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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sahen ihren Traum Gestalt annehmen. Sie hatten Kader »entführter« Touristen rekrutiert und Waffengeschäfte geplündert. Mit orangeroten Seilen aneinandergeknüpft erklommen sie die Balkone des Hotelviertels und lieferten sich Scharmützel mit den schrantischen Miezen in den Yoschiwara-Separées. In den Kasinos schossen Besoffene aufeinander. Leute starben. Niemand konnte etwas ausrichten. Hannah Su konnte sich glücklich schätzen, das ganze Tollhaus in einem Stück nach Charon gebracht zu haben. Immerhin hatte sie diesen und keinen anderen Antrieb gezündet, und das, nachdem sie jahrelang nur Staub angesetzt hatte. Es war kein leichtes Spiel gewesen, mit all den Funktionen zu jonglieren, die einen solchen Raumzeitsprung ermöglichen: n-dimensionale Matrizen transponieren, Wahrscheinlichkeiten limitieren und die Redundanzen vielwertiger Paradigmen berechnen, und das alles in jenem verwunschenen und dornigen Zweig der Mathematik, den die Frasqui »Sprache« nennen.
    Es war zu schaffen. Es war zu schaffen, vorausgesetzt man hatte eine Unmenge Raum und Zeit zur Verfügung.

    Mit Notfunkfeuern auf allen Wellenlängen und nichts als Datenmüll aus der Verkehrsüberwachung brachte Tabea die Eladeldi-Fähre durch das schillernde Portal von Plenty. Die Parkbuchten sahen aus, als hätten sie Besuch von einem Hurrikan gehabt, der erst die Maschinen zerschmissen und dann die Trümmer und alles andere zusammengefegt hatte, um es durch die Fenster der Schiffe zu schleudern, bevor er die Schiffe selbst durch die Gegend geschleudert hatte. Eine Etage sah besonders verlassen aus, als habe eine Titanenhand alles Leben und sämtliche Raumfahrzeuge hinweggefegt. Tabea warf sich hinein und brachte die Fähre mit qualmenden Reifen zum Stehen.
    Der Lift war außer Funktion. Tabea rannte zur Treppe.
    »Hannah?« rief sie immer wieder. »Hannah?«
    Die akustische Berieselung schwatzte, weinte, pfiff, kreischte.
    Auf den unteren Ebenen stand parfümierter Schaum in den Korridoren, überall lag Mobiliar herum. Ausgeflippte Besucher plünderten die Geschäfte, füllten ihre Reisetaschen mit Aftershave, Cyberpornos und Zahnpastaspendern. Wachdrohnen, die Zentralprozessoren voller Schaum, sprangen stumpfsinnig von einer Straßenseite auf die andere und prallten immerzu dumpf gegen die Wände. Zwei Männer und eine Frau empfingen Tabea mit gellenden Schreien. Lachend umringten sie sie, mit ausgebreiteten Armen. Tabea trat einem der Kerle in den Unterleib und gab Fersengeld, sie rang schluchzend nach Luft.
    Es musste ein brutaler Sprung gewesen sein. Wo sie auch hinsah, überall Niederschlag. Die ganze Flora an Bord war durch den Sprung gewuchert. Wilde Rosen rankten sich um die Brückenlifte, und Schwamm spross aus den Spurfugen der rollenden Gehsteige. In Wänden und Boden hatten sich Spalten aufgetan und Autos und Leute eingeklemmt.

    Andere Veränderungen stellten sich, wie ich später herausfand, geradezu als freundliche Fügung heraus. Die Videos zeigen den einzigen an Bord residierenden Manager, eine Frau, wie sie sich in einem Konferenzraum verbarrikadiert, von dem man hernach keine Spur mehr fand.
    Tabea hatte keine Ahnung, wo sie war. Sie stand in einer Liftbucht und hatte keinen Schimmer, ob sie nun aufwärts, abwärts oder seitwärts fahren sollte. »Was jetzt, Hannah?«, rief sie und hämmerte mit den Fäusten gegen die Rillen der Liftauskunft, die lauter wirres Zeug redete.
    Sie wollte schon eine x-beliebige Richtung wählen, als sie bemerkte, dass die Richtungsanzeigen leuchteten. Eine Kette grün leuchtender Dreiecke glitt regelmäßig von Tür zu Tür. Während sie zusah, kam sie zu der Überzeugung, dass die Lichter ihr den Weg wiesen. In dem Moment, wo sie sich zum rechten Lift bewegte, sprang die Tür auf, und das Kabinenlicht flammte auf.
    Tabea stieg hastig ein. Ehe sie noch einen Blick auf die Kontrolltafel werfen konnte, glitt die Tür ins Schloss, und die Kabine setzte sich in Bewegung, tauchte in das Tunnelsystem ein. Schweigend glitten die Haltestellen vorbei, finster oder flackernd vom Feuerschein, die Fenster voller Gesichter und Hände, die Einlass begehrten. Hannah überfuhr ihre Rufsignale, Tabea bekam Priorität.
    Der Lift hielt in der Luft an, unter einem langgezogenen Schienenbogen über einem Pflaster aus hexagonalen Steinen. Tabea schlüpfte aus der Tür und sprang hinunter.
    Sie befand sich auf einem Parkplatz. Rechter Hand parkten kreuz und quer drei Polizeigleiter, die Sirenen jaulten, die Warnlichter

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