Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
entdeckte das neue Opfer.
In diesem Moment brach Aschures Bann. Sie drehte sich um und rannte, was ihre Beine hergaben.
Sie lief über Lichtungen voller Chaos und Entsetzen, voller Blut und fressenden Ungeheuern. Als der Steinkreis entflammt war, hatten die drei Skräbolde, die den Angriff gegen das Jultidenfest leiteten, Tausende Geister in den Erdbaumhain geschickt. Erst der unfaßbare Anblick von Wächterleibern, die über die Klippen geworfen wurden, hatte Awaren und Ikarier auf sie aufmerksam werden lassen. Die herabfallenden Leichen verletzten die Lebenden, und ein unheimliches Knacken von Knochen und Flügeln erfüllte die Luft. Die Waldläufer und Vogelmenschen schrien und liefen in ihrer Panik durcheinander, während die Skrälinge sich in wahren Horden aus dem Wald und von den Klippen auf sie stürzten.
Die Geschwaderführer verloren lebenswichtige Minuten damit, ihre Soldaten zu sammeln. Diese Zeit nutzten die Angreifer, sich durch die Menge zu fressen, denn sie wollten die Zauberer und Magier am Steinkreis und dann den Erdbaum selbst erreichen.
Weitsicht brüllte vor Wut und Enttäuschung, während sein Geschwader sich in kleinen Grüppchen nach und nach in die Lüfte erhob. Er legte einen Pfeil auf die Sehne und schrie jetzt erst recht seine Hilflosigkeit hinaus. Wie sollte er in diesem Gewimmel eine freie Schußlinie auf einen Angreifer erhalten? Zu leicht hätte er einen der Seinen treffen können. Die Szene unter ihm verwandelte sich mehr und mehr in ein vollkommenes Chaos. Überall sahen sich Awaren und Ikarier Gruppen von Geisterwesen gegenüber. Einige Vogelmenschen kämpften sich mit letzter Kraft nach oben, die meisten von ihnen hatten furchtbare Wunden am Körper oder an den Flügeln. Die Awaren konnten nicht fliegen, und sie wurden erbarmungslos niedergemacht.
Die drei Skräbolde heulten vor Begeisterung. Immer wieder sprangen sie einen Ikarier an, dem es irgendwie fast gelungen war, sich aus dem Gewimmel zu befreien und sich in die Lüfte zu erheben. Mit ihren langen Klauen zerfetzten sie im Nu seine Schwingen. Aber das betrieben die Skräbolde nur zum Zeitvertreib. Denn sie hatten heute nacht eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und die bestand nicht allein darin, das Jultidenfest zu stören. Aufreizend langsam näherte das Trio sich dem Steinkreis. Dabei waren sie klug genug, die Flammen zu meiden. Verdrossenheit stand in ihren großen silbernen Augen. Sie waren zu spät gekommen, hatten gehofft, die Feier zu etwas früherer Zeit stören zu können, als die Fackeln am Steinrund noch nicht in Brand gesetzt gewesen waren. Aber der Sternenströmer hatte das Feuer schon in die Luft geworfen, ehe sie eingreifen konnten.
Die Zauberer und Priester standen diesem Angriff ebenso hilflos gegenüber wie die Geschwaderführer und die jämmerlichen Reste ihrer Luftarmada, die ohnmächtig am Himmel kreiste. Selbst Schutzzauber vermochten wenig gegen die Skrälinge auszurichten. Lange stand Sternenströmer mit den anderen da, umgeben von sterbenden Ikariern und Awaren, und verfolgte, wie der graue Nebel näher und näher an ihn heranwaberte. Und bevor die Zauberer sich noch in irgendeiner Weise wappnen konnten, schlugen die Skräbolde zu.
Die Geister berannten in hellen Scharen die Mauern, hakten sich mit ihren Krallen auch noch in die kleinsten Ritzen im Mauerwerk und arbeiteten sich langsam zu den Zinnen vor. Ihre silbernen Augen glitzerten blutdürstig im matten Schein, den die Fackeln warfen. Axis warf immer wieder einen Blick nach unten und verfolgte mit grimmiger Miene das Heulen und Wispern der Kreaturen auf ihrem Weg nach oben. Seit seiner letzten Begegnung mit diesen Wesen hatten sie noch mehr an Gestalt gewonnen. Fleisch bedeckte nun ihre Schultern und einen Großteil ihrer dürren Arme und Beine. Nur ihr Oberkörper blieb weiterhin neblig und substanzlos. Die langen Reißzähne hingegen wirkten sehr echt und fest, gefährlich real.
Der Stadtbefehlshaber schritt seine Reihen ab. »Bereitmachen!« befahl er mit lauter Stimme. »Sie werden leicht zum Opfer unserer Waffen, meine Freunde. Die Skrälinge vermögen nicht, in großer Zahl über die Mauern zu schwärmen, und wir stechen ihnen in die Augen, bevor sie sich über die Zinnen gezogen haben. Waffen bereithalten!«
Jeder machte sich fertig und nahm seinen Platz an der Mauerbrüstung ein.
»Seid Ihr bereit?« rief Axis laut genug, um das anschwellende Wispern des Feindes zu übertönen.
»Wir hören Eure Stimme und sind bereit,
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