Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
auf. »Ihr werdet den Sieg erringen. Und nicht Axis. Den benötigen wir gar nicht dazu.«
Die Miene des Herzogs zeigte an, wie gern er sich davon überzeugen ließ. Ja, Timozel mußte einfach die Wahrheit sprechen. »Richtig, wir brauchen den Axtherrn nicht. Ich werde auch ohne ihn siegen!«
»Ja, das werden wir «, bestätigte Timozel, und der Fanatismus stand ihm wieder im Gesicht geschrieben, »denn wir kämpfen unter dem Schutz Artors!«
An diesem Tag wagten sich keine Skrälinge mehr an sie heran.
14 I N DEN H ÄNDEN DER M UTTER
Da sowohl ihr Gemahl als auch ihr Ritter sich auf Patrouille befanden, wollte Faraday die freien Stunden nach bestem Vermögen nutzen. Seit sie sich mit Axis in der Zuflucht getroffen hatte, fühlte sie sich viel ruhiger und im Frieden mit sich selbst. Die Edle spürte aber auch die wachsende Anspannung unter den Soldaten und ihren Offizieren. Jeder rechnete täglich mit dem Großangriff der Kreaturen auf Gorken. Doch das berührte die Schöne nur am Rande. Axis liebte sie, sie liebte ihn, und mehr brauchte sie nicht für ihr Seelenheil.
Yr und Faraday hatten sich in ihr Schlafgemach zurückgezogen. Faraday sammelte alles zusammen, was daran erinnerte, daß Bornheld nachts hier auftauchte. Ein altes Paar bequemer Stiefel, ein Unterhemd, das dringend geflickt werden mußte, Bornhelds zweitbestes Langhemd und sein Rasierzeug, das alles wanderte in eine der Truhen.
»Fertig«, erklärte sie schließlich zufrieden und wandte sich an ihre Freundin. »Er ist fort, und wir sind endlich allein, der Mutter sei Dank.« Faraday trat an ihre eigene Truhe, kramte darin herum und holte die Zauberschale aus ihrem Versteck. »Endlich haben wir beide Zeit füreinander«, sagte sie leise und strich zärtlich über den Holzrand.
Seit Jervois hatte die Edle keine Gelegenheit mehr gefunden, sich mit der Schale zu befassen. Entweder hielt ihr Gemahl sich gerade in der Nähe auf, oder sie hatte sich mit Axis treffen müssen, oder sie hatte sich einfach nicht danach gefühlt, mit der Mutter in Verbindung zu treten. Inzwischen spürte Faradays es geradezu in den Knochen, daß sie bald wieder die Schale benutzen mußte, weil sie sonst nie wieder Gelegenheit dazu finden würde.
Sie winkte der Katzenfrau zu, sich aufs Bett zu setzen. »Dazu brauche ich Eure Hilfe nicht.« Faraday hatte sich ein loses Gewand übergestreift, das sie rasch ausziehen konnte. Und ein Krug Wasser stand ebenfalls bereit. Die Edle löste ihr Haar, befreite sich aus dem Kleid und warf es Yr zu. Faraday wirkte schmaler und blasser als vor ihrer Vermählung. Die Sorge um Axis dämpfte ihren Appetit, und Bornheld hielt sie oft genug nächtens zu lange wach.
Faraday warf einen Blick auf die Wächterin. Heute konnte sie weder den Ausdruck ihrer Augen noch ihre Miene deuten. Sehr zu Yrs Unbehagen hatte Faraday es in letzter Zeit gelernt, die Gedanken der Katzenfrau fast ebenso sicher zu erraten, wie sie die ihren lesen konnte. Manchmal, wenn Yr ihren Gedanken freien Lauf ließ, erfuhr das Mädchen einige wirklich kurzweilige Dinge. Faraday lächelte leise. Die Vorlieben und Talente der Katzenfrau hatten Zeit bis später. Jetzt galt es, Wichtigeres zu erledigen.
Die Edle kniete sich hin, stellte die Schüssel vor sich und goß Wasser hinein. Dann schnitt sie sich in den Daumen, bis ein Blutstropfen hervortrat.
»Möge dieses Blut meinen Bund mit der Mutter erneuern«, sprach Faraday leise und vertiefte sich so sehr in ihr Bemühen die Verbindung herzustellen, daß ihr Blick ins Leere starrte, »möge er mich an meinen Treu- und Diensteid der Mutter gegenüber erinnern. Und möge er mich ihr näherbringen.«
Sie senkte ihr Haupt und ließ den Tropfen in das Naß fallen. »Mutter, mit diesem Blut sollt Ihr heute für mich erwachen«, sprach sie, und das Wasser in der Schüssel flammte smaragdgrün auf. Stärke und Macht strömten durch die junge Frau. Sie nahm die Schüssel mit beiden Händen auf und erhob sich. Als Faraday gerade dastand, streckte sie die Arme nach oben. Das grüne Licht erfüllte den ganzen Raum.
»Mutter«, sprach die Edle voller Freude und schloß die Augen. Die Urkraft strömte mit Macht in ihren Körper, und sie trat durch das Tor.
Von einem Moment auf den anderen war sie verschwunden. Nur die Schale hing noch in der Luft und verbreitete mit dem Rhythmus und der Stärke eines Riesenherzens ihr grünes Licht. Yrs Erstaunen war grenzenlos, und sie wäre beinahe aufgesprungen. So war das doch nicht vorgesehen! Bei
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