier.«
»Kann ich mit ihm sprechen?«
»Ist wahrscheinlich gerade kein so guter Zeitpunkt.«
»Hey, habt ihr diesen Scheißpsychopathen erwischt?« Benommen hob Jackie Sebago den Kopf. »Schauen Sie sich an, was der mit meinen Eiern gemacht hat! Schnappen Sie ihn, okay? Buchten Sie den durchgeknallten Scheißer ein!«
»Geht klar«, antwortete der Detective. »Wir kriegen ihn.«
Der Trooper, der schon länger im Geschäft war als Reilly, wusste es besser.
Sie konnten Hubschrauber und Infrarotscheinwerfer und Wärmesensoren und Bluthunde einsetzen, doch der Mann, der den Bus gekapert hatte, würde nicht geschnappt werden. Wenn auch nur die Hälfte der Geschichten wahr war, dann befand er sich jetzt bereits tief in den Mangrovenwäldern, unangreifbar, und schlief bei den Krokodilen.
Ann DeLusia hatte Angst vor Motorrädern. Mit fest zugekniffenen Augen klammerte sie sich an den Fahrer und presste die Wange gegen den breiten Rücken. Als sie das Krankenhaus in Homestead erreichten, hielt er vor der Notaufnahme und half ihr beim Absteigen.
»Warten Sie«, bat sie.
Der Mann namens Jim hatte während der ganzen Fahrt kein Wort gesagt.
»Eins muss ich wissen.«
Als er den Helm abnahm, sah sie, dass er Afroamerikaner war. Er hatte graues Haar und ein strenges Gesicht. »Was denn?«, fragte er.
»Dieser Mann da vorhin …«
»Ein alter Freund von mir.«
»Aber der ist doch verrückt, oder?«, fragte Ann.
»Nein, Ma’am.« Der Motorradfahrer zog ein Streichholzheftchen aus seiner Jacke, auf dem ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen und die Worte »Last Chance Saloon« aufgedruckt waren. »Auf der Innenseite steht eine Telefonnummer.«
»Haben Sie sie noch alle? Ich will diesen Wahnsinnigen nie wiedersehen. In meinem ganzen Leben!«
»Kann ich Ihnen nicht verdenken.«
Ann steckte das Streichholzheftchen in die Handtasche. »Was ist denn mit ihm?«
»Er ist mies drauf und hat ein sehr gutes Gedächtnis, aber geistig ist er völlig gesund.«
»Oh mein Gott! Sie haben nicht gehört, was er zu den Leuten aus diesem Bus gesagt …«
Der Harleyfahrer berührte ihre Lippen mit einem behandschuhten Finger. »Ich habe nicht gesagt, er wäre harmlos, oder? Mein Rat: Rufen Sie die Nummer nicht an, solange Sie noch eine andere Wahl haben.«
»Mister«, fragte Ann, »was glauben Sie eigentlich, was für ein Leben ich führe?«
»Kommen Sie.«
Er brachte sie in die Notaufnahme, wo er einer Schwester erzählte, er hätte sie an der Car Sound Road gefunden, hinter der Mautbrücke. Die Schwester fragte Ann, was geschehen sei, und Ann sagte, sie erinnere sich noch, dass sie einen Mustang gemietet hätte und von der Mautstelle aus nach Süden gefahren sei, aber danach sei alles völlig verschwommen. Die Schwester setzte sie in einen Rollstuhl und fuhr sie in die Röntgenabteilung und dann in ein Untersuchungszimmer, wo sie fragte, wer Anns Abschürfungen gesäubert und behandelt hätte.
Ann sagte, sie wüsste es nicht mehr. »Vielleicht der Busfahrer«, sagte sie.
»Was denn für ein Bus? Sie haben doch gesagt, Sie hätten ein Auto gemietet.«
»Ja, aber ich erinnere mich auch daran, dass ich in einem Bus gefahren bin. Ist alles irgendwie ganz komisch und vernebelt.« Ann sorgte für den Fall vor, dass jemand sie mit der Busentführung in
Weitere Kostenlose Bücher