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Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Titel: Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Wieder schluchzte sie zum Steinerweichen. »Wie konnte ich ihm nur ins Gesicht blicken und ihn nicht erkennen?«

7 D IE F ESTE G ORKEN

    Gautier trieb seine Abteilung immer wieder zur Eile an. Er wollte nach Monaten der Verzögerung endlich Gorken erreichen und Faraday persönlich und unversehrt Bornheld übergeben. Er ließ bei jeder Rast nur so lange halten, bis die Pferde ein wenig erholt waren und die Soldaten ihre Mahlzeit aus dünnem Haferschleim und hartem Brot hatten hinunterschlingen können. Und an den Proviantstationen entlang der Straße gönnte er seiner Truppe nicht mehr Pause, als nötig war, um die Rösser zu füttern und die Vorräte aufzufrischen. Als geborener Soldat und Krieger konnte Gautier, je näher sie der Festung kamen, die bevorstehende Schlacht immer deutlicher riechen.
    Seine Züge waren noch verkniffener geworden und inzwischen bleich vor Kälte. Seine hellgrauen Augen blickten über den Rand des Schals, den er sich vor das Gesicht gebunden hatte. Den ganzen Tag jagte er sein erschöpftes Roß die Marschkolonne hinauf und hinunter. Unentwegt fluchte der Leutnant und trieb seine Soldaten an, ihre Pferde etwas härter ranzunehmen. Jedes Tier, das sich am Morgen als zu schwach für den Weiterritt erwies, wurde auf der Stelle getötet. Als seine Soldaten sahen, wie gnadenlos Gautier die Rösser behandelte, setzten viele von ihnen lieber eine halbwegs frische Miene auf, wenn er wieder einmal an ihnen vorbeipreschte.
    Seit Skarabost hatten Kälte und Schnee eingesetzt, und mittlerweile zogen sie durch das schlimmste Wetter, das Faraday je erlebt hatte. Der Schmied, der sich in ihrer Truppe befand, mußte die Hufeisen schließlich mit Eisendornen beschlagen, damit die Pferde auf der vereisten Straße vorankommen konnten. Wenn die Edle morgens nach einer weiteren zitternden und schlaflosen Nacht aufwachte, hörte sie beim Zurückschlagen der Decke das leise Splittern der dünnen Eisschicht, die sich nachts auf dem Stoff gebildet hatte. Während des Marsches wurde nur das Nötigste gesprochen. Alle hatten sich Tücher oder Schals vor Mund und Nase gebunden, damit die eisige Luft nicht zu sehr in der Lunge brannte. Und jeder schloß die Augen zu schmalen Schlitzen, wenn die Sonne einmal die dichte niedrige Wolkenschicht durchdrang und der funkelnde und glitzernde Schnee sie blendete. Aber ganz gleich, wie warm sie sich anzogen, dem Wind gelang es stets, durch die Schichten hindurchzukommen und bis ins Mark vorzudringen. Die Pferde ließen die Köpfe hängen, während sie automatisch einen Huf vor den anderen setzten. Eiszapfen hatten sich vor ihren Nüstern gebildet und an den langen Haaren ihrer Mähnen.
    Immer neue Gruppen von Bürgern kamen ihnen entgegen, die aus der Stadt Gorken nach Süden flohen. Die Kriegsvorbereitungen und die sich häufenden Überfälle der Geister auf die Patrouillen hatten die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Wem immer es möglich war, der packte seine Siebensachen und zog so weit wie möglich fort. Die hochbeladenen Wagen blockierten oft die ganze Straße. Gautier zwang sie mit ihrer Habe in den Schnee am Straßenrand, um Platz für seine Truppe zu schaffen. Nicht selten blieb ein solcher Wagen dann in den Schneewehen stecken. In ihrer Panik nahmen die Besitzer alles Eßbare und die Decken herunter und setzten ihre Flucht zu Fuß fort. Faraday fragte sich bei solchen Szenen ängstlich, wie viele von ihnen die Flucht wohl überleben würden.
    Am merkwürdigsten erschienen ihr aber die gelegentlich auftauchenden Züge von Rabenbundern. Die Edle hatte schon so manche Geschichte über diese wilden und barbarischen Stämme gehört, die hoch im Norden im Packeis auf die Jagd gingen. Aber die Menschen, die hier auf ihren kleinen gelben Pferden herangeritten kamen, erschienen ihr noch ungezähmter, als Gautier sie ihr beschrieben hatte. Ein jeder von ihnen, gleich ob Mann oder Frau, hatte sich das Gesicht mit blauen und schwarzen Linien tätowiert und in ihr Haar und die Mähnen ihrer Rösser grüne und blaue Glassplitter und winzige Glöckchen hineingeflochten. Einer der Aufklärer meldete, daß noch größere Schwärme Rabenbunder abseits der Straße über die westliche Ebene Ichtars unterwegs seien. Faraday fragte sich, welche Macht ein ganzes Volk dazu bewegen konnte, die Heimat aufzugeben.
    Timozel ritt unmittelbar vor ihr und versuchte so, sie ein wenig vor dem beißenden Wind zu schützen. Sein einziger Lebenszweck schien darin zu bestehen, die Edle

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