Sternenfaust - 024 - Die letzte Schlacht der Kridan
niemals derart offene Worte gegen die Regierung gesprochen.
»Die Produktion der lebensnotwendigen Artikel ist bereits betroffen«, fuhr der Bolpor-Chef jetzt fort. »Außerdem haben sich die meisten Sharaan aus dem Reich zurückgezogen. Das sorgt für zusätzliche Probleme mit der Versorgung.«
»Ich habe immer davor gewarnt, zu viel auf die Sharaan zu vertrauen«, warf Ligur-Tan ein, dessen Abteilung auf dieses Händlervolk spezialisiert war. »Wir sind von ihnen dermaßen abhängig geworden, dass ohne sie fast unsere gesamte Wirtschaft zusammenbricht. Dazu haben sich noch etliche Sharaan dem Prediger angeschlossen und unterstützen ihn. Immerhin haben sie ihm damals auf einer ihrer Welten Asyl gewährt.«
Tresan-Kon machte eine zustimmende Geste. »Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Das kridanische Imperium steht am Abgrund, und nur ein Wunder könnte uns noch retten. Selbst wenn die Offensive gegen die Solaren Welten siegreich verlaufen sollte, würde die Flotte, sobald sie zurückkehrt, eine gestürzte Regierung vorfinden. Das bedeutet, wir müssen uns auf die kommenden Veränderungen einstellen.«
»Und was genau wollen Sie damit sagen?«, fragte Ligur-Tari.
Tresan-Kon fixierte ihn mit einem stechenden Blick, der schon kaltblütigere Kridan zum Schweigen gebracht hatte. »Ich will damit sagen, dass wir uns auf die elementare Aufgabe des Bolpor besinnen müssen. Wir sind mit unserem Informationsnetz und unserem Stab von Agenten der Garant für die innere Sicherheit und Stabilität des gesamten Reiches.«
Ligur-Tan gab ein verächtliches Krächzen von sich. »Wie es aussieht, haben wir gerade darin in letzter Zeit vollkommen versagt. Oder sehen Sie das anders, Tresan-Kon?«
»Nein, das sehe ich genauso, so ungern ich das auch zugebe. Immerhin haben wir alle unser Möglichstes getan, um die Katastrophe abzuwenden, die jetzt unaufhaltsam auf uns zukommt. Seien wir ehrlich, meine Herren. Hat irgendeiner von uns damit rechnen können, dass wir, ein Volk von Gottes Kriegern, für das der Kampf für den wahren Glauben immer der Lebensinhalt gewesen ist, eines Tages so schwach werden könnten, dass wir uns von der Verfechtung der heiligen Sache abwenden? Dass es innerhalb der Bevölkerung eine so starke Sehnsucht nach Frieden gibt, dass ein einziger Ketzer mit seinen Ideen ausreicht, um die Regierung zu stürzen und das gesamte Reich in Chaos versinken zu lassen?«
»Sie sagen ›wir‹, Tresan-Kon«, meldete sich Rinu-Bak, der Älteste unter ihnen, zu Wort. »Heißt das, auch Sie sind in Ihrem Glauben so schwach geworden, dass Sie sich nach Frieden sehnen und dafür die heilige Sache vernachlässigen?«
»Wie Sie sehr wohl wissen, Rinu-Bak, sind wir vom Bolpor nicht dafür da, den heiligen Krieg zu führen. Das war noch nie unsere Aufgabe, sondern ausschließlich die der Tanjaj. Wie ich bereits sagte, ist unsere primäre Obliegenheit die innere Sicherheit und Stabilität des Reiches, und zwar unabhängig davon, wer das Reich regiert. Was aber nichts daran ändert, dass wir ein Teil des Volkes sind und uns bis zu einem gewissen Grad nicht unabhängig vom Schicksal aller anderen Kridan machen können. Unsere persönlichen Abneigungen, Vorlieben und Ansichten haben hinter unserer Pflicht zurückzustehen.«
Kel-kek stellte amüsiert fest, wie geschickt Tresan-Kon es vermieden hatte, dem Alten eine klare Antwort zu geben.
»Was also schlagen Sie vor?«, hakte Rinu-Bak nach und schien sich mit der erhaltenen Antwort zufrieden zu geben.
»Dass wir uns darauf einstellen, die künftige Regierung zu unterstützen und dafür sorgen, dass der Wechsel so glatt wie nur möglich vor sich geht.«
Rinu-Bak sprang von seinem Sitz auf. »Das ist Hochverrat!«
»Das«, widersprach Tresan-Kon kalt, »ist unsere Pflicht.«
»Sie wollen den rechtmäßigen jungen Raisa stürzen!«, beschuldigte ihn der Alte.
»Der junge Raisa ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts anderes als eine Marionette der Priesterschaft«, hielt der Bolpor-Chef dem entgegen. »Wäre er erwachsen und könnte seine Autorität wahrnehmen, sähe die Sache anders aus. Aber seien wir doch ehrlich. Der Verkünder hat einen zweiten Raisa in der Hinterkralle, von dem die Mehrheit der Rebellen der Überzeugung ist, dass er der Echte ist. Was glauben Sie, werden sie mit dem ersten jungen Raisa tun, wenn sie an die Macht kommen?«
Niemand antwortete auf diese rhetorische Frage. Unter anderem deshalb, weil das, was Tresan-Kon damit implizierte, für jeden
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