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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Gesicht.

    Schwester Margret rollte wild mit den Augen. Ihre schimmernden Lippen entblößten die Zähne.
    »Wo ist sie?«, rief Tabea. Sie schnappte nach der Hüfttasche. Mit weinerlichen Lauten wand sich Schwester Margret hin und her, geschmeidig wie eine Katze, schlug auf Tabeas Arme und versuchte, die Hände wegzuzerren.
    Tabea hatte die Finger an der Lasche, hatte die Tasche geöffnet.
    Hinter ihr traf etwas hart auf den Boden auf, und ein bloßer Unterarm streifte ihr die Ohrmuschel herunter, keilte sich unter ihr Kinn und zog sie hintenüber.
    Tabea würgte, spürte, wie ihr Schwester Margret entglitt. Sie krallte sich in den Arm, traktierte Schwester Veronika mit den Ellenbogen. Sie renkte den Kopf gegen die Umklammerung, riss sich fast ein Ohr dabei ab.
    Hinter Schwester Veronika sah sie Bruder Felix unter den Bäumen hervorwanken. Ohne seinen Efeukranz.
    Schwester Veronika packte Tabeas rechten Arm und wollte ihr den Arm auf den Rücken biegen. Tabea krümmte sich rechtsüber, ließ die Knie einknicken und brachte die schwebende Kuratorin aus dem Gleichgewicht.
    Wieder traf etwas hart auf den Boden auf. Es spritzte. Ein Keck war mitten ins Picknick gefallen und lag in einer Suppe aus Burgunder, Brotkrumen und Glasscherben. Er sprang auf, schüttelte sich und zeterte furchtbar und schwang eine Kette gegen Schwester Veronika.
    Schwester Veronika kreischte jämmerlich, ließ Tabea fahren und bezog schwerfällig Position, um den Keck abzuwehren.
    Der Traktorstrahl, der den Keck abgesetzt hatte, verweilte. Hannah hatte Tabea lokalisiert.
    Tabea wirbelte herum und fahndete nach Schwester Margret.
    Mit kleinen Trippelschritten suchte Schwester Margret das Weite.

    Ein anderer Keck war schon unterwegs, um ihr den Weg abzuschneiden.
    Und Bruder Felix segelte mit rasanter Geschwindigkeit auf Tabea zu, mit hervorquellenden Augen, glasigem Blick, die dicken weißen Finger wie Krallen nach dem einzigen Adepten klaubend, der ihm noch geblieben war. Die dicken Adern an seinen Schläfen traten hervor und wanden und krümmten sich, als hätten sie ein Eigenleben.
    Als Bruder Felix nach Tabea grapschte, tat es ein entsetzliches Geräusch, wie wenn etwas zerreißt.
    Sein Schädel brach auf.
    Der Riss ging quer über die schöne, schimmernde Stirn, und der Schädel ging entzwei wie ein Ei. Der farblose Lebenssaft spritzte in alle Richtungen.
    Bruder Felix hielt inne, torkelte seitwärts in die kampfbereite Schwester Veronika, begann zu rotieren, griff um sich wie ein Ertrinkender. Der Ausdruck auf seinem Gesicht, jener stiere Blick, blieb unverändert. Schleim rann ihm in die Augen.
    Tabea wich zurück, von Furcht geschüttelt, würgend, den Handrücken vor dem Mund.
    Etwas bewegte sich im Innern des Schädels von Bruder Felix.
    Es war etwas Langes und Weiches, etwas fein Gegliedertes und Purpurrotgraues, das da im Nestschleim glitzerte. Das Nest war ein zerrissenes, geschwärztes Filigranwerk, alles, was vom Hirn des Bruders Felix übrig war.
    Das Ding, das sein Hirn während so vieler Jahre beschwatzt hatte, erhob sich jetzt und fing an laut und schrill zu schreien.
    Es war eine riesige Raupe. Sie war einen halben Meter lang.
    Das war der erste Capellaner, den Tabea je zu Gesicht bekam.
    Sie warf sich herum, reiherte Galle und Burgunder ins düstere Gras.

    Knapp zwei Meter entfernt wartete wie aus blankem Glas der Traktorstrahl. Hannah war offenbar nicht willens oder nicht in der Lage, sie aus dieser unübersichtlichen Situation herauszufischen.
    Überall standen, saßen oder knieten noch Kuratoren herum, die dem ungleichen Kampf mit den Kecks entsagten, derweil ihre gedunsenen Schädel wie reife Eier zerbarsten. Und mitten aus dem stinkenden Brei zerfallender Hirne erhoben sich die Capellaner, die stumpfen Köpfe hierhin und dorthin schnellend, spürend und witternd und immerzu schreiend, grell und schrill.
    Keuchend und spuckend stürzte sie sich auf die nächstbeste Waffe. Ihre Hand schloss sich um eine zweizinkige Gurkengabel. Als sie sie aufnahm, schlug der Keck gerade Schwester Veronika die Faust in den Rücken, sodass diese mit hohlem Rücken vornüberging und mit gespreizten Händen in das zermanschte Picknick kippte.
    Schwester Veronikas Stirn barst, unter ihrem Weinlaubkranz quollen klebrige Säfte hervor, die Schädeldecke wurde von innen her abgesplissen und fiel ab und kullerte unter das irdene Geschirr.
    Ein Capellaner schnellte unter einem Regen von Schleim aus Schwester Veronikas Kopf und landete zappelnd

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