Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
einander berichten und erklären müssen, was wir in der Zeit, in der wir uns aus den Augen verloren hatten, gesehen und erlebt haben. Ich bin plötzlich der Sohn eines ikarischen Zauberers, und Ihr …« Er lächelte. »Ihr seid mit einem awarischen Zauberer namens Ramu herumgezogen, oder etwa nicht?«
Faraday riß Mund und Augen auf. »Woher wißt Ihr davon?«
»Ich bin ihm in Smyrdon begegnet, aber das ist eine ganz andere Geschichte, und die gehört jetzt nicht hierher. Nein, fürchtet nichts, Ramu und das Mädchen sind wohlauf und längst wieder in ihrer Heimat.«
Die Edle trat zum Bett, rückte die Matratze gerade und ließ sich darauf nieder. »Ich schulde Euch wohl doch noch die eine oder andere Erklärung, Axis Ikarison«, begann sie mit einem leichten Lächeln. »Wenn Ihr bereits soviel über den Sternenmann wißt, daß Belial Euch so nennt, dann habt Ihr sicher auch von den Wächtern erfahren, nicht wahr?«
»Aber ja, Ogden und Veremund.«
Faraday lächelte schon in sich hinein, weil sie sich den Schock gut vorstellen konnte, den sie ihm jetzt bereiten würde. »Jack, der Schweinehirt, dem Ihr am Wald der Schweigenden Frau begegnet seid, gehört auch zu den Wächtern. Und ebenso die Katze, die Euch überall hin folgte. Sie heißt Yr und tritt inzwischen in einer Verkleidung auf – als meine Zofe!«
Aber der Krieger schaute nicht verwundert drein oder lächelte verlegen. »Dann haben Euch also zwei Wächter an den Grabhügeln von mir fortgelockt?«
Faraday nickte. »Und mir bis hierher beigestanden.« Sie wagte sich nicht auszumalen, wie Axis es wohl aufnähme, wenn sie ihm gestand, daß die Wächter sie geradezu gezwungen hatten, Bornheld zu heiraten und unter allen Umständen bei ihm zu bleiben. Vor allem jetzt, da sie mit dem Gedanken spielte, ihren Schwur zu brechen und dem Mann zu folgen, den sie wirklich liebte. Doch wenn die Edle nüchtern nachdachte, wußte sie, daß sie richtig gehandelt hatte. Der Herzog ärgerte sich zur Zeit maßlos über Axis’ wachsende Beliebtheit bei den regulären Truppen. Nur sie konnte ihn durch Schmeicheleien oder geflüsterte süße Worte davon abhalten, zur nächstbesten Waffe zu greifen und dem Halbbruder zwischen die Schultern zu stechen, sobald dieser ihm den Rücken zukehrte. Mochte die Ehe mit Bornheld Faraday auch ihres persönlichen Glücks berauben, so war ihr doch klar, daß sie Axis mit diesem Opfer jeden Tag von neuem das Leben rettete. Jetzt mußte sie ihn nur noch davon abhalten, seinerseits Bornheld das Leben nehmen zu wollen.
Der Krieger ahnte nichts von ihren Gedanken, weil er zu sehr mit seinen eigenen Überlegungen beschäftigt war. »Was meint die Prophezeiung damit, wenn sie in der zweiten Strophe sagt ›Die Wächter werden auf Erden wandeln, bis Macht ihre Herzen verdirbt‹? Werden sie mich verraten?« Nun, da ihr Gespräch auf die Wächter gekommen war, sorgte Axis sich wieder um die Worte der Weissagung und ihre geheime Bedeutung.
»Ach was, gewiß nicht! Die Wächter sind doch zur Zeit die einzigen, die uns leiten und zur Seite stehen.«
Und doch hüllten sie sich in ebenso viele Rätsel wie die Prophezeiung, dachte der Axtherr. Er trat wieder vor den Kamin und folgte mit seinen Augen dem Muster der Steine. »Die Prophezeiung ist über uns gekommen und hält uns fest im Griff, Herrin. Beten wir darum, daß wir eines Tages wieder unser eigenes Leben führen dürfen.«
Faraday gefiel nicht, wie düster die Stimmung des Kriegers geworden war. »Warum seid Ihr in dieses Haus gekommen, Axis? Als ich Euch von der Burg hierher folgte, ahnte ich noch nicht, daß Ihr Euch an diesem Ort mit Bruder Franz treffen wolltet.«
Er hielt ihr die Hand hin. »Ich will Euch zeigen, was mich hergezogen hat.«
Sie erhob sich zögernd und ergriff seine Rechte. »Ihr braucht keine Angst zu haben«, lächelte Axis. »Im Moment habe ich nämlich eine andere Frau im Sinn.«
Faraday sah ihn verwirrt an, folgte ihm aber in die dunkle Ecke, wo die Feuerstelle tief im Schatten lag. »In diesem Raum wurde ich geboren, Herrin. Vielleicht enthält er ja noch Erinnerungen an diesen Tag. Kommt, stellt Euch dicht neben mich.« Er legte einen Arm um sie und zog sie so nah an sich heran, bis auch sie beide vom Schatten verschluckt waren. »Was immer auch jetzt geschieht, Faraday, gebt keinen Laut von Euch. Ich will Euch nämlich ein wenig ikarische Zauberei vorführen.«
Zunächst einmal aber tat er gar nichts, und Faraday sah ihn schon verwundert an. Sein Blick
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