Sternenfaust - 028 - Die Geister von Arkison
selbst nach heutigen Standards nahezu ausgeschlossen wäre, dass jemand die Tilgung überlebte. Und doch hatte damals offensichtlich nicht nur einer oder eine Handvoll überlebt. Nein, alles deutete darauf hin, dass es sich um eine große Gruppe handelte, die mindestens mehrere hundert Individuen umfasste, vielleicht sogar mehr.
Und solange die lebten, gab es auch die Schande …
Zum Glück wussten die meisten Arkisonen gar nicht, dass sie überhaupt existierte. Den Kindern wurde schon seit Generationen beigebracht, dass die Schande von den Göttern selbst ausgelöscht worden war in einer unvorstellbaren Katastrophe, die sie in den tiefsten Abgrund gestoßen hatte. Die Katastrophe hatte es tatsächlich gegeben. Aber nur die Verwalter der Distrikte und die Sicherheitschefs kannten die Wahrheit.
Doch jetzt drohte diese Wahrheit entdeckt zu werden, nicht nur von den eigenen Leuten, sondern auch von den Fremden. Und Lorona wusste nicht, was sich als schlimmer erweisen mochte. Die Arkisonen waren aufrechte Leute, friedliebend, gerecht und sozial. Wenn das Volk erfuhr, dass nicht die Götter, sondern Arkisonen damals anderen ihrer eigenen Art Unaussprechliches angetan hatten, würde die Empörung darüber in der Bevölkerung hohe Wellen schlagen. Und noch mehr die Empörung darüber, dass die Verantwortlichen der Regierung das gesamte Volk aufs Gröbste hintergangen und belogen hatten. Und das konnte ungeahnte Konsequenzen haben.
Bei näherer Betrachtung waren die Fremden das kleinere Übel. Das Schlimmste, was von ihnen drohte, war, dass sie von der Schande erfuhren und jeglichen Kontakt zu Arkison abbrachen. Allerdings waren jetzt einige ihrer Leute verschwunden. Wenn es nicht gelang, sie zu finden und unversehrt zurückzubringen, mochte auch das ungeahnte Konsequenzen haben.
Lorona stand von ihrem Tisch auf, trat ans Fenster und sah hinaus auf die Parklandschaft davor. Hier stand sehr viel auf dem Spiel. Besonders da die jüngsten Berichte besagten, dass immer häufiger und immer mehr Lebensmittel und andere Gebrauchsgüter aus den Lagern verschwanden, wenn auch nicht spurlos. Für jedes fehlende Teil hatten diejenigen, die es genommen hatten, ein Schmuckstück aus Kelon -Steinen zurückgelassen, dessen Wert den der betreffenden Güter oft sogar weit überstieg. Somit konnte man nicht behaupten, sie hätten gestohlen.
Lorona hatte eins dieser Schmückstücke zusammen mit dem letzten Bericht bekommen. Sie nahm es in die Hand und betrachtete es von allen Seiten. Es war eine Halskette aus kleinen, gleich großen Kelon-Perlen mit einem runden Anhänger, in den Symbole geschnitten waren, die zweifellos die Sonne von Arkison mit den drei Monden und der Sternenkonstellation darstellten, wie sie vor über tausend Jahren gewesen war. Es war eine meisterhafte Arbeit.
Aber sie barg eine Gefahr in sich. Die für die Lagerhäuser Verantwortlichen begannen bereits, sich Gedanken zu machen, woher diese Schmuckstücke kamen und wohin ihre Waren verschwanden. Und sie stellten Fragen, die langsam unbequem wurden. Dem musste ein Ende bereitet werden und das möglichst schnell.
Kritapa Skey war nicht willens, etwas zu unternehmen. Also musste Lorona handeln. Als Erstes musste sie herausfinden, wo sich die Stelle oder die Stellen befanden, von wo die Schande kam. Das dürfte nicht allzu schwierig sein. Sie musste nur ein Diagramm erstellen, in dem alle Orte eingezeichnet waren, von denen etwas verschwunden war. Diese Stellen mussten in einem berechenbaren Umfeld zu dem gesuchten Ort liegen.
Danach würde sie die Sicherheitskräfte ausschicken, um die betreffenden Gebiete abzusuchen. Sobald die fündig geworden waren, kam der schwierigste Teil des Ganzen: unbemerkt in das Lager der Schande einzudringen und zu tun, was getan werden musste – ohne dass Skey oder jemand anderes es bemerkte …
*
Stephan van Deyk saß im Aufenthaltsraum und nippte an seinem Kaffee, während er ein paar Personalakten studierte. Solange sich die STERNENFAUST im Bergstrom-Raum befand, gab es außer Routine nicht viel zu tun, und so hatten die meisten Besatzungsmitglieder viel Zeit. Deshalb begrüßten einige die Abwechslung, ein Gespräch mit dem neuen Ersten Offizier führen zu können. Andere wiederum fühlten sich allein durch die Einladung dazu verunsichert. Doch das war eine ganz normale Reaktion, wenn jemand überraschend und ohne besonderen Grund zu einem Führungsoffizier zitiert wurde.
Van Deyk lehnte sich zurück und ließ seine
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