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Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02

Titel: Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Geschwaderführer stellten rings um den Wald und auf den Klippen Posten auf, die nach Anzeichen für einen Angriff Ausschau halten sollten. Alle awarischen Kinder unter zwölf Jahren wurden sofort in den Süden Awarinheims geführt – die Ikarier brachten zu solchen Fest nie ihren Nachwuchs mit. Kein Volk konnte überleben, wenn seine Kinder umgebracht wurden.
    Mit Einbruch der Nacht wurde dann mit den Riten begonnen. Aschure hielt sich am äußeren Rand der Versammlung vor dem Erdbaum auf. Bei ihr befanden sich Goldfeder, ihre Tochter Abendlied und Pease. Sie spürte, wie die Awaren und Ikarier etwas ruhiger wurden, sobald die ersten Worte des vertrauten Rituals gesprochen waren. Die ikarischen Zauberer, allen voran Sternenströmer, stellten sich mit der awarischen Priesterin in einem Kreis um das Steinrund vor dem Erdbaum auf. Sie trugen zu diesem Anlaß Dunkelrot, die Flugwesen nur lange Röcke – sogar ihre Frauen zeigten sich barbusig –, während die Awaren sich in lange Roben geworfen hatten, die bis zum Boden reichten. Eine flammende Sonne zierte die Brust Sternenströmers. Er verließ jetzt den Kreis und nahm eine nicht entzündete Fackel von einer der Säulen. Einen Augenblick lang blieb er so stehen und hielt den Kopf in Gedanken oder im Gebet verloren gesenkt – dann schossen Flammen aus ihr. Er zeigte der Versammlung das Feuer und umschritt das Steinrund, damit alle es sehen konnten. Schließlich blieb er vor einer awarischen Magierin stehen, die eine Harfe bereithielt. Als sie die ersten Töne anschlug, öffnete er den Mund und sang.
    Seine Worte gehörten einer uralten Sprache an, die Aschure noch nie vernommen hatte. Doch nach ihrer ersten Verwirrung stellte sie fest, daß sie viele Worte verstand. Sternenströmer besang die Glorie der Sonne und das Leben, das sie denen schenkte, die in ihrem Licht wohnten. Er beklagte ihren alljährlichen Tod und bejubelte ihre Wiedergeburt in der Nacht der Wintersonnenwende. Nach einer kleinen Pause kündete der Zauberer von der Abhängigkeit des Erdbaums, von der Erde selbst und von allem Leben, das sie trug, von der Gesundheit und dem Wohlergehen des Himmelssterns. Er sang von den Mysterien der Sonne und von der Weise, die sie vor sich hin summte, wenn sie über die Himmel zog. Von den Sternen und von den unzählige anderen Sonnen, die sich alle zu den Klängen des Sternentanzes wiegten, der selbst eines der Sieben Großen Mysterien war. Die Stimmen der anderen Zauberer fielen ein und begleiteten ihn. Sternenströmers Gesang drang klar und deutlich daraus hervor und pflanzte sich in die Herzen aller im heiligen Hain, flog über sie davon und schwebte hinauf zum Firmament.
    Aschure weinte. Die Stimme des Zauberers brachte alle Saiten ihrer Seele zum Klingen, und sie spürte, wie ihr Blut zu seiner Musik vibrierte.
    Schließlich erstarb sein Lied, und er wandte sich an die Zauberer und Zaubererpriester. »Was können wir der Sonne bieten, auf daß sie ermutigt werde, morgen erneut zu leben?«
    Die Führer der beiden Völker antworteten wie aus einem Mund: »Wir vermögen der Sonne die Stärke zu geben, sich am Morgen wieder in den Himmel zu erheben.«
    »Ja, das können wir«, flüsterte Sternenströmer nur, und doch erreichte seine Stimme die Ohren aller. »Wir vermögen der Sonne die Stärke zu geben, sich am Morgen wieder in den Himmel zu erheben. Indem wir ihr unser Blut schenken.«
    Aschure fiel eine Bewegung am Rand des Hains auf, dort wo sich Awarinheim und Eisdachalpen vereinten. Langsam und mit unvergleichlicher Würde näherte sich von dort ein Hirsch. Er stand in der Blüte seines Lebens. Sein Fell glänzte dunkel rotbraun auf dem Rücken, wurde an den Seiten immer heller und zeigte sich am Bauch in gelblichem Weiß. Ein mächtiges zwölfendiges Geweih schwankte beim Gehen auf seinem Haupt. Der Bock blieb kurz am Rand der Versammlung stehen und schaute wissend in die Runde. Dann suchte er sich seinen Weg durch die Waldläufer und Vogelmenschen auf den Steinkreis zu.
    Als der Hirsch auf die Zauberer zuschritt, sangen sie für ihn ein Lied der Liebe und der Unterstützung, der Zuneigung und Dankbarkeit – einen Gesang der Verneigung vor dem Opfer, das dieses Tier ihnen darbrachte.
    Der Bock lief durch die Reihe der Magier und blieb dann vor Sternenströmer stehen. Der Ikarier streckte eine Hand aus und berührte kurz seine Stirn, um ihn zu segnen. Dann nickte er Ramu zu, der sich mit einem langen Messer näherte. Der Hirsch fiel auf die Knie und bot

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