Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
Schrecken, daß es sich dabei um denselben handelte, der nun an ihrer Hand steckte. Der Herzog wandte sich an die Hebammen und steckte das Symbol seiner ruinierten Ehe ein. »Mir ist es gleich, wenn beide das Leben verlieren. Versucht nicht, sie um meinetwillen zu retten.«
Damit verließ Searlas den Raum. Die Tür fiel hinter ihm so schwer ins Schloß, daß sie erbebte.
Die ältere der beiden setzte sich zu Rivkah auf die Bettkante. Sie nahm ihre Hand und sprach leise, aber eindringlich auf sie ein: »Herrin, wir können immer noch Euer Leben retten. Gebt uns die Erlaubnis, den Säugling zu zerschneiden. Er ist gewiß nicht mehr am Leben. Wenn wir ihn aus Eurem Leib entfernen, seid Ihr gerettet …« Fast flehentlich fügte sie hinzu: »Bitte, laßt uns das für Euch tun.«
Rivkah richtete sich mit erstaunlicher Entschiedenheit auf und griff der Hebamme mit der freien Hand ins Haar. »Wenn Ihr meinem Kind etwas antut, werde ich bis über das Grab hinaus Euch und die Euren heimsuchen. Habt Ihr mich verstanden? Ihr werdet dem Säugling nicht schaden!«
Die Frau nickte erschrocken. »Dann versucht jetzt, ihn richtig herum zu drehen!« stöhnte die Hochschwangere. »Gebt Euch Mühe, verdammt nochmal!« Die Hebamme kniete sich ans Bettende und holte tief Luft.
Was dann passierte, war ein Alptraum. Rivkahs Schreie hallten durch den Raum wider, bis er von ihnen vollständig ausgefüllt war. Faraday spürte, wie Axis unter ihren Armen zuckte. Das Leiden seiner Mutter bereitete ihm höchste Qualen. Die Edle hielt ihn so fest, wie sie nur konnte, und preßte gleichzeitig ihre Ohren zwischen seine Brust und seinen Arm, um die furchtbaren Schreie der Frau auszusperren.
Endlich war die Hebamme fertig, ihr rechter Arm war rot von Blut bis hinauf zum Ellenbogen. »Bei Artor, das wäre vollbracht«, erklärte sie heiser. Rivkah schluchzte noch vor Zerrissenheit. Ihre Helferin spülte sich die Arme ab, ließ sich dann wieder auf der Bettkante nieder und strich der werdenden Mutter über die Stirn, auch wenn das kaum beruhigen konnte. »Ich habe ihn gedreht, Herrin. Wie er solange überleben konnte, ist mir ein Rätsel. Wenn Ihr noch etwas Kraft in Euch habt, dann bringt ihn jetzt zur Welt. Aber eilt Euch, sonst überlebt Ihr beide diesen Tag nicht.«
Rivkah biß sich auf die Unterlippe und preßte so hart, wie sie nur konnte. Da schaute die andere Hebamme plötzlich hoch: »Er kommt, Marta!« Ein Blutfleck breitete sich immer rascher auf dem Laken rings um den Unterleib Rivkahs aus. Marta eilte ans Bettende zurück, und mit ihrer Hilfe glitt wenig später ein Säugling in die Hände der wartenden Frauen. »Die Nabelschnur hat sich ihm um den Hals gelegt!« mahnte sie. »Rasch, gebt mir das Messer.« Sie schnitt sie durch, damit das Neugeborene atmen konnte.
Mit letzter Kraft richtete die junge Mutter sich auf und stützte sich auf ihre Ellenbogen. »Bitte … lebt er?«
Die Tür öffnete sich geräuschlos, und die beiden Hebammen hoben den Kopf. Was sie dort sahen, konnte Faraday aus ihrem Blickwinkel nicht erkennen. Aber Marta nickte unmerklich, nahm ein Tuch und wickelte den blau angelaufenen und reglosen Säugling darin ein. Dann drückte sie sich das kleine Bündel an die Brust. »Es tut mir so leid, Herrin, aber die Nabelschnur hat ihn erstickt.«
Rivkah stöhnte laut und streckte die Hände aus. »Bitte, laßt ihn mich halten, nur einmal.«
Aber Marta erhob sich, ohne ihr das Bündel zu reichen. »Nein, Herrin, das wäre nicht gut für Euch. So kommt doch!« ermahnte sie die andere, und die beiden verließen rasch, und ohne einen Blick zurückzuwerfen, die Kammer.
»Neiiiin!« schrie die Mutter hinter ihnen her. »Gebt mir mein Kind! Bitte gebt mir doch mein Kind!« Kraftlos versuchte sie, die Hebammen aufzuhalten, und fiel dabei fast aus dem Bett. Sie war ein Bild des Jammers. Keuchend und schluchzend lag sie da und warf ihren Kopf besinnungslos hin und her.
Faraday machte Anstalten, ihr zu Hilfe zu eilen, aber Axis hielt sie fest. »Nein«, flüsterte er eindringlich, »ich will erfahren, was noch passiert ist.«
Endlich war es seiner Mutter gelungen, sich wieder auf ihr Bett hochzuziehen. »Hilfe!« krächzte sie, ohne jede Hoffnung, gehört zu werden. »Helft mir! Sie haben mir mein Kind gestohlen, mein kleines Kind!«
Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal, und Rivkah hob den Kopf. »Ihr?« entfuhr es der Frau, und alle Hoffnung schwand aus ihrer Miene. »Das hätte ich mir denken können. Seid Ihr
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