Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
Blick auf das riesige Fenster am einen Ende. Jede der handgefertigten Scheiben rahmte einen anderen Ausschnitt der Szenerie draußen. Große schwarze Balken kreuzten die Decke, die mit verblichener Glanzfarbe gestrichen war. Der ungleichmäßige Gilb der Wände lenkte von den schönen Holzarbeiten ab. Maddie fragte sich, wann der Raum das letzte Mal neu gestaltet worden war. Der Einrichtung nach zu urteilen, in den fünfziger Jahren oder noch früher. Im Kamin befand sich ein viel benutzter und lange nicht mehr geputzter Grill. Sämtliche Oberflächen waren mit Staub bedeckt, und in der Luft hing der Geruch von Verfall.
Maddie beugte sich über die große weiße Spüle und rüttelte am Riegel des Fensters, um die Morgenluft hereinzulassen. In den Ecken des Fensterbretts lagen Haufen toter Insekten, und am Rahmen hing ein Spinnennetz. Von der Spinne keine Spur. Es war, als hätten sämtliche Bewohner von Trevenen das Haus überstürzt verlassen. Maddie entdeckte sogar eine Kanne mit den schimmeligen Überresten dessen, was vermutlich Daphnes letzter Tee gewesen war.
Marks Schritte näherten sich der Küche. Maddie wandte sich, die Tränen unterdrückend, ihm zu. »Danke für die Hilfe. Sie hätten nicht bleiben müssen.«
»Wie könnte ich zwei Frauen in Not allein lassen? Das würde doch meinen Ruf ruinieren«, erklärte er schmunzelnd.
Maddie musste lachen. Sie war sich sicher, dass er seines guten Aussehens und seines charmanten Lächelns wegen einen gewissen Ruf hatte, doch das ging sie nichts an.
Als Mark weg war, sah Maddie nach Hannah, die nach wie vor im Wagen schlief. Gut, dass wenigstens eine von ihnen ausgeruht sein würde. Die Sonne brannte auf den Rasen herunter, der eher einer Wiese ähnelte, und auf den Garten, in dem mehr Unkräuter als Blumen wuchsen, aber von außen wirkte das Haus freundlich.
Bei einem Rundgang durchs Innere legte Maddie im Kopf eine Liste der zu erledigenden Dinge an. Eine Kletterrose, die durch ein zerbrochenes Fenster gewachsen war, überwucherte den Bogen vor dem Haus. Einzelne Ranken wanden sich zu dem kleinen Nebengebäude hinüber. Maddie setzte das zerbrochene Fenster auf ihre gedankliche Liste und ging weiter.
Die Fassade von Trevenen schien renoviert worden zu sein. Von vorn versuchte das Haus, streng, fast georgianisch zu wirken, anders als an der Rückseite, die deutlich auf die mittelalterlichen Anfänge des Gebäudekomplexes verwies. Maddie trat ein paar Schritte zurück, um ihr Haus in seiner Gesamtheit zu betrachten, und wiederholte: mein Haus . Dieses alte Gemäuer gehörte ihr. Seine windschiefe Fassade brachte sie zum Schmunzeln, hatte aber wohl denjenigen, der sie in strenge Balance bringen wollte, verärgert. Obwohl letztlich nichts zusammenpasste, besaß das Resultat der Bemühungen mit den hohen georgianischen Fenstern, in denen sich das Morgenlicht spiegelte, einen gewissen Reiz.
Das Licht ließ die Stelle des Gebäudes deutlich hervortreten, an der angebaut worden war. Im neueren Teil waren gleichmäßigere Steine verbaut worden. Als Maddie mit der Hand über die Anschlussstelle strich, bekam sie eine Gänsehaut, weil ein leises, klagendes Geräusch an ihre Ohren drang. Sie sah sich nach der Quelle um, konnte aber nur den sonnenbeschienenen Garten erkennen. Eine Wespe summte träge um ihre Beine.
Sie wandte blinzelnd den Blick vom Haus ab. Das Geräusch verstummte. Achselzuckend schlenderte sie auf die große Kiefer auf der anderen Seite des Gartens zu. Ihre Äste ragten asymmetrisch in den Himmel. Das dazwischen durchblitzende Blau weckte einen kreativen Impuls in ihr, den sie jedoch beiseiteschob. Heute war kein Tag zum Malen. Sie musste dieses Haus kennenlernen und putzen, bevor in der folgenden Woche ihre Habseligkeiten eintrafen.
Maddie schob sich durch eine Lücke in der Hecke in den Teil des Grundstücks, der früher vermutlich der Küchengarten gewesen war. Überall leere Gemüsestangen und wucherndes Gras. Als sie ein Beet genauer inspizierte, entdeckte sie Spinat, der sich selbst angesät haben musste. Es würde sie nicht allzu viel Mühe kosten, diesen Garten auf Vordermann zu bringen. Vielleicht konnte sie Hannah dafür begeistern. Ihn herzurichten wäre harte Arbeit, doch die würde sich lohnen.
Maddie richtete sich auf. Auf der anderen Seite des Gartens standen nur wenige Bäume, so dass sich ein weiter Blick bot. Sie betrachtete die Felder, die zu einer tiefen bewaldeten Senke hin abfielen. Maddie vermutete, dass sich dort ein Bach
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