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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Arme.
    Sarah sagte: »Wir waren ein Experiment. Susanna, Goreal und Zidrich wurden - ›verwendet‹. Wir entkamen. Wir wurden befreit. Wir hätten keine Chance gehabt.«
    Tabea fühlte den festen und entschiedenen Rhythmus, mit dem Sarahs Herz in seinem engen Käfig pochte.
    »Wir wussten rein gar nichts«, sagte Sarah, »über … andere Leute, über das System. Wir waren immer zusammen gewesen.« Sie rieb sich die Nase und zog ein Gesicht, ein überraschend hässliches, wie eine Blinde, die keine Möglichkeit hat, ihre Mimik zu kontrollieren. »Ich muss fort von ihm«, erklärte sie.
    »Warum?«
    Sarah rückte von ihr ab und blickte ihr ins Gesicht. »Damit ich ich sein kann! Damit ich …« Sie seufzte lustlos. »Er will dich haben«, sagte sie, die Hand auf Tabeas Brustbein legend.
    Tabea fühlte ihre Glut erlöschen. Ihre Erregung verebbte.

    »Bist du deswegen gekommen?«
    »Er darf dich nicht haben.«
    Tabea schluckte ihren Ärger hinunter. Sie waren Kinder. Sie hätte sich beinahe an einem Kind vergangen.
    »Und da bist du zuerst gekommen«, seufzte sie. »So was kann man doch nicht machen«, sagte sie streng. »So geht man einfach nicht mit anderen um.«
    »Wie meinst du das?« Sarah war perplex.
    »Menschen sind doch keine - keine Waffen.«
    »Nein«, sagte Sarah spontan. »So ist das nicht, Tabea. Ich … ich will dich auch haben.« Ihr Tonfall war wieder flehend. »Ich liebe dich …«
    »Das ist nicht wahr«, rief Tabea. Sie verlor die Geduld. »Du willst ihn kopieren, das ist alles.«
    Sarah sah sie mit Tränen in den Augen an. »Das stimmt nicht. Das könnte ich gar nicht. Du begreifst es nicht. Ich bin er. Was er möchte, möchte ich auch.«
    »Du kannst mich nicht haben, basta«, sagte Tabea schroff. »Niemand kann mich haben. Ich gehöre mir und sonst keinem.«
    Sanft und unerwartet nüchtern sagte Sarah: »Darum liebe ich dich ja.« Sie streichelte mit dem Handrücken über Tabeas Schenkel. »Du bist echt, ich bin keine echten Menschen gewöhnt. Mogul und ich, wir sind nicht echt.« Sie angelte nach ihrer Kleidung und begann sich wieder anzukleiden. »Xtaska ist echt, aber sie ist kein Mensch. Talo auch nicht. Marco ist nicht echt, er besteht nur aus Worten, Worten, Worten. Und Hannah ist tot.«
     
    Später überlegte Tabea, dass Sarah gar nicht so einsam war, wie sie tat. Sie hatte manchmal hören können, wie sie nebenan mit Marco geschäkert hatte.

    Vorausgesetzt, es war wirklich Sarah gewesen und nicht Mogul.
    In dieser Nacht wachte Tabea aus einem Traum mit Käpt’n Devereux auf, jener gescheiterten Pilotin, die auf alle Zeit in ihrer Festung aus schwarzem Gestein um Deimos kreiste. Sie wachte mit der Erinnerung an Devereux’ Geruch auf, an den Geruch nach Moschus und Maschinenöl.
    Nebenan waren Stimmen zu hören.
    Marco und Sarah, dachte sie und musste feststellen, dass sie bereits eifersüchtig war.
    Doch die anderen waren auch nebenan. Das Gemurmel klang entspannt und gesellig. Sie konnte sie alle hören, Talos Trällern, Xtaskas gedämpftes Summen. Spielten sie Karten oder heckten sie eine Meuterei aus? Sie lauschte angestrengt, aber vergebens.
    Leise glitt sie von der Pritsche, zog sich den Morgenrock über und trat in den Gang hinaus.
    Die Nacht war so subjektiv wie alles andere im Hyperraum. Es gibt dort weder Finsternis noch Licht, bis auf die Photonen, die aus dem Normalraum durch die blinde Seite des Spiegels sickern. In diesem düsteren Restlicht näherte sich Tabea dem hinteren Schott und betrat den Frachtraum.
    Seit Plenty war sie zum ersten Mal allein im Frachtraum. Sie sah sich sorgfältig um. Die Hängematte der Zwillinge war leer, ebenso der Kokon des Cherub. In der Ecke stand Talos Reisebox, der Deckel war hochgeklappt. In dem kargen Licht schien das verunstaltete Wandgemälde mit seinen vagen und großzügigen Umrissen, den minutiös ausgeführten Bereichen und ihren obskuren Details die Sinne genauso narren zu wollen, wie das die irreale Kulisse hinter den Bullaugen tat. Hier wie dort gab es die Schleier und Schlieren voller ungeborener Möglichkeiten - gab es die Merkmale und die grellen Farben konkreter und dennoch unbegreiflicher Phänomene.

    Tabea war aber nicht hier, um künstlerische Betrachtungen anzustellen. Sie war hier, weil sie sich für das Gepäck ihrer Passagiere interessierte. Sie trabte leise um die Kisten und Kasten, Koffer und Habseligkeiten herum und nahm sie alle in Augenschein. Sie hielt Ausschau nach dem langen silbergrauen Zylinder, den Mogul

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