Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
schmunzelte.
30
M addie öffnete die Weinflasche.
»Ich weiß ja nicht, wie’s euch geht, aber ich brauche jetzt was zu trinken.«
Mark nickte.
»Auf Tom.« Maddie hob ihr Glas.
»Ja, auf Old Tom.« Mark trank einen Schluck Wein.
Da wurde die Haustür mit Schwung geöffnet, und Tamsin rauschte herein.
»Der Wein sieht gut aus. Könnt ihr ein Gläschen für mich erübrigen?« Sie rückte einen Stuhl heran.
»Klar.« Maddie gab ihr ein Glas.
»Traurig, die Sache mit Old Tom. Er wird mir fehlen, aber wenigstens ist es am Ende schnell gegangen.«
Hannah musste an die Leiche im Krankenhausbett denken. Das war nicht mehr OT gewesen. Sie stellte ihn sich lieber in der Werkstatt vor, nicht so gelb und kalt.
»Wann ist die Beerdigung? Mark, weißt du das schon?«
»Ich habe gerade mit dem Bestattungsunternehmen gesprochen. Vermutlich Ende der Woche.«
»Gut. Das gibt uns Zeit zum Organisieren.« Tamsin trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
»Stimmt. Hannah, weißt du, ob er ein Adressbuch hatte?« Maddie schenkte Mark nach.
Hannah fiel auf, wie Maddie ihn ansah. Hatten sie schon über das Baby geredet? Vielleicht sollte Maddie Mark von ihrer ersten Schwangerschaft erzählen. »Ja, ich glaube, es liegt im Arbeitszimmer.«
»Prima. Wollen wir eine Liste anlegen und alle anrufen?« Tamsin nahm ein Blatt Papier. »Was ist mit den Zeitungen?«
»Schon erledigt.« Mark hob den Blick.
Hannah fand, dass er ziemlich durch den Wind war. Sie hätte nicht gedacht, dass OTs Tod ihn so aus der Fassung bringen würde. Er hatte alles in die Hand genommen wie damals, als Hannah von der Flut eingeschlossen worden war. Er war wirklich ein Fels in der Brandung.
»Ich verzieh mich ins Bett.« Hannah versuchte Tamsin mit Blicken zu signalisieren, dass sie gehen sollte, doch die schien an ihrem Stuhl festgeklebt zu sein.
»Ach. Hast du schon mit Will gesprochen?«, erkundigte sich Tamsin.
»Nein. Er weiß sicher Bescheid, aber ich rufe ihn morgen früh an.«
In ihrem Zimmer strich Hannah weinend über die reparierte Stelle an der alten Schatulle. Warum mussten alle, die sie liebte, sterben oder sie verlassen?
Auf dem Friedhof hatte Hannah keinen Erfolg gehabt. Falls Catherine seinerzeit hier oder in der Kirche beigesetzt worden war, fehlte davon jetzt jede Spur. Hannah fragte sich, ob die Aufzeichnungen der Kirche so weit zurückreichten. Selbst wenn, wäre, das hatte OT ihr ja erklärt, nur der Tod von Catherine dokumentiert, nicht aber der von Thomasina.
Sie legte die Bibel ins Wohnzimmer zurück, wo sie sie vor OTs Tod entdeckt hatte. Er hatte ihr geholfen, die Fäden zu verknüpfen; den Rest musste sie allein schaffen.
Sonnenstrahlen erhellten den Kamin, als sie das Wohnzimmer betrat. Im Licht konnte sie die Stelle an der Holzverkleidung, hinter der sich die Öffnung verbarg, mit bloßem Auge erkennen.
Die Tür öffnete sich mit einem leisen Klicken. Hannah blieb auf der Schwelle stehen. Warum hatte Maddie hier jedes Mal einen solchen Schreck gekriegt? Ja, das Weinen. Das war wirklich unheimlich und total seltsam. Bestimmt kam es vom Wind oder von einem Tier. Aber heute war Wind, und trotzdem hörte Hannah nichts.
Hannah hielt die Tür so auf, dass das Licht der Sonne in die Nische fiel, kniete nieder und ließ die Finger über die Platten gleiten. Zum größten Teil waren sie glatt, doch sie ertastete auch die eine oder andere Vertiefung.
»Was machst du denn da?«, fragte Maddie.
Hannah sprang auf.
»Maddie, ich weiß, dass ich dich für verrückt erklärt habe, wie du das mit dem Weinen gesagt hast, aber ich hab’s auch manchmal gehört.« Maddie kam zögernd näher. »Das war das Weinen eines Babys, nicht der Wind oder eine Katze, stimmt’s?«
Maddie nickte.
»Hörst du’s jetzt?«
Maddie trat durch die Tür und blieb stehen.
Hannah bekam einen trockenen Mund. Es bestand eine Verbindung, das wusste sie. Maddie war eine Penventon, und etwas rief nach ihr. Thomasina.
»Nein, seit ich schwanger war, hör ich’s nicht mehr.«
Hannah nahm Maddies Hand. »Sorry.«
Maddie drückte sie.
»Du hast mal erwähnt, dass das Wohnzimmer im achtzehnten Jahrhundert angebaut wurde, aber weißt du auch, wann der Teil mit dem Esszimmer dazugekommen ist?« Hannah ließ Maddies Hand los und kniete noch einmal nieder.
»Nein. Er ist alt, jedoch nicht so alt wie die Küche. Warum?«, fragte Maddie.
»Ich glaube, auf der Platte hier steht was.«
Maddie runzelte die Stirn. »Merkwürdig. Erinnerst du dich noch, wie
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