Sternenfaust - 024 - Die letzte Schlacht der Kridan
heilig!«
»Und ob sie das wagen!«, widersprach Mertal-ku. »Das tun sie schon seit Generationen! Oder was glaubt ihr, weshalb die Priesterschaft und die Tanjaj uns immer wieder in den Krieg geschickt haben?«
»Das würde ja bedeuten, dass …«, begann ein anderer und wurde von Satren-Nor unterbrochen.
»Das ist hier gar nicht das Problem! Welcher Raisa der Echte ist, wird sich zeigen, sobald die beiden Kandidaten ein Alter erreicht haben, in dem sie fähig sind, selbstständig zu denken und zu handeln. Aber bis dahin vergehen noch ein paar Jahre. So lange können wir nicht warten. Der Mar-Tanjaj hat nicht nur einen Teil der Truppen von den Fronten zurückgerufen, um uns niederzuwerfen – uns, das eigene Volk! Er hat auch, wie mir aus zuverlässiger Quelle berichtet wurde, Agenten in die einzelnen Zellen eingeschleust, die eben diesen Zwist zwischen uns schüren sollen. Wir sollen uns im Streit um den echten Raisa verzetteln und uns gegenseitig an die Kehlen gehen. Dadurch schwächen wir uns so sehr, dass er und seine Truppen uns der Reihe nach erledigen können – soweit wir das nicht schon selbst erledigen. Wir haben nur eine Chance, wenn wir uns einig sind.«
Dem folgte für eine Weile betroffenes Schweigen und unsicheres Schnabelklappern. Selbst Mertal-ku hielt sich zurück.
Schließlich ergriff einer der Führer, dessen Namen Satren-Nor nicht kannte, das Wort. »Was schlägst du vor zu tun, Prediger?«
»Dass wir die Entscheidung darüber, welcher der echte Raisa ist, vertagen. Wie ich schon sagte, wird sich die Wahrheit darüber von selbst offenbaren, sobald beide Kandidaten alt genug sind.«
Und Satren-Nor hegte keinerlei Zweifel daran, dass Mertal-ku, in dessen Obhut sich der zweite Kandidat befand, diesen in seinem Sinne erziehen würde, sodass nur er nach der Überzeugung der Friedensbewegung der echte Raisa sein konnte. Doch auch dieses Problem war im Moment zweitrangig.
»Wir müssen uns unabhängig von der Klärung dieser Frage unter einer Führung wieder vereinen und gemeinsam einen Weg finden, unserem Volk die Augen für die Wahrheit zu öffnen«, forderte Der Prediger.
»Du meinst, wir sollen uns unter deiner Führung vereinen«, spottete Mertal-ku.
Natürlich! , dachte Satren-Nor vehement. Schließlich habe ich die Bewegung ins Leben gerufen. Ich habe sie aufgebaut. Ich habe sie geleitet und mein Leben mehr als einmal dafür eingesetzt. Du hast dir nur meine Abwesenheit im Exil zunutze gemacht und auf den Früchten meiner Arbeit aufgebaut!
Laut sagte er, bevor der beginnende Protest ihn übertönen konnte: »Das werden wir in einer Abstimmung entscheiden. Wir sind genug von der Willkür der Obrigkeit beherrscht worden. Damit muss Schluss sein. Und deshalb wird hier niemand allein darüber bestimmen, wer als oberste Autorität die Bewegung führt. Auch ich werde mich der Entscheidung der Mehrheit beugen.«
Mertal-ku merkte, dass Satren-Nor in diesem Punkt die Zustimmung aller Anwesenden hatte und verfolgte seinen oppositionellen Kurs klugerweise nicht weiter.
»Gut«, lenkte er ein. »Das ist vernünftig. Auch ich werde mich dem Ergebnis der Abstimmung beugen.«
»Wer will Satren-Nor als unser aller Anführer?«, fragte Kuran-Tal und sprang auf.
Spontan bis zögerlich schloss sich ihm die Mehrheit an. Zur Überraschung des Predigers tat das sogar Mertal-ku.
»Ich danke euch für diesen Beweis eures Vertrauens, liebe Freunde und Mitstreiter«, sagte Satren-Nor schließlich bewegt. »Und nun lasst uns beraten, wie wir am besten vorgehen, um diejenigen unseres Volkes zu überzeugen, die noch zögern.«
»Indem wir sie mit der Wahrheit konfrontieren«, antwortete Kuran-Tal spontan. »Zeigen wir ihnen, was wirklich in den Schriften steht und was die heiligen Worte wirklich bedeuten.«
Der Vorschlag entfachte eine kurze Diskussion, die erstaunlich schnell beendet war. Kuran-Tals Vorschlag wurde angenommen und in groben Zügen ein Plan zu seiner Verwirklichung ausgearbeitet. Alles Weitere würde per anonymen Botschaften und durch Mittelsleute untereinander geklärt werden. Anschließend wurde die Versammlung wieder aufgelöst. Jeder der Anwesenden verließ das unterirdische Versteck auf demselben Wege, wie er gekommen war, und keiner nahm denselben wie einer der anderen.
Lediglich Mertal-ku blieb zurück und trat zu dem Prediger. »Ich hoffe, du glaubst nicht, ich wollte dir deine Stellung streitig machen«, sagte er. »Mein Bestreben gilt genau wie deins nur dem Wohlergehen unseres
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