Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
befand, den sie nicht sehen konnte. Auf der anderen Seite stiegen die Felder wieder an. Wenn sie die Augen halb schloss, bildeten die unregelmäßigen, von Hecken gesäumten Formen ein willkürliches Muster aus Furchen, bepflanzten Flächen und Weiden.
Durch den Obstgarten ging sie zurück zum Haus. Alle Bäume hingen voller Früchte. Sie versuchte, einen Apfel zu pflücken, doch der hing zu fest am Ast. Wahrscheinlich würde es noch einen Monat dauern, bis die Äpfel und Birnen reif wären. Die Grün-, Rot-, Ocker- und Gelbtöne gefielen ihr. Bald schon würde sie wieder malen.
Auf dem Weg zum Haus versuchte sie, sich an das zu erinnern, was der Anwalt ihr über das Anwesen erzählt hatte. Trevenen hatte mit zwei Zimmern oben und einem Raum unten begonnen und sich zu einem kleinen Herrenhaus entwickelt. Das Gebäude besaß in etwa die Form eines L, wobei die große Küche den unteren Teil des L bildete und sich in den Hof dahinter erstreckte. Dann folgte der Rest des Hauses in einer langen Linie. Sämtliche Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss gingen vom großen Flur ab, und die Diele trennte den alten Teil vom neuen.
Maddie öffnete alle Türen und Fenster weit. Die Zimmer unterschieden sich und hatten jeweils einem bestimmten Zweck gedient, der nun in den meisten Fällen vergessen war. Aus den Dingen, die Daphne hinterlassen hatte, schloss Maddie, wie ihre Wohltäterin die Räume genutzt hatte. Für eine alte Frau allein war die Instandhaltung dieses großen Hauses eine gewaltige Aufgabe gewesen.
Neben der Tür zum Hof hing eine abgetragene Regenjacke, und darunter stand ein Paar ausgelatschter Stiefel. Auf dem Fensterbrett lagen schmutzige Handschuhe, daneben eine Gartenschere. Wie war Daphne gestorben? Hatte sie im Garten gearbeitet, war hereingekommen, um sich eine Tasse Tee zu machen, und umgekippt? So sah es jedenfalls aus. Maddie berührte die Handschuhe und versuchte, sich die Frau vorzustellen, die sie getragen hatte.
Maddie betrat das Esszimmer mit dem wunderschönen langen Tisch und den unterschiedlichen Stühlen. Sie zählte drei im Chippendale-Stil; die anderen stammten vermutlich aus der viktorianischen Zeit. Als sie einen Schrank neben dem Kamin aufmachte, wirbelte ein Luftzug tote Motten vom Porzellan auf. Maddie musste niesen und versuchte erfolglos, mit der Hand den Staub wegzuwedeln.
Sie ging in die große Diele. Sonnenlicht fiel durch das hohe Fenster auf den Boden, so dass die großen Schieferplatten darauf deutlich zu sehen waren. Es handelte sich hauptsächlich um Rechtecke unterschiedlicher Größe mit Adern und Schrammen auf der matten Oberfläche. Maddie gab der Versuchung nach, Himmel und Hölle zu spielen, und sprang auf einem Fuß bis zur Treppe. Am liebsten hätte sie laut gelacht; sie fühlte sich unbeschwert wie seit Jahren nicht mehr. Zwei Stufen auf einmal nehmend lief sie hinauf.
Etwas drückte Hannah im Rücken, durch die Augenlider nahm sie grelles Licht wahr, und der Gestank von Kühen drang ihr in die Nase. Sie war gestorben und wachte in der Hölle auf. Nein, sie lag auf dem Sitz des Wagens. Warum? Ach ja, Maddies toller Plan, in einer Hütte in Cornwall zu leben.
Sie setzte sich auf und blickte sich um. Links von ihr befand sich etwas, das aussah wie ein Stall, und direkt vor ihr eine Ruine mit zwei Wänden, ohne Dach und bestimmt ohne fließendes Wasser. Super. Die böse Stiefmutter hatte sie von London in diese Hölle verschleppt. War das das Haus? Wenn ja, war es der reinste Albtraum, inklusive Fledermäusen und schmachtendem Ökofreak namens Mark, der vergangene Nacht bei ihnen, oder besser gesagt bei Maddie, geblieben war.
Wie lange hatte sie geschlafen? Hannah rieb sich die Augen. Die Sonne stand hoch am Himmel. Wo steckte Maddie? Als Hannah sich nach rechts wandte, entdeckte sie ein riesiges Gebäude mit Dach, ein massiges, uraltes Ding. Sie mochte alte Gebäude; diese Leidenschaft hatte sie von ihrem Dad. Zusammen hatten sie oft vom National Trust verwaltete Anwesen besucht. Jetzt, da sie selbst in einem leben würde, war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie das cool finden sollte. Maddie war es zu verdanken, dass sich einer ihrer Wunschträume erfüllte, aber gefiel ihr das? Die Realität war scheiße.
Sie stieg aus dem Wagen und ließ den Blick über Granit, Fenster und Dachschindeln schweifen. Die Mauersteine schienen an manchen Stellen eine Struktur zu besitzen, von unten nach oben kleiner zu werden, wenn auch nicht überall. Hannah trat einen Schritt
Weitere Kostenlose Bücher