Sternenfaust - 041 - Das Kristallschiff
Augenhöhle. Jetzt erhellte nur noch ein vielfach gespiegeltes Glitzern in ihrem Rücken den vor ihnen liegenden Gang. Weitere Abbiegungen folgten. Die nächste führte sie fast senkrecht nach oben, dann folgte eine weitere nach halbrechts, bis schließlich der Weg in einem 45 Grad Winkel wieder nach unten führte. Hatte sich die Höhle anfangs bis auf einen Durchmesser von knapp zehn Metern verengt, so änderte sich im Verlauf der weiteren Strecke die Höhe des Ganges nicht mehr.
Inzwischen hatten auch die beiden Archäologen ihre Lampen eingeschaltet. Kkiku’hs Kamerascheinwerfer leuchtete schon länger.
»Wir hatten es ja längst vermutet«, sagte Kd’ra, »die Höhle folgt zwar einem verzwickten Plan und führt nicht einfach auf geradem Weg in den Berg, aber es ist eindeutig, dass sie künstlich angelegt wurde …«
»Warum?«, fragte Kkiku’h und richtete die Kamera auf die Archäologin.
»Schon die beiden exakt parallel liegenden Augenhöhlen lassen das vermuten. Der ebenso einfache Beweis ist aber dieser Gang.« Die Mantidin bewegte ihre Feinarme unbestimmt in verschiedene Richtungen.
»Es gibt kein natürlich entstandenes Höhlensystem«, ergänzte Tbq’ri, »mit einem Gang, der mehr als einen Kilometer immer den gleichen Durchmesser hat.« Kkiku’h schwenkte die Kamera rasch zu dem jungen Archäologen. Der Strahl seines Scheinwerfers ließ weiter im Hintergrund etwas aufblitzen.
Unwillkürlich hielt Kkiku’h mitten in seiner Bewegung inne. Da entdeckten es auch seine Begleiter …
*
Captain Dana Frost stand auf der leise schwankenden Plasmafeld-Scheibe. Um sie herum herrschte absolute Dunkelheit. Die leichte Bewegung wurde von ihr selbst verursacht. Sie wusste, dass sie sich im Notfall nur schwer von der Scheibe würde lösen können. Die Programmierung der Haltevorrichtungen war ausschließlich auf die Sicherheit der Fahrgäste abgestimmt. Ein nicht vorgesehenes Absteigen von der Plattform war sicherlich nur in Notfällen möglich, etwa wenn ein Feuer ausbrach. Ansonsten bestand die Aufgabe der Scheibe darin, die Passagiere gerade dann mit sanfter Gewalt an ihrem Platz zu halten, wenn die »Reise in die Abgründe des Schreckens« sie zu unwillkürlichen Fluchtreaktionen provozierte.
Der Aufenthalt im Schwarz der Gruft dauerte objektiv gesehen wahrscheinlich nur ein paar Sekunden, subjektiv dehnte er sich zu einer Unendlichkeit. Sie hörte lediglich ihren eigenen Atem und ein seltsames Rauschen, das sie als Pulsieren ihres Blutes erkannte, das durch die Gefäße ihrer Innenohre strömte.
Sie wusste, dass sie nur auf die Leuchtanzeige ihrer Armbanduhr zu schauen brauchte, die sie unter dem Jackenärmel ihrer Uniform spürte. Die Ungeduld und Anspannung trieben sie regelrecht dazu, ihrer Neugierde nachzugeben, zu schauen, wie lange sie nun tatsächlich hier unten in der Dunkelheit fest hing. Und vor allem wenigstens die winzigen Ziffern zu sehen, wenn sie ansonsten schon nichts wahrnahm, außer den verhaltenen, von ihr selbst erzeugten Geräuschen.
In diesem Moment glaubte sie, daneben noch etwas anderes zu hören. Ebenso leise wie sie selbst, aber ganz in der Nähe. Eine Einbildung, erzeugt durch ein angespanntes, überreiztes Gedächtnis? Auf einmal verfluchte sie die ebenso sanfte wie unnachgiebige Umklammerung durch die Halterung der Scheibe. Ein plötzlicher Luftzug. Dana riss die Arme hoch, ihre Muskeln zu stahlharten Bündeln erstarrt. Etwas knallte mit voller Wucht gegen sie, zerbrach und fiel polternd zu Boden.
Sie stöhnte vor Schmerz auf, fuhr so weit es ihr möglich war herum und griff ins Leere. Gleichzeitig gellte das schrille Jaulen einer Alarmsirene auf und schlagartig erstrahlte ihr bis jetzt völlig düsterer Aufenthaltsort in grellem Licht. Das rhythmische, rote Aufblitzen einer Signallampe erhellte die Umgebung mit hektischem Geflacker. Dana blieb nicht der Bruchteil einer Sekunde Zeit, um die Räumlichkeit näher in Augenschein zu nehmen. Fast automatisch, auf jeden Fall ohne nachzudenken, wehrte sie die nächste Attacke ab. Eine unterarmdicke Rundholzstange mit hässlichen Splittern an der Spitze stieß mit voller Wucht gegen ihr Gesicht. Sie duckte sich weg und spürte, wie das etwa einen Meter lange Holzstück ihre Frisur mit einem unerwünschten Scheitel versah. Aus den Augenwinkeln sah sie das andere, im Dunkeln abgebrochene Teil. Es war genauso lang und mit einer Metallspitze versehen. Offensichtlich eine Lanze, irgendeinem der künstlichen Monster
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