Sterne im Sand
seinen Gastgebern ihren Erfolg zu neiden. Vielleicht war er ja ein Spion. Nein, dafür war er viel zu dumm.
Dennoch blieben hartnäckige Bedenken. Offensichtlich plapperte Billings nur Dinge nach, die er in Brisbane oder den Städten im Landesinneren aufgeschnappt hatte. Es war allgemein bekannt, daß Siedler, die sogenannten Selectors, im ganzen Land ausschwärmten. Sie verlangten, sich ein beliebiges Stück Kronland zum Zwecke des Ackerbaus aussuchen und käuflich erwerben zu dürfen, auch wenn es bereits Teil der von Squattern gepachteten Besitzungen war. Von sozialistischen Subjekten aufgestachelt, stimmten ihnen einige Regierungsmitglieder sogar zu. Die neuen Landvergabegesetze waren bereits dem Parlament vorgelegt, bisher aber abgeschmettert worden.
Austin plante für die Zukunft voraus. Er hatte drei Söhne, die alle strategisch geschickt plaziert wurden. Victor wurde zu seiner rechten Hand auf Springfield gemacht. Harry, der mittlere, hatte aufgrund der Verbindungen seines Vaters einen sicheren Abgeordnetensitz im Parlament als Vertreter der Regierungspartei ergattert. Außerdem war er eine passende Ehe mit der Tochter von Oberrichter Walker eingegangen.
Und dann war da noch Rupert. Er war erst zwanzig und jahrelang fortgewesen, auf einem Internat. Nach seiner Rückkehr widersetzte er sich dem Wunsch seines Vaters, Jura zu studieren. Es hatte hitzige Auseinandersetzungen deswegen gegeben, bis Austin eine bessere Idee gekommen war. Angesichts des Landvergabegesetzes, das wie ein Damoklesschwert über ihnen hing, konnte eine zweite Stimme im Parlament gewiß nicht schaden. Ohne Rupe zu fragen, war sein Vater vorgeprescht und hatte ein Abkommen mit einem Politiker getroffen, der in den Ruhestand ging und dessen Sitz Rupe praktisch erben sollte. Der Premier hatte es auch schon abgesegnet, und so verkündete Austin eines Abends beim Essen Rupes leuchtende Zukunft.
Sein Sohn hatte wütend reagiert. »Ich gehe nicht in dieses verdammte Parlament. Hier gibt es genug zu tun. Ich übernehme die Zuchtwidder von Victor. Und wenn ich hier nicht arbeiten darf, verschaffe ich mir eben meine eigene Weide.«
Victor hatte sich aus den Kämpfen herausgehalten. Sie gingen ihn nichts an, er wollte nur mit seiner eigenen Arbeit vorankommen. Zudem hatte er in letzter Zeit Probleme mit Louisa. Allmählich begann sie sich auf Springfield zu langweilen … Er drückte die Zigarette aus und schnippte die Kippe weg. »Da kann man nichts machen. Es ist nun mal unser Zuhause, und wir bleiben hier.«
Manchmal überlegte Austin, ob es nicht ein Fehler gewesen war, die unteren Zimmer mit Zedernholz zu täfeln. Das Ergebnis war dunkler ausgefallen als erwartet. Victor hatte jedoch darauf hingewiesen, daß die Räume groß und hoch genug waren, den dunklen Ton zu vertragen. Die Holztäfelung in seinem eigenen Flügel jedoch hatte ihm von Anfang an gefallen; sie eignete sich vorzüglich für die Räume eines Gentleman. Er besaß sein eigenes Büro und ein langgestrecktes Zimmer, das im Stil eines Herrenclubs eingerichtet war: Es gab bequeme Ledersessel, einen Billard- und einen Kartentisch; über den Kaminsimsen hingen Fotos seiner preisgekrönten Merinos und die Medaillen, die sie gewonnen hatten.
Er trat auf die Veranda, zufrieden, den Frömmlern entkommen zu sein. Er reckte die Arme und machte einige Atemübungen, da er in letzter Zeit ein wenig kurzatmig geworden war. Helle Wolken zogen über den Hügeln jenseits des Tales dahin, doch er wußte aus Erfahrung, daß sie keinen Regen brachten. Nicht ein Tropfen würde auf das ausgedörrte Land fallen. Er schnüffelte … noch keine Anzeichen für Buschbrände.
»Vielleicht bleiben sie uns dieses Jahr erspart«, sagte er.
»Letztes Jahr war es schlimm genug.«
Mit dem üblichen breiten Grinsen brachte Minnie ihm den Tee auf einem Tablett herein. Sie war ein fröhliches Mädchen um die Zwanzig, das seit vielen Jahren als Hausmädchen auf Springfield arbeitete.
»Missus sagt, Sie auch mögen Kuchen, Boß.«
»Ja. Vielen Dank, Minnie. Wie geht es den Schwarzen unten im Lager? Fangen sie auch genügend Fische?«
»Mondzeit«, erwiderte sie nickend. »Fischen jetzt gut.«
»Dachte ich mir. Sag den Jungs, sie sollen dem Boß einen schönen dicken Fisch heraufschicken, ja?«
Sie kicherte. »Ich sag ihnen.« Sie wandte sich zur Tür und hielt dann nervös inne. »Boß … Familien unten ärgerlich wegen Bedeute. Stecken Nase rein, sollen weggehen.«
Austin goß sich Tee ein.
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