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Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Titel: Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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ihm seine Kehle. Er schloß die wunderschönen Augen. Er wollte nicht mit ansehen, wie der Aware ausholte, um zuzustechen.
    Sternenströmer stimmte ein neues Lied an und drückte darin sein Staunen über den Großmut des Hirsches aus, der sein Leben gab, damit die Sonne wieder an Stärke gewönne. Als das Lied verklungen war, legte Ramu dem Bock eine Hand auf die Stirn und die andere auf seinen zuckenden Hals.
    »Dank Euch für dieses Opfer, das Ihr aus freien Sinnen für uns bringt. Noch in dieser Nacht werdet Ihr mit der Mutter vereint sein«, sprach der Aware langsam, hob dann den Kopf und rief der Menge zu: »Seid Zeuge dieses Opfers, das unser Freund, der Hirsch, aus freien Stücken der Sonne gibt. Damit sie am Ende dieser langen Nacht erwache und genug Kraft finde, um sich für den Frühling zu stärken. Freund Sonne, nehmt diese Gabe an!«
    Als er die Klinge mit aller Kraft in den Hals des Tiers stieß, spritzte Blut in hohem Bogen heraus, und der Hirsch stöhnte und brach zusammen. Während sein Lebenssaft hinausrann, sang Sternenströmer wieder mit Beglückung in der Stimme, und er warf die brennende Fackel, die er die ganze Zeit gehalten hatte, hoch in die Luft.
    Im selben Moment entflammte der gesamte Steinkreis rund um den Erdbaum.
    Axis schritt mit angespannter Miene die Mauer entlang. Nachdem der Wind sich gelegt hatte, war auch der Schnee ausgeblieben. Dafür schob sich der furchterregende Nebel an die Mauern, der für gewöhnlich die Skrälinge ankündigte. Die Nacht war hereingebrochen, und ihre Dunkelheit verstärkte die Undurchdringlichkeit des Dunstes. Belial beobachtete, wie sein Freund bei den Zinnen auf und ab lief und nur gelegentlich anhielt, um wieder vergeblich in die Finsternis zu spähen. Die Wächter in der Stadt und in der Festung hatten überall entlang der Mauern Fackeln angezündet. Doch selbst diese Lichterperlenkette vermochte die wachsende Angst nicht zu verstecken. Alle Soldaten standen mit wachen Sinnen bereit. Einige bestiegen gerade Leitern, um auf die Wehrgänge zu gelangen, andere legten ihre Waffen an. Wieder andere reckten in den Barrikaden die Köpfe, die man für den Fall errichtet hatte, daß die Mauern durchbrochen oder überwunden würden und die Überlebenden gezwungen sein sollten, sich durch die gewundenen Gassen zur Festung zurückzuziehen.
    Axis schlug mit der Faust gegen den Stein. Was ging dort draußen vor? Er erinnerte sich an die Nacht, in der der Zerstörer dem Zug der Axtschwinger die Furchtwolke entgegengeschickt hatte. Und er glaubte, schon wieder im Nebel das Schlagen mächtiger Schwingen zu hören. Rasch suchte der Stadtbefehlshaber den Himmel ab. Ob Gorgrael seine Kreaturen auch noch mit Flügeln ausstattete? Bei der Vorstellung von Skrälingen, die vom Himmel herabstießen, überkam ihn eine Gänsehaut.
    Was trieb der Zerstörer gerade? Worauf wartete er noch?
    Enttäuscht von der Unmöglichkeit, etwas erkennen zu können, gab Axis einem plötzlichen Impuls nach, riß eine der brennenden Fackeln aus ihrer Halterung und schleuderte sie mit aller Kraft hinaus in den dichten Dunst. Tausende von Geistern wurden nun sichtbar, die vor dem Feuer flohen, das wirbelnd auf die Erde fiel. Ihre silbernen Augen rollten vor Panik in den Höhlen, und ihre wispernden Stimmen heulten und kreischten jetzt.
    Und als die Flammen auf dem gefrorenen Schneeboden ausgingen, stoben Gorgraels Kreaturen zum Angriff herbei.
    Aschures Aufmerksamkeit war ganz auf die wirbelnde Fackel und das entflammte Steinrund gerichtet. Und so merkte sie zuerst gar nicht, daß der Erdbaumhain angegriffen wurde. Schreie und Rufe drangen unvermittelt an ihr Ohr, aber erst als Pease sie am Arm zog und sie mit sonderbar erstickter Stimme zu etwas aufforderte, begriff Aschure, daß irgend etwas anders als geplant verlief. Zwei Geisterwesen, Skrälinge, hatten ihre Klauen in den Oberkörper der Awarin gebohrt, und entsetzlich lange Reißzähne gruben sich in ihren Hals und ihre Schultern. Peases Hand zuckte an Aschures Arm, während ihr ganzer Körper sich aufbäumte. Während sie mit den Augen um Hilfe flehte, drang ihr Blut aus Mund und Nase.
    Die Acharitin riß sich von der Awarin los und war viel zu entsetzt, um schreien zu können. Wie in Trance wich sie vor der Szene zurück, nicht in der Lage, den Blick von Peases Todeskampf zu wenden. Die Alptraumgestalten rissen wie von Sinnen an ihrem Fleisch. Pease verdrehte die Augen und kippte nach hinten. Einer der Skrälinge hob den Kopf, rülpste und

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