Sternenfaust - 009 - Verschollen in der Hohlwelt
weshalb dort auch seit eh und je nur rein militärisch besetzte Flottenverbände etwas verloren hatten. Luftschiffe mit Zivilisten an Bord kamen noch nicht einmal in die Nähe gefährdeter oder gar umkämpfter Gebiete.
Es war klar, dieser Vorfall würde eine eingehende Untersuchung nach sich ziehen.
Tatsächlich eilte Mrandil in diesem Augenblick durch einen nur der Besatzung vorbehaltenen Schacht quer durch das Schiff. In ihrer Hand hielt sie eine ebenso knappe wie präzise Meldung, die sie abzusetzen hatte, um das kaiserliche Oberkommando über den fehlgeschlagenen Angriff zu informieren. Rings um sie herum befand sich das leichte Gestänge, an dem die Innenwände der verschiedenen Gasbehälter befestigt waren. Sie hastete auf dünnen Leichtmetallplanken vom vorderen Ende des Schiffes nach ganz hinten.
Der schmale Gang endete abrupt, weit oberhalb des Maschinenraums, in den sie von hier hinuntersehen konnte. Die Kessel und die Dampfturbinen, die mit mächtigen Kolbenschlägen das Getriebe für die Propeller in Bewegung setzten, waren in ausreichendem Sicherheitsabstand verankert, sodass nur eine Explosion der Kessel den allgegenwärtigen Gashüllen gefährlich werden konnten. Geheizt wurde ebenfalls mit Gas, das sich in flüssiger Form in Druckbehältern an Bord befand.
Mrandil konnte, während sie weiter zum Heck rannte, deutlich die Metallleitungen sehen, mit denen es in die Feueranlagen geleitet wurde. Es war zwar nicht vorgesehen, aber im Notfall konnten diese Gasreserven ebenfalls in die Ballonhüllen des Luftschiffs umgeleitet werden.
Rings um den Maschinenraum setzte sich der Laufsteg am Rand der Hüllenwand fort und mündete schließlich wieder in einen schmalen Gang.
Ab und zu musste Mrandil über Öffnungen springen, in denen Metallsprossen nach unten führten. Ihr Weg führte jedoch nach oben. Direkt über der großen Gitterbox, in der einige hundert Sturmgleiter Platz fanden, lag die Meldekanzel. Eine aus dem Heck des Luftschiffs herausragende Kommunikationsabteilung, die immer einsatzbereit war, um Vögel mit Meldungen abzusetzen und eingehende entgegenzunehmen.
Von allen Tieren waren die Sturmgleiter die schnellsten und zuverlässigsten. Kaum ein Vogel ging selbst auf langen Wegen einmal verloren, sodass Privatpost, die vom Luftschiff abgeschickt wurde, in der Regel nur einfach versandt wurde. Militärische Orders wurden jedoch immer zwei verschiedenen Tieren anvertraut, damit man ganz sicher sein konnte, dass die Information für den seltenen Fall, dass einer der Vögel verunglückte, mindestens einmal den Empfänger erreichte. Die Meldung, die Mrandil durch den für die Pflege und den Einsatz der Sturmgleiter zuständigen Offizier auf den Weg bringen ließ, wurde in höchster Prioritätsstufe und in dreifacher Ausfertigung abgesetzt.
Woher kam der Angreifer? überlegte Sungur zur gleichen Zeit, als er sich auf dem Rückweg wieder die Wanten hinunterhangelte.
Draußen an der Außenhaut des Schiffes blies in dieser Höhe der Wind sehr stark und verfing sich mit unangenehmer Schärfe im ganzen Fell, egal ob es offen lag oder von Uniformteilen nur unzureichend geschützt war. Sungur spürte, wie sich die Unterhaut seines Fells überall dort zusammenzog, wo ihn der Wind am härtesten erwischte. An der Seite seines Körpers, die er ihm zwangsläufig zuwenden musste, um wieder zurückklettern zu können zu jenem schmalen Laufsteg, der rings um das Schiff herumführte.
Ein paar Pinselstriche Lack , dachte Sungur, und der Schaden ist wieder behoben. Doch woher kam der Kerl? Er muss mit seinem Gleiter von einer Berghöhe aus gestartet sein und hat dann die Thermik genutzt, um bis in unsere Höhe zu kommen. Nein, er muss noch höher geflogen sein als wir, sonst hätte er nicht mit einem Sturzflug so viel Geschwindigkeit aufnehmen können. Hat er das wirklich allein durchgezogen oder hatte er Helfer? Vielleicht sogar Helfer hier in Mittelland …
Die letzte Überlegung kam Sungur so abwegig vor, dass er sie für völlig absurd hielt, aber etwas an diesem Gedanken erschreckte ihn.
Er erreichte den Laufsteg und wollte sich gerade bücken, um zu dem schmalen niedrigen Durchgang hinabzuklettern, der ihn wieder ins Schiffsinnere führen würde, als er in seiner Bewegung stockte.
»Bei Rarals Auge!«, keuchte er. Direkt unter ihm in den Fangleinen unterhalb des Schiffes hing etwas und baumelte im Wind hin und her.
Zuerst erkannte er nicht, was es war. Da der Gegenstand mit jeder Bewegung von Schiff,
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